Preisgekröntes Alterswerk der Taviani-Brüder
Paolo und
Vittorio Tavianis "Cäsar muss sterben" handelt von der Aufführung eines Theaterstücks von William Shakespeare in einem Gefängnis durch die Gefangenen eines Hochsicherheitstraktes. Die Konfrontation mit der Kunst als Verdichtung von Leben führt dazu, dass sich die Gefängnisinsassen mit ihrem eigenen Schicksal und mit Themen wie Verrat, Schuld und Sühne auseinandersetzen.
Die Überraschung ist groß, als
Paolo und
Vittorio Taviani 2012 auf den
Internationalen Filmfestspielen in Berlin für "Cäsar muss sterben" mit dem
Goldenen Löwen ausgezeichnet werden. Zu konservativ wird die Entscheidung der Jury unter Vorsitz des britischen Regisseurs
Mike Leigh von manchen befunden, zumal im Wettbewerb ebenfalls hochgelobte Werke wie
Christian Petzolds DDR-Drama "
Barbara",
Ursula Meiers "
Winterdieb",
Miguel Gomes' formal ambitionierte Stummfilmhommage "
Tabu - Eine Geschichte von Liebe und Schuld" und "
Was bleibt" von
Hans-Christian Schmid um den Hauptpreis konkurrierten. Weniger der Film sei ausgezeichnet worden, so der Tenor, als dass die Jury mit dem Gesamtwerk der Altmeister sympathisiere.
Angesichts der formalen Gestaltung von "Cäsar muss sterben" ist dieser Einwand aber sehr verwunderlich. Denn das Drama ist alles andere als formal bescheiden oder gar konservativ, sondern kommt sehr ambitioniert daher. Die Taviani-Brüder erzählen die Geschichte einer Aufführung von
William Shakespeares "Julius Cäsar" durch Gefangene nicht in Form einer dramatisierten mitreißenden Erzählung. "Cäsar muss sterben" ist vielmehr eine Art Essayfilm, der fiktive und dokumentarische Elemente gekonnt vermischt. So werden die Figuren nicht von Schauspielern, sondern von echten Gefangenen verkörpert. Das macht den Film nicht nur authentisch, auf diese Weise wird auch der ideelle Kern des Films sehr nachdrücklich zum Ausdruck gebracht. Es geht um die Parallelen zwischen Shakespeares Tragödie und den Schicksalen seiner Figuren, wobei die Themen Mord, Verrat, Ehre, Schuld und Sühne anklingen.
Darüber hinaus ist "Cäsar muss sterben" eine Liebeserklärung an das Theater im Allgemeinen und an Shakespeare im Besonderen. Sowohl die Bühne als auch die Kunst des englischen Dichters, so die Ansicht der Regie-Brüder, sind nicht nur wesentlich im Leben verankert, sondern transzendieren dieses auch zugleich. Hier wie da ist das Leben in seiner Wahrhaftigkeit abgebildet und dient dem Menschen als Mittel zur Katharsis.