Universal Pictures Germany (UPI)
Niemals selten manchmal immer ("Never Rarely Sometimes Always", 2020)

Niemals selten manchmal immer

Originaltitel
Never Rarely Sometimes Always
Regie
Eliza Hittman
Darsteller
Eliazar Jimenez, David Buneta, Christian Clements, Sam Dugger, Talia Ryder, Sharon Van Etten
Kinostart:
Deutschland, am 01.10.2020 bei Universal Pictures International (UPI)
Kinostart:
Österreich, am 01.10.2020 bei Universal Pictures
Kinostart:
Schweiz, am 08.10.2020 bei Universal Pictures
Genre
Drama
Land
USA, Großbritannien
Jahr
2020
FSK
ab 6 Jahren
Länge
101 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
9,0 (Filmreporter)
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Sozialkritisches Drama zu Teenagerschwangerschaft
Die 17-jährige Autumn Callahan (Sidney Flanigan) aus einer Kleinstadt im ländlichen Pennsylvania ist ein amerikanischer Durchschnittsteenager, dessen Zukunft bereits Geschichte ist. Gelangweilt geht sie zur Schule, zudem jobbt sie am Nachmittag in einem Supermarkt. Als sie ihre Schwangerschaft bemerkt, steht ihr Entschluss fest. Sie will das Kind nicht austragen oder es austragen und danach zur Adoption frei zu geben. Das empfiehlt auch die örtliche Beratungsstelle. Auch ihre Eltern will sie nicht einweihen, die ihre Zustimmung zu einer Abtreibung geben müssten.

Mit harten Schlägen auf ihren Bauch versucht sie, das Kind zu töten. Als dies scheitert, packt sie mit ihrer Cousine Skylar (Talia Ryder) ihre Sachen, um im liberaleren New York den Abort vornehmen zu lassen. Dort wird festgestellt, dass sie bereits in der 18. Schwangerschaftswoche ist. Autumn wird an eine Spezialklinik verwiesen. Für den komplizierten Eingriff gehen alle Ersparnisse der beiden drauf. In einer Befragung zu ihrem Sexleben und Missbrauchserfahrungen, wo sie nur mit Niemals, Selten, Manchmal oder Immer antworten muss, wird dann endlich klar, wer der Vater des unerwünschten Kindes ist.
Das leise, unspektakuläre Drama wird bei der Berlinale mit dem Silbernen Bären - Großer Preis der Jury für Regisseurin Eliza Hittman ausgezeichnet. Sie schreibt auch die Vorlage für die sie in Europa stattgefundene Ereignisse auf die USA überträgt. Hittman ist 2012 vom Schicksal der Irin Savita Halappanavar erschüttert, der nach einer unvollständigen Fehlgeburt eine Abtreibung verweigert wird. Sie stirbt an einer Blutvergiftung. Im Zuge von Hittmans Recherchen stellt sich heraus, dass die betroffenen Irinnen zu dieser Zeit für einen Tag heimlich nach London reisen müssen, um eine Abtreibung vornehmen zu lassen.

Mit ihrem Film sticht die Filmemacherin in ein Wespennest. In vielen US-Staaten wird das Recht auf Abtreibung zunehmend eingeschränkt oder ganz in Frage gestellt, das 1973 im Verfahren Roe gegen Wade vom Obersten Verfassungsgericht der USA legalisiert wird. Auch die Ärztin in ihrer Heimatstadt zeigt Autum ein "Aufklärungsvideo", das Abtreibung mit Mord gleichsetzt.

Diesen konservativen Schreihälsen stellt Hittman in ihrem humanistischen Plädoyer für Abtreibung und Frauenrechte eine grundsolide wirkende Jugendliche entgegen, die ebenso bewusst wie selbstbewusst über ihr Leben und ihren Körper entscheidet. Sie wehrt sich instinktiv gegen eine männerdominierte Gesellschaft, in der das starke Geschlecht noch immer meint, die Regeln bestimmen zu können. Sei es am Familientisch, als schmieriger Arbeitgeber oder als Kunde im Supermarkt, der ein Lächeln Autumns als Flirtversuch einstuft. Es ist eine patriarchalische Welt, wie Autumn gleich zu Beginn in dem von ihr für das Schulkonzert gewählten Song "He's got the Power" feststellt.

Zur Stärke des Films tragen die beiden Newcomerinnen in den Hauptrollen ebenso bei, wie sein sozialer Realismus und seine künstlerische Zurückgenommenheit. In der Tradition des amerikanischen independent-Kinos verzichtet Hittman auf melodramatische Zuspitzungen und vertraut ihrer starken Geschichte. Schnörkellos fängt sie die Öde der Kleinstadt ein, die sie in scharfen Kontrast zur glitzernden Metropole New York setzt. Die Verlockungen interessieren die beiden jungen Frauen nie, zielstrebig bahnen sie sich ihren Weg.

Sidney Flanigan ist die Entdeckung des Films. Klug geführt von Hittman, bringt die junge Schauspielerin mit jedem Blick und jeder Geste die Gefühle von Autumn auf die Leinwand. Trotz und Schmerz spiegeln sich ebenso auf ihrem Gesicht wie die Entschlossenheit, ihr Leben zu leben.
Katharina Dockhorn/Filmreporter.de
Die 17-jährige Autumnist ein amerikanischer Durchschnittsteenager, bis sie ihre Schwangerschaft bemerkt.
 
Das leise Drama wird bei der Berlinale mit dem Silbernen Bären - Großer Preis der Jury ausgezeichnet.
Universal Pictures Germany (UPI)
Niemals selten manchmal immer ("Never Rarely Sometimes Always", 2020)
2024