Neue Visionen Filmverleih
Bad Luck Banging or Loony Porn ("Babardeala cu bucluc sau porno balamuc", 2021)

Bad Luck Banging or Loony Porn

Originaltitel
Babardeala cu bucluc sau porno balamuc
Regie
Radu Jude
Darsteller
Katia Pascariu, Claudia Ieremia, Olimpia Malai, Nicodim Ungureanu, Alexandru Potocean, Andi Vasluianu
Kinostart:
Deutschland, am 08.07.2021 bei Neue Visionen Filmverleih
Kinostart:
Schweiz, am 30.09.2021 bei Xenix Film
Kinostart Deutschland
Bad Luck Banging or Loony Porn
Genre
Komödie
Land
Rumänien, Kroatien, Tschechische Republik, Luxemburg
Jahr
2021
Länge
106 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
8,0 (Filmreporter)
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Mit dem Goldenen Bären ausgezeichneter Roadmovie
Die Kamera wird angeschaltet, eine in aufreizender Wäsche gekleidete Blondine mit einer roten Maske über den Augen lockt ihren Lover zum Sex. Es geht heiß zur Sache zwischen den beiden, wobei die Kamera in ihrer starren Position verharrt und zum Zeugen einer lustvollen Vereinigung von zwei Erwachsenen wird.

Umschnitt. Emi (Katia Pascariu) eilt durch hässliche Bukarester Einkaufszentren, über den Markt, vorbei an Müllecken und den pompösen Palast, den sich Ceaucescu einst bauen ließ. Die einfache OP-Maske trägt sie um den Hals oder über Mund und Nase. Am Ohr hat sie ständig das Handy, um einen Supergau zu verhindern. Ihr Video ist online, illegal kopiert bei der Reparatur ihres Computers. Ist es auf einer Plattform gelöscht, taucht es auf der nächsten wieder auf. Emi ist genervt, denn ihr Job als Gymnasiallehrerin ist in Gefahr. Die Eltern ihrer Schüler haben eine Versammlung einberufen.

Am Abend stellt sie sich deren Fragen und natürlich sehen sich alle Männer zunächst genüsslich das Video an. Schnell prallen die Meinungen aufeinander. Da sind die Eltern, die ebenso wie die Direktorin Angst um die Schule und die Zukunft der Kinder hat. Die Moralapostel. Die Nationalisten. In der aufgeheizten Atmosphäre melden sich nur wenige Verteidiger Emis. Das Ergebnis der Abstimmung über ihr Bleiben wird trotzdem spannend - aber wenn das erste Ergebnis nicht passt, wir halt nochmals abgestimmt.
Für seine Gesellschaftssatire, in der die Maske konsequent als Ausdruck des Zeitgeistes genutzt wird, gewinnt der Rumäne Radu Jude den Goldenen Bären der Berlinale 2021. Formal teilt er sein Werk in mehrere Teile. Nach dem provokant-radikalen Einstieg mit dem Porno folgt er Emi in minutenlangen Einstellungen wie in einem Roadmovie durch die nach außen modern anmutende Hauptstadt, wobei Emi immer wieder auf Beispiele von Rücksichtslosigkeit und Egoismus trifft. Bevor die Versammlung beginnt, streut er einen mehr als zwanzigminütigen Part mit collagehaften Reflexionen über Religion, Geschichte, Weltanschauungen und Sex ein, die den philosophischen Gehalt der Geschichte untermauern.

Während der hitzigen Diskussion im Garten der Schule hält der Regisseur dann der verklemmten Elternschaft einen Spiegel vor. Am Beispiel der öffentlich in Vergessenheit geratenen erotischen Verse von Nationaldichter Mihai Eminescu hält sie ihnen die Enge des eigenen Denkens und Verdrängung von nicht ins eigene Weltbild passenden Fakten vor. Von den Eltern, die einen Querschnitt durch die Gesellschaft abbilden, ist jeder von der Richtigkeit seiner Meinung überzeugt und lebt in seiner Blase, keiner reflektiert die Gedanken des anderen. Von Toleranz keine Spur. So wird aus dem Gang durch die Stadt und der Versammlung eine Zustandsbeschreibung einer Gesellschaft, in der jeder zunächst nur an sich selber denkt.
Katharina Dockhorn/Filmreporter.de
Pornolehrerin oder Medienopfer? Die Frage beantwortet die mit dem Goldenen Bären ausgezeichnete Satire.
 
Regisseur Radu Jude hält der verklemmten Elternschaft den Spiegel vor.
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Bad Luck Banging or Loony Porn ("Babardeala cu bucluc sau porno balamuc", 2021)
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