Stürm: bis wir tot sind oder frei

Walter Stürm wurde zwischen 1974 und 1995 durch acht erfolgreiche Ausbrüche aus Zuchthäusern und Gefängnissen bekannt. Seine Aktionen verschafften ihm bei Teilen der Bevölkerung Popularität als eine Art Robin Hood. 1987 trat er in einen Hungerstreik gegen die Isolationshaft, der 110 Tage dauerte. Barbara Hug verteidigte nicht nur ihn. Sie war Mitglied in einem Anwaltskollektiv, das explizit für jene da sein wollte, sie sich keinen teuren Anwalt leisten können. Die als hartnäckige, vor allem auch politisch motivierte Kämpferin bekannte Juristin stand an der Seite des 'Sprayer von Zürich', Harald Naegeli, des notorischen Schwarzfahrer Pjotr Kraska und des mutmaßlichen Terroristen Giorgio Bellini. Auch viele Angehörige der 'Bewegung' von 1980 ließen sich rechtlich von ihr vertreten.

Der Film konzentriert sich auf die Ereignisse des Jahres 1987 und reiht sich ein in eine Reihe von Filmen, mit denen die Schweizer Filmemacher in den vergangenen drei Jahren die eigene Geschichte erfahrbar machten - vom Kamp des Frauenwahlrechts, der Zerstörung der Drogenszene in Zürich bis zur Rebellion der Jugend.

Oliver Rihs, bekannt geworden durch seinen Berlin-Film "Schwarze Schafe", inszeniert das Drama als Zusammentreffen zweier Menschen, die aus den eingetretenen Pfaden des Lebens in der bürgerlich-konservativen Schweiz ausbrechen wollen und ihre innere und äußere Freiheit suchen. Die Motivation für das Engagement bei Hug liegt auf der Hand. Der Film und Marie Leuenberger sind aber klug genug, sie nicht zur Heldin zu stilisieren. Hug ist idealistisch, reflektiert aber ständig das eigene Handeln. Stürm dagegen wirkt wie ein Getriebener, ein Lebensmüder, der an dem Freiraum scheiterte, der ihm seine Geburt einräumte. Mit der Freiheit kann er nicht umgehen, da er nie lernte, sich Grenzen zu setzen. Während Hug für jene kämpft, die kaum Freiheiten haben und sie endlich ausleben wollen.