MFA+ FilmDistribution
Die Königin und der Leibarzt

Die Königin und der Leibarzt

Originaltitel
Dronningen og livlægen
Alternativ
A Royal Affair; Dronningen og Livlaegen; En Kongelig Affære
Regie
Nicolai Arcel
Darsteller
Klaus Tange, John Martinus, Karin Rørbeck, Kenneth M. Christensen, Erika Guntherova, Laura Bro
Kinostart:
Deutschland, am 19.04.2012 bei MFA+ Film Distribution
Kinostart:
Österreich, am 04.05.2012 bei Filmladen
Kinostart:
Schweiz, am 31.05.2012 bei Ascot Elite Entertainment Group
Genre
Historienfilm, Romanze
Land
Dänemark
Jahr
2012
FSK
ab 12 Jahren
Länge
133 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
5,0 (Filmreporter)
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Historien-Verfilmung wird Stoff nicht gerecht
1766 wird Caroline Mathilde (Alicia Vikander) mit dem dänischen König Christian VII. (Mikkel Følsgaard) verheiratet. Sie ist die Tochter von Friedrich Ludwig von Hannover, Schwester des späteren englischen Königs George III. und hat ihren Gatten noch nie gesehen. Sie reist nach Dänemark, um ihren Platz am Hof einzunehmen. Christian entpuppt sich als promiskuitiver Saufbold, der an Schizophrenie leidet. Die Staatsgeschäfte erledigt ein Rat, Christian setzt lediglich seine Unterschrift unter dessen Beschlüsse. Caroline gebiert einen Erben, doch die Ehe die Hölle.

Als Christian eine Reise durch Europa unternimmt, muss er aufgrund gesundheitlicher Probleme in Deutschland Halt machen. Händeringend sucht der Hofstaat nach einem Leibarzt. In einem kleinen Spital in der dänischen Exklave Altona wird der Johann Friedrich Struensee (Mads Mikkelsen) ausfindig gemacht und an den Hof berufen. Seinen zunehmenden Einfluss auf den schwachen König nutzt er, um aufklärerische Ideen durchzusetzen. Zugleich entwickelt er eine gefährliche Faszination auf die Königin Caroline Mathilde. Ihre Affäre droht Struensees politische Ambitionen zunichte zu machen.
Der Stoff von "Die Königin und der Leibarzt" lebt von der Verflechtung zweier zentraler Rivalitäten. Einerseits opponiert George VII. unter dem Einfluss von Struensee zunehmend gegen den mächtigen Rat, der an den überkommenen Privilegien des Adelstandes festhalten will. Andererseits setzt Struensee zunehmend seine Sicherheit aufs Spiel, indem er eine Affäre mit der Königin beginnt. Die beiden Plots sind zwar eng verbunden, Liebes- und Intrigengeschichte sind aber einer ganz anderen erzählerischen Dynamik unterworfen. Regisseur Nicolai Arcel will zu viel. Beim Versuch beiden Geschichten gerecht zu werden, verliert er deren stimmige Verknüpfung aus den Augen. So kann letztlich keiner der Handlungsstränge wirklich überzeugen. Immer wenn sich intensivere Momente anbahnen, springt die Aufmerksamkeit wieder zum anderen Plot. So kommt nie wirklich Spannung auf.

An den drei Hauptdarstellern liegt dies indes nicht. Mads Mikkelsen und Alicia Vikander spielen streckenweise erfolgreich gegen die Schwächen im Erzählfluss an. Mikkelsen vermag es, die komplexe Figur Struensee mit wohldosierter Mimik für den Zuschauer zugänglich zu machen. Schwächen in den Dialogen gleicht er mit nonverbalen Signalen soweit aus, dass die Figur glaubwürdig bleibt. Doch auch er vermag nicht, den Zuschauer zum Mitfiebern zu bringen. Mikkel Følsgaard ist hingegen eine echte Entdeckung. Er spielt König George VII. mit all seinen Widersprüchen und Charakterfehlern, ohne ihn ins Lächerliche zu ziehen. Der will nicht regieren, er will trinken und herumhuren. Während einer Theateraufführung springt der impulsive Herrscher auf, um den Text der Schauspieler vorwegzunehmen. Das ist witzig und peinlich zugleich. Dennoch lacht man nicht wirklich über die Figur, sondern wird sich schmerzlich bewusst, was für ein armes Würstchen der Monarch wider Willen ist.

Bedauerlich ist eine Entscheidung in der inszenatorischen Gewichtung. Während die Szenen im Palast durch ihre üppige Ausstattung echtes Historienfilmflair aufkommen lassen, sind die Auftritte des gemeinen Volkes eher spärlich ausgestattet. Angesichts von Struensees Engagement für die Rechte des Volkes fällt dies störend auf. Denn eben dieses Volk, für das der Arzt kämpft, bleibt dem Zuschauer unbekannt. Der optisch opulente Königshof schwebt im luftleeren Raum. Dies mag die Lebenswelt der privilegierten Hofschranzen authentisch illustrieren. Den aufklärerisch motivierten Figuren jedoch fehlt diese Dimension, um in ihrem Wollen und Wirken vom Zuschauer ernst genommen zu werden.

"Die Königin und der Leibarzt" ist kein durch und durch missratener Film - nur eben gutes Historien-Mittelmaß, das man nach dem Kinobesuch schnell wieder vergisst.
Michael Domke, Filmreporter.de
Nicolai Arcel vermag es nicht, die Handlungsstränge vernünftig miteinander zu verknüpfen und scheitert an seinen Ansprüchen.
Berlinale
Die Königin und der Leibarzt
2024