Doctor Strange in the Multiverse of Madness

Dr.-Strange-Darsteller Benedict Cumberbatch betont bei der Promotion des Films, er wünsche sich eine Superkraft, die es im Universum von Stan Lee nicht gibt: Die Kraft der Diplomatie. Auch in diesem Film wird jedes zarte Pflänzchen, Konflikte mit dem Wort zu lösen, nach wenigen Sekunden im Keim erstickt. Scarlet will nicht reden. Sie enttäuscht auch das Vertrauen von Professor Charles Xavier alias Professor X (Patrick Stewart), der darauf setzt, dass in jedem seiner einstigen Schüler ein guter Kern steckt und er nach einem Abweg eine zweite Chance verdient hat. So wie sie Doctor Strange jetzt eventuell erhält.

Dieser inhaltliche Kern geht in dem düsteren und Actionlastigen Spektakel von Sam Raimi völlig unter. Kampfszene reiht sich an Kampfszene, Kollateralschäden sind eingeplant. Blut fließt nie. Die Superhelden stehen im Multiverse immer wieder auf und müssen, wenig überraschend, auch ihrem Ich aus einer anderen Welt begegnen.

Der Regisseur drückt dem 29. Teil des mit atemberaubenden Special-Effects gespickten Abenteuer des MCU seinen Stempel auf, sei es mit witzigen Anspielungen auf Spider-Man, mit dessen Auftritten er vor genau 20 Jahren das Genre hoffähig und erfolgreich macht. Oder den Augen-zwinkernden Horrorelementen, mit denen er an seine Anfänge in Hollywood anknüpft.

Nachdenklich macht allmählich die subtile Wirkung der Adaptionen, die einst den Geist des starken Amerika im Kampf gegen die Diktatoren aus der Mitte des 20. Jahrhunderts beschwört. Nicht zufällig feiern sie ihre Renaissance nach dem 11. September 2001, als das verwundete Land wieder aufstehen will. Seitdem vermitteln sie kontinuierlich die Botschaft, dass am Ende nur Wehrkraft und Stärke zählt. Wenn dann auch noch eine junge Frau mit Namen America zur ultimativen Hoffnung des Marvel Universums erklärt wird, ist aus einer leisen Botschaft endgültig der Holzhammer geworden. Aber darauf stehen die Fans, es ist schließlich eine Comicverfilmung.