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Die Nacht singt ihre Lieder

Die Nacht singt ihre Lieder

Originaltitel
Die Nacht singt ihre Lieder
Regie
Romuald Karmakar
Darsteller
Sebastian Schipper, Marthe Keller, Manfred Zapatka, Anne Ratte-Polle, Frank Giering
Kinostart:
Deutschland, am 19.02.2004 bei Prokino Filmverleih
Kinostart:
Schweiz, am 27.05.2004 bei cineworx
Genre
Drama
Land
Deutschland
Jahr
2003
FSK
ab 6 Jahren
Länge
95 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
4,0 (Filmreporter)
2,0 (1 User)
Liebesgeschichte nach Theaterstück von Jon Fosse
Ein frisch verheiratetes junges Paar sitzt in einer Ikea-dominierenden Altbauwohnung in Berlin. Von glücklicher Beziehung kann nicht die Rede sein. Der träge Ehemann (Frank Giering)ist frustriert wegen seines beruflichen Misserfolgs. Als Schriftsteller gelingt es ihm nicht, seine Texte an den Mann - sprich einen Verlag - zu bringen. Er weigert sich auch entschieden, das Haus zu verlassen, was die junge Frau (Anne Ratte-Polle) nicht länger akzeptieren kann. Sie langweilt sich in der häuslichen Beengtheit und möchte einen abwechslungsreicheren Alltag haben. Freunde treffen und sich amüsieren wäre mehr nach ihrem Geschmack. Dass sie niemand mehr besucht, schiebt sie seiner Kommunikationsunfähigkeit zu.

Selbst seine eigenen Eltern (Manfred Zapatka, Marthe Keller) können sich nur zu einer Stippvisite durchringen, um wenigstens mal den Enkel zu sehen. Sichtlich unwohl fühlt sich der Vater (Manfred Zapatka), als er alleine mit seinem Sohn (Frank Giering) im Wohnzimmer sitzt. Die beiden kommen über den üblichen Smalltalk nicht hinaus. Die junge Frau (Anne Ratte-Polle) hält diese Lebensumstände nicht länger aus, sie flieht aus der Beklemmung der Wohnung in das Berliner Nachtleben. Für den jungen Mann scheint die Wohnung der einzige Ort zu sein, an dem er existieren kann.
Das sehr melancholische und deprimierende Drama nach einem Theaterstück von Jon Fosse ist eine schwere Kost für den hoffnungsvollen Kinobesucher. Das aristotelische Werk von Regisseur Romuald Karmakar ist eine Momentaufnahme einer gescheiterten Liebesbeziehung. Die emotionslosen Dialoge beschreiben die Realität der festgefahrenen Beziehung. Die Anonymität der Großstadt spiegelt sich auch in der Ehe des jungen Paares wieder. Sie leben nicht mehr miteinander, sondern nebeneinander her. Das zerstörte Altbauhaus ist Sinnbild für die zerrüttete Beziehung, die stimmig und gemütlich eingerichtete Wohnung ist nur noch Beleg für das jahrelange Trugbild des einst glücklichen Heimes. Die Sozialstudie hinterlässt beim Zuschauer nur Fragen. War die Beziehung der beiden jemals glücklich? Wie hat sich die Passivität des Mannes entwickelt und was hat den namenlosen Antihelden in diese getrieben?

Warum tritt die junge Frau erst jetzt den Rückzug an? Wie um Himmels willen ist eigentlich das Baby entstanden? Dem Zuschauer ist es nicht möglich, einen tieferen Einblick in die Hintergründe der gescheiterten Ehe zu bekommen. Es scheint so, als ob selbst die Protagonisten sich kaum mehr an glücklichere Zeiten erinnern können. Das Psychokammerspiel dürfte selbst für rationale Charaktere zur anstrengenden Unterhaltung geraten, romantische Gemüter sind mit einer anderen Filmwahl besser beraten.
Julia Stoll, Filmreporter.de
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