Capelight Pictures
Gretel & Hänsel ("Gretel & Hansel", 2020)

Gretel & Hänsel

Ein Märchen neu erzählt
Originaltitel
Gretel & Hansel
Alternativ
Hänsel und Gretel: Hexenjäger 2
Regie
Oz Perkins
Darsteller
Sophia Lillis, Samuel Leakey, Alice Krige, Jessica De Gouw, Fiona O'Shaughnessy, Donncha Crowley
Kinostart:
Deutschland, am 09.07.2020 bei Capelight Pictures
Kinostart:
Österreich, am 09.07.2020 bei Polyfilm
Genre
Fantasy, Horror
Land
Kanada, Irland, USA, Südafrika
Jahr
2020
FSK
ab 16 Jahren
Länge
87 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
4,0 (Filmreporter)
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Knusperhäuschen-Märchen als Horror-Thriller
Es war einmal ein wunderschönes, kleines Mädchen, das von allen geliebt wurde. Als es schwer krank wird und alle bekannten Heil-Mittel ausgeschöpft sind, bringt ihr Vater es zu einer Hexe. Der Preis für die Genesung ist hoch. Die Hexe zeichnet das Kind mit dem todbringenden Blick, ihr erstes Opfer ist der eigene Vater. Daraufhin bringen die Dorfbewohner das Kind gefesselt und geknebelt in den Wald, damit es dort sein Schicksal findet.

Jahre später soll sich der Teenager Gretel (Sophia Lillis) auf Wunsch ihrer Mutter beim Großgrundbesitzer als Magd verdingen, doch die Bauerntochter fürchtet sich vor dem dunklen Haus und dessen Besitzer. Um den gebeutelten Eltern nicht länger auf der Tasche zu liegen, flüchten sich Gretel und ihr kleiner, lebhafter Bruder Hänsel in den Wald. Nachdem sie einen halluzinatorischen Trip nach dem Genuss von lecker aussehenden Fliegenpilzen überstanden haben, treffen sie auf ein einsam gelegenes Haus mit einem reichlich gedeckten Tisch. Bereitwillig bleiben die Geschwister bei der mysteriösen alten Frau.
Der Rest ist seit mehr als zwei Jahrhunderten aus den Kinder- und Hausmärchen der Gebrüder Grimm bekannt, die Hollywood seit einigen Jahren mal mit mehr, mal mit weniger Esprit zu modernen Romanzen, Mystery-Streifen oder Fantasy-Spektakeln verwurstet. Oz Perkins ("Die Tochter des Teufels") erzählt die Mär von den gefangenen Kindern aus dem Knusperhäuschen als Mystery-Horror-Thriller.

Dabei führt er mit dem Schicksal des kleinen Mädchens einen neuen Handlungsstrang an. Der Zuschauer ahnt allerdings schnell, dass hier der bösen Hexe eine Biografie gegeben wird. Wobei Osgood in diesem Strang noch eine überraschende Wendung bereithält.

In seiner äußerst düsteren Version des Volksmärchens sucht die Meisterin der Magie und der dunklen Künste eine Nachfolgerin und Gleichgesinnte. Sie weiht Gretel in das Brauen von Zaubertränken aus den Kräutern des Waldes, Telepathie und andere Geheimnisse ihrer Zunft ein. Man ahnt leider viel zu schnell, dass sich die Handlung auf ein Duell der Magierinnen zuspitzt, wenn sich Gretels Gewissenbisse regen.

Außerdem verschieben sich die Gewichte zwischen den Geschwistern im Vergleich zu den Schriften der Grimms - Gretel ist auf Grund ihres Alters der aktive Part, während der kindlich-naive Hänsel niemals das Geschehen durchschaut.

Ärgerlich ist die religiöse Aufheizung des Märchens. Die Grimms waren Kinder ihrer Zeit, der Aufklärung und der Trennung von Kirche und Staat. Christliche Motive oder die Kirche fehlen in den von ihnen niedergeschriebenen, uralten Märchen. Sie knüpften an den alten - germanisch, griechisch-römischen - Glauben und deren religiöse Praktiken an und verbinden sie mit Zustandsbeschreibungen der gesellschaftlichen Standesunterschiede am Ende der feudalistischen Ära zu poetisch-utopischen Geschichten, in denen die Liebe alle Schranken überwindet.

Wenn der Gutsbesitzer Gretel mit religiösen Geschwafel langweilt, ist ihre Ablehnung wohl noch im Sinne der Grimms. Wenn die Hexe aber das Symbol der jüdischen Religion an ihrem Oberarm tätowiert hat, ist dies zumindest in diesem Filmgenre absolut unpassend, das nicht gerade zu modifiziertem Denken anregt. Auch wenn es das vielleicht möchte. In erster Linie werden mit der Verwendung dieses Symbols wohl Vorurteile bestätigt.
Katharina Dockhorn/Filmreporter.de
Oz Perkins ("Die Tochter des Teufels") erzählt die Mär von den gefangenen Kindern aus dem Knusperhäuschen als Mystery-Horror-Thriller.
 
Es war einmal ein wunderschönes, kleines Mädchen, das von allen geliebt wurde. Als es schwer krank wird und alle bekannten Heil-Mittel ausgeschöpft...
Capelight Pictures, Patrick Redmond
Gretel & Hänsel ("Gretel & Hansel", 2020)
2024