Concorde Film
Nightcrawler - Jede Nacht hat ihren Preis

Nightcrawler - Jede Nacht hat ihren Preis

Originaltitel
Nightcrawler
Regie
Dan Gilroy
Darsteller
Carolyn Gilroy, Tyler Cole, Adrian Winther, Emily Dahm, Dig Wayne, Leah Fredkin
Kinostart:
Deutschland, am 13.11.2014 bei Concorde Filmverleih
Kinostart:
Österreich, am 14.11.2014 bei Constantin Film
Kinostart:
Schweiz, am 27.11.2014 bei Ascot Elite Entertainment Group
Kinostart Deutschland
Nightcrawler - Jede Nacht hat ihren Preis
Genre
Drama
Land
USA
Jahr
2014
Länge
119 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
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Jake Gyllenhaal als soziopathischer Unfallfotograf
Lou Bloom (Jake Gyllenhaal) lebt in Los Angeles, wo er sich mit kleinen Diebstählen über Wasser hält. Nach zahlreichen erfolglosen Bewerbungen für einen regulären Job, heuert er als freier Kameramann für einen Fernsehsender an. Schnell erweist sich sein Talent für Unfälle und Tatorte kleiner Verbrechen. Um in dem Beruf zu überleben, muss ein 'Nightcrawler' nicht nur möglichst schnell vor Ort sein, sondern auch spektakuläres und authentisches Material abliefern. Lous Chefin Nina (Rene Russo) ist von der Arbeit ihres neuen Mitarbeiters begeistert. Der Erfolg seiner Aufnahmen sprengt alle Grenzen. Niemand weiß, wie weit Lou für Erfolg und Anerkennung tatsächlich geht.
Mit seinem Regiedebüt "Nightcrawler - Jede Nacht hat ihren Preis" hat Drehbuchautor Dan Gilroy ("Das Bourne Vermächtnis") eine ebenso böse wie beklemmende Satire auf den Amerikanischen Traum und unsere neoliberale Gesellschaft inszeniert. Er zeigt mit seinem 'Nightcrawler' einen Mann, der bei seinem rücksichtslosen Streben nach Erfolg und Anerkennung jedes Gefühl von Skrupel und Bedenken verliert und die Erfolgsleiter so immer weiter nach oben klettert. Wo ein Rodion Raskolnikow für seine ethische Grenzüberschreitung noch den Qualen seines Gewissens ausgesetzt ist, wo Verbrecher in anderen Hollywoodgeschichten für gesetzliche Grenzüberschreitungen einer gerechten Strafe zugeführt werden, ist Lou Bloom diesen regulierenden Instanzen immer ein Schritt voraus.

Jake Gyllenhaal spielt den fanatischen Unfallfotografen mit großer Hingabe. Der 1980 geborene Schauspieler etabliert sich nach seinem Durchbruch mit dem Drama "Donnie Darko - Fürchte die Dunkelheit" zu einem der interessantesten Charakterdarsteller Hollywoods. Auch wenn er in den vergangenen Jahren ein breites Rollenspektrum abdeckt, kultiviert er in seinen letzten Arbeiten vor allem den Typus des gebrochenen und besessenen Einzelgängers - sei es mit der Rolle eines seelisch zerrissenen Polizisten in Denis Villeneuves "Prisoners" oder eines Geschichtsprofessors mit gespaltener Persönlichkeit in Villeneuves "Enemy".

Die innere Verfassung seiner psychisch labilen Filmcharaktere übersetzt Gyllenhaal gerne in ein ausgeprägtes, die Grenze des Manierismus streifendes Körper- und Minenspiel. Man denke etwa an das somnambule Getragensein des Professors in "Enemy", das vernachlässigte Äußere des Intellektuellen, das im Kontrast zur vitalen Erscheinung seines Doppelgängers steht; oder das unkontrollierte Zucken des Auges beim Ermittler in "Prisoners", das auf dessen innere Spannung weist.

Mit dem 'Nightcrawlers' knüpft Gyllenhaal unmittelbar an diese besessenen Figuren an. Das ausgemergelte Äußere von Lou Bloom, dem sich Gyllenhaal in klassischer method-acting-Manier nähert, indem er extrem an Gewicht verliert, deutet jedoch weniger auf psychopathische Probleme hin. Bloom ist ein Soziopath, in dessen Haltung und Verhalten sich die dunkle Seite unserer Leistungsgesellschaft spiegelt. Immer wieder kommt der Ehrgeizling darauf zu sprechen, dass er bereits den einen oder anderen Wirtschaftskurs besucht habe - und wenn sich der zunächst arbeitslose Mann für einen Job vorstellt, hat er die Leitsätze eines handelsüblichen Karriere-Ratgebers immer zur Hand. 'Ich bin ein Arbeitstier, ich setze mir hohe Ziele', sagt er in einem kruden Bewerbungsgespräch. 'Mein Motto lautet: Wenn man im Lotto gewinnen will, braucht man die Kohle für einen Lottoschein.'

Dabei weiß Bloom, sich mit einer zupackenden Art zu präsentieren. Damit trifft er in einer Welt ins Schwarze, in der das Agieren in einem ethischen Vakuum Grundlage der Berufsphilosophie ist. Während Regisseur und Drehbuchautor Dan Gilroy seinen Protagonisten als gewissenlosen Handlungsmenschen charakterisiert, gesteht er den Mitarbeitern des Nachrichtensenders durchaus moralische Skrupel zu. Die von seiner Ehefrau Rene Russo gespielte Chefredakteurin weiß sehr wohl um die ethische Grenzüberschreitung ihres Berufsstandes, kann jedoch nicht anders, als ihre Bedenken einem übergeordneten System unterzuordnen. Die Spielregel, denen sie folgt sind einfach: Entweder du überwindest deine Zweifel und spielst mit, oder du begehrst auf und verlierst deine Existenzgrundlage.

Gilroy steigt mit seinem verstörenden Film tief in die Abgründe unserer gewinnorientierten und medial geprägten Gesellschaft ein. Verstörend ist "Nightcrawler - Jede Nacht hat ihren Preis" indes nicht nur wegen der messerscharfen Analyse. Verstörend ist auch und vor allem, weil sich die Anklage des Regisseurs auch gegen uns, die Zuschauer richtet. Denn wer, wenn nicht wir, sind die Grundlage einer immer materialistischer werdenden, nach Oberflächenreizen gierenden Gesellschaft? Wir, die wir nicht nur über die ethische Indifferenz, die unsere Welt im Würgegriff hat, hinwegsehen, sondern auch das Verhalten eines Lou Bloom oder der sensationslüsternen Medien hinnehmen.
Willy Flemmer, Filmreporter.de
Lou Bloom (Jake Gyllenhaal) sucht verzweifelt einen Job. Als er die Stelle eines Kameramannes für einen Fernsehsender antritt, zeigt er bald ein...
Lou Bloom (Jake Gyllenhaal) sucht verzweifelt einen Job. Als er die Stelle eines Kameramannes für einen Fernsehsender antritt, zeigt er bald ein...
 
Mit seinem Regiedebüt "Nightcrawler - Jede Nacht hat ihren Preis" hat Drehbuchautor Dan Gilroy eine beklemmende und spannende Satire auf das...
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2024