Prokino Filmverleih
Auf der Couch in Tunis ("Un Divan à Tunis", 2019)

Auf der Couch in Tunis

Originaltitel
Arab Blues
Alternativ
Un Divan à Tunis
Regie
Manele Labidi Labbé
Darsteller
Golshifteh Farahani, Majd Mastoura, Aïsha Ben Miled, Feryel Chammari, Hichem Yacoubi, Najoua Zouhair
Kinostart:
Deutschland, am 30.07.2020 bei Prokino Filmverleih
Kinostart:
Österreich, am 31.07.2020 bei Filmladen
Kinostart:
Schweiz, am 30.07.2020 bei Praesens-Film
Kinostart Deutschland
Auf der Couch in Tunis
Genre
Komödie
Land
Frankreich, Tunesien
Jahr
2019
Länge
88 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
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Auch Tunesien braucht starke Frauen!
Selma (Golshifteh Farahani) hat geschafft, wovon Tausende arabische Frauen träumen. Die Tunesierin lebt in Frankreich, hat studiert und könnte bald reich und glücklich sein. Doch die in einem kleinen Dorf im tunesischen Hinterland aufgewachsene Psychotherapeutin zieht nach dem arabischen Frühling von der Seine in einen Vorort von Tunis, um fortan in ihrer Heimat zu praktizieren.

Von ersten Anpassungsschwierigkeiten lässt sie sich nicht entmutigen. Sie akzeptiert den alten, klapprigen Pick-Up, den ihr ein windiger Autoverkäufer andreht. Als Frau und ohne Geld findet sie zudem keine Praxisräume. Also empfängt sie ihre Patienten auf dem Dach ihres Hauses. Vor allem muss sie die Skepsis ihrer Landsleute gegenüber Seelenklempnern überwinden - bsonders gegenüber weiblichen. Daher bittet Selma die Besitzerin eines Schönheitssalons, sie bei der Werbung zu unterstützen. Mit Erfolg, bald ist der Andrang groß. Selbst ein Iman findet den Weg auf ihre Freiluft-Couch.

Selmas feministische Nichte Mourad (Moncef Ajengui) hat dagegen nur ein Ziel. Sie will auswandern - nach Frankreich oder Großbritannien. Dafür ist sie sogar zu Zwangsheirat, und der Bedeckung ihrer Haare mit einem Kopftuch bereit. Und dann ist da noch der Polizist Naim (Majd Mastoura). Er ist einem Rendezvous mit Selma wohl nicht abgeneigt. Da er auf Granit beißt, macht er ihr die Gesetzeslage klar. Ihr fehle die Lizenz, um in Tunesien zu arbeiten. Aber ganz gemach, die bürokratischen Mühlen mahlen in Tunesien schließlich besonders langsam...
Die leichte Komödie passt in eine Reihe von optimistischen Filmen arabischer Regisseurinnen. Sie haben in den vergangen Jahren ihre Stimme erhoben und den selbstbewussten Aufbruch von Frauen in einer von Männern dominierten Gesellschaft geschildert. Ihre stillen Heldinnen lassen sich von Rückschlägen und Diskriminierung nicht entmutigen. Sie schlagen sie mit ihren eigenen, weiblichen Waffen: Beharrlichkeit, Freundlichkeit und Intelligenz.

Sehr genau fängt Manele Labidi Labbé in ihrem ersten langen Spielfilm den Alltag der Tunesierinnen ein. Vetternwirtschaft, Bürokratie und Korruption haben das Land im Griff. Zugleich ist der Kommunikationsbedarf der Menschen nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Zine el-Abidine Ben Ali groß, in dessen Reich das Schweigen als höchste Tugend galt. Langsam finden die Tunesier ihre Stimme wieder und sprechen über die Traumata. Ein ganzes Land sitzt sinnbildlich auf der Couch, um sich der Vergangenheit zu stellen. "Eine Couch in Tunis" feiert 2019 bei den Filmfestspielen von Venedig seine Premiere.

Künstlerisch tritt die in Frankreich aufgewachsene und ausgebildete Regisseurin in die Fußstapfen der beliebten Komödien ihrer zweiten Heimat, die seit "Ziemlich beste Freunde" einen wahren Boom erleben. Intelligent, mit genauem Blick für Zwischentöne und die soziale Realität, ungeheurer Sympathie für ihre Figuren und einem optimistisch-humorvollen Grundansatz bringen sie Probleme wie Inklusion, Diskriminierung und Ressentiments auf die Leinwand. Das Publikum lacht mit den Porträtierten und fiebert mit ihnen.
Katharina Dockhorn/Filmreporter.de
Tunesierin Selma (Golshifteh Farahani) zieht von Frankreich nach Tunis, um dort als Psychotherapeutin zu praktizieren.
 
"Eine Couch in Tunis" feiert 2019 in Venedig seine Premiere.
Prokino Filmverleih, Carole Bethuel
Golshifteh Farahani & Aïcha Ben Miled in "Auf der Couch in Tunis" ("Un Divan à Tunis", 2019)
2024