farbfilm verleih
Kaddisch für einen Freund

Kaddisch für einen Freund

Originaltitel
Kaddisch für einen Freund
Regie
Leo Khasin
Darsteller
Kida Khodr Ramadan, Wiebke Puls, Heinz W. Krückeberg, Peter Kollmann, Erhan Emre, Sanam Afrashteh
Kinostart:
Deutschland, am 15.03.2012 bei farbfilm verleih
Genre
Drama
Land
Deutschland
Jahr
2010
FSK
ab 12 Jahren
Länge
94 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
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Dichtes Drama mit authentischen Figuren
Zwei Welten prallen hier aufeinander. Am Beispiel von Alexander (Ryszard Ronczewski) und Ali (Neil Belakhdar) verhandelt Regisseur Leo Khasin den Generationenkonflikt, soziale, politische und religiöse Trennlinien. Alexander ist über 80. Der russisch-jüdische Kriegsveteran lebt seit 30 Jahren in Deutschland. Sein Leben spielt sich zwischen Synagoge, Veteranentreffen und seiner kleinen Plattenbauwohnung ab. Ali ist erst 14 Jahre alt. Als palästinensische Flüchtlinge werden er und seine Familie in Deutschland nur geduldet. Die Familie zieht in die Wohnung über Alexander ein. Der Konflikt ist vorprogrammiert.

Als Hintergrund dienen die weitläufigen Plattenbausiedlungen um den Berliner Mehringplatz. Khasins Kamera fängt Neukölln als graue Tristesse ein. In dieser beklemmenden Atmosphäre findet die Begegnung zwischen Ali und Alexander statt. Der Junge bricht in die Wohnung ein und wird erwischt. Ali hilft Alexander fortan beim Renovieren der Wohnung. Denn wenn der alte Mann seine Anzeige nicht zurückzieht, ist das Bleiberecht von Alis ganzer Familie in Gefahr.
Filme über Immigration und Integration haben in Deutschland Hochkonjunktur. Gefühlt setzt sich jeder zweite "Tatort" mit diesem Thema auseinander. Ob Dramen ("Gegen die Wand") oder Komödien ("Almanya - Willkommen in Deutschland") - auch im Kino ist das Thema seit Jahren sehr präsent. Ähnliches gilt für den Generationenkonflikt, der in der Kunst und der journalistischen Berichterstattung ständig thematisiert wird. Aufgrund der Fülle an Angeboten ist es schwierig, als Filmemacher einen neuen Aspekt zu diesen Problemen zu finden.

Regisseur Leo Khasin entscheidet sich für den richtigen Weg. Er inszeniert eine sehr private Geschichte. Der gesamtgesellschaftliche Zusammenhang ist so etwas im Hintergrund. Nahostkonflikt, Jugendkriminalität, Antisemitismus, Sprachprobleme - all diese Themen spielen eine Rolle. Doch sie werden nur indirekt angesprochen. Statt auf die große Politik setzt Khasin auf starke Figuren und glaubwürdige Dialoge. Es ist sein Verdienst als Drehbuchautor, dass die soziale Dynamik in "Kaddisch für einen Freund" sehr organisch wirkt. Dies gelingt unabhängig davon, ob Khasin ein Treffen des jüdischen Veteranenclubs zeigt oder Ali und seine Freunde beim Herumhängen in der Plattenbausiedlung.

Perfekt unterstrichen wird die um Authentizität bemühte Geschichte durch eine äußerst zurückhaltende Inszenierung. Sparsam beleuchtete graue Häuserschluchten fungieren als optische Stütze zu der deprimierenden Ausgangssituation. Auch als Ali und Alexander sich näher kommen, weicht das Grau nicht. Es steht bildhaft für all die Komplikationen, die ihre Freundschaft zu überwinden hat. Khasin verzichtet auf filmische Spielereien und gibt seinem Drama einen fast dokumentarischen Look. Dies gilt besonders für jene Szenen, die in Alexanders Wohnung spielen.

Diese Verbindung aus sparsamer Stilistik und authentischen Figuren macht "Kaddisch für einen Freund" zu einem dichten Drama. Leo Khasin legt ein spannendes und bewegendes Kinodebüt vor.
Michael Domke, Filmreporter.de
Regisseur und Drehbuchautor Leo Khasin greift die Konflikte zwischen Immigrantengruppen auf. Am Beispiel eines alten russischen Juden (Ryszard...
 
Leo Khasin greift die Konflikte zwischen Immigrantengruppen auf. Am Beispiel eines alten russischen Juden (Ryszard Ronczewski) und eines jungen...
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Kaddisch für einen Freund
2024