20th Century Fox
Robin Williams macht "One Hour Photo"

One Hour Photo

Originaltitel
One Hour Photo
Regie
Mark Romanek
Darsteller
Izrel Katz, Peter Mackenzie, Andy Comeau, Robert Clotworthy, Jesse Borja, Jeana Wilson
Kinostart:
Deutschland, am 09.01.2003 bei 20th Century
Kinostart:
Schweiz, am 05.12.2002 bei Fox-Warner
Genre
Thriller
Land
USA
Jahr
2002
FSK
ab 12 Jahren
Länge
95 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
8,0 (Filmreporter)
8,6 (7 User)
Verstörender Psychothriller mit Robin Williams
Sy Parrish (Robin Williams), der blasse und einsame Fotolabor-Angestellte in Mark Romaneks Thriller "One Hour Photo", will in diese Welt nicht hineinpassen. So fix er auch beim Entwickeln der Bilder ist, nimmt er sich doch immer ein bisschen Zeit für seine Kunden. Er widmet ihnen seine gesamte Aufmerksamkeit - streitet sich auch mal mit dem Mann vom Reparaturservice, wenn der Cyan-Farbton des Fotoentwicklers um 0,3 Punkte abweicht. Schließlich geht es um die Erinnerungen seiner Kunden, und dafür sollte dem Supermarkt nichts zu teuer sein.

Sy erscheint wie die letzte Bastion gegenüber der Konsumgeneration, die zwar gern und bunt einkauft, der die genauen Farben aber letztlich egal sind. Aufmerksamkeit gegenüber den Kunden ist für Sy aber weit mehr als bloßer Customer Service. In seiner Einsamkeit hat er sich seine Kunden zur Familie gemacht, lebt deren Leben anhand ihrer Fotos nach, statt sein eigenes Leben mit Erfahrungen zu füllen.

Besonders die Yorkins, eine amerikanische Bilderbuch-Kleinfamilie, haben es ihm angetan. Der hübschen Mutter Nina entwickelt er die Abzüge schon mal in einem größeren Format ohne die Mehrkosten zu berechnen. Sohn Jake bekommt zum Geburtstag eine Wegwerfkamera auf Kosten des Supermarkts und Familienvater Will wird über die Lautsprecher namentlich begrüßt.

Als Ausgleich für soviel Freundlichkeit macht Sy Abzüge für sich, hegt und pflegt und betrachtet sie, als seien es die Bilder seiner eigenen Familie. Ein Blick in sein Apartment beweist, dass die Photos für ihn aber eine weit größere Bedeutung haben als für die Yorkins. Normal ist das jedenfalls nicht.
Schon in der Eröffnungssequenz deutet Regisseur Mark Romanek an, dass es mit seinem Protagonisten ein böses Ende nehmen wird. Dann führt er aber erst mal sämtliche Charaktere mit all ihren Stärken, Schwächen und Neurosen ein, bevor er langsam und sachte mit der Dekonstruktion der heilen Welt beginnt. Man merkt Romanek in fast jeder Einstellung seine Video-Clip-Erfahrung an, sein Gespür für bestechend eindringliche Bilder.

Die von grellen Neonröhren hellerleuchtete Fotoabteilung wird bei ihm zum riesigen, leeren und bedrohlichen Raum, in welchem Sy über die Fotos und somit über die Erinnerungen der Menschen herrscht. Die Gänge des Supermarktes, die von der Fotoabteilung unendlich weit weg zu sein scheinen, sind nichts weiteres als ein riesiges Labyrinth, in dem sich die Konsumenten täglich aufs Neue verlieren und verirren. Die Oberflächlichkeit des Konsums entlarvt Romanek in einer Traumsequenzen, in der Sy sich plötzlich inmitten von nicht enden wollenden, leeren, grellweißen Supermarktregalen wiederfindet.

Seine Erkenntnis, dass unsere Gesellschaft bei allem Überfluss den Blick für die kleinen Dinge des Lebens verloren hat, wird dem Zuschauer immer wieder auf vor Augen geführt. Erstaunlich ist Robin Williams, der die Rolle des Sy Parrish mit seiner äußerlichen Freundlichkeit und seinem angedeuteten Wahnsinn so glaubwürdig füllt, dass man die bisweilen unglaubwürdigen Plot-Details Achsel zuckend akzeptiert. Romaneks langsame, nur stellenweise etwas bedächtige Erzählweise entpuppt sich dabei als geradezu unamerikanisch. Vieles wird nur angedeutet und nicht bis zur Banalisierung erklärt oder gar in überflüssige Dialoge gefasst. Das ist erhellend, angenehm und erleichtert es uns ungemein, das zu bewahren, was Sy Parrish so wichtig ist: Den Blick für die Details.
Frank Geissler, Filmreporter.de
Kleine Bilder - große Wirkung
Über die Bedeutung der Ein-Stunden-Fotoentwicklung ("One Hour...
2024