Der Chef der Damenabteilung kann mit seinen Angestellten...
Sex, Crime, Anarchie und galligem Humor
Feature: Herrlich unsympathisch!
Sex & Crime ist sein Programm, gewürzt mit Anarchie und galligem Humor: Álex de la Iglesia, Spaniens Aushängeschild des Kino-Krawalleros. In seinem neuesten filmischen Streich "Crimen Ferpecto - Ein ferpektes Verbrechen" kokettiert er gekonnt mit Amoral und niederen Instinkten, doch die augenzwinkernd Hitchcocksche Krimikomödie ist spürbar zahmer als seine anarchischen Anfänge in den 90er Jahren.
erschienen am 2. 06. 2005
Noch hat Rafael (Guillermo Toledo) alles im Griff...
Damals schuf Álex de la Iglesia wilde Werke wie "Aktion Mutante" oder "Der Tag der Bestie", die ihm nicht nur unter Fans schnell den Ruf als Spaniens durchgeknalltesten Filmemacher einbrachten. Im Gegensatz zu seinen international bekannteren Kollegen Pedro Almodóvar und Alejandro Amenábar zelebriert er eine nachgerade kindliche Lust auf Zerstörung und Gewalt. Auch "Crimen Ferpecto - Ein ferpektes Verbrechen" versprüht noch etwas von dem Charme eines Comics Marke "Clever & Smart", auch wenn der ungehobelte, manchmal ungeschlachte Tonfall von einst in einer stilsicheren, eleganten Filmsprache aufgegangen ist. Iglesia ist in der moderaten Mitte der Etablierten angekommen, aber ein angepasster Spießer ist er Gott sei Dank nicht geworden.

Der nazistische Über-Macho Rafael kommandiert eine Kaufhausabteilung voller williger Bettgespielinnen. Im ehrgeizigen Wettkampf mit dem älteren Verkäufer Don Antonio um den Posten als Etagenchef kommt es eines Tages zum unvermeidlichen Showdown, der für den Konkurrenten im "12 Uhr Nachts"-Stil am Kleiderhaken tödlich endet. Wohin nur mit der Leiche? Zerstückeln und verbrennen lautet die frappierende Antwort, die ihm die glubschäugige Hässlichkeit Lourdes (ein starker Auftritt: Mónica Cervera), Zeugin des Verbrechens, gibt und sogleich komplizenhaft durchführt. Mit ihrem Wissen hat sie ihn in der Hand und erpresst den skrupellosen Karrieristen mindesten eine Nummer skrupelloser. Zudem stellt sich die Dame als liebesausgehungerte, Besitz ergreifende Psychopathin heraus. Ihr Part ist Inbegriff der Bedrohung für den patriarchalen Chauvinismus und entsprechend augenzwinkernd als Gefahr für das starke Geschlecht inszeniert.
Lourdes (Mónica Cervera) hatte doch alles so gut geregelt!
Souverän nutzt Iglesia allerlei männliche Ängste vor starken Frauen und spielt einfallsreich mit so manchen Klischees, ohne darüber hinaus zu weisen. Sein Film ist kein Diskurs, sondern ein großer Spaß, ein guilty pleasure ohne Reue und Belehrungen. Schwungvoll überstürzen sich die Verwicklungen, die sich aus dem wohin-mit-der-Leiche-Problem auftürmen. Damit ist aber gerade mal ein Drittel der Laufzeit bestritten und tatsächlich fängt das originelle und ebenso inszenierte Script da an, wo die meisten vergleichbaren schwarzen Krimikomödien aufhören. Das Verschwinden des Mordopfers zieht einen Rattenschwanz an hochnotpeinlichen Situationen nach sich, die der Regisseur gekonnt immer weiter verschärft.

Sir Alfred Hitchcock, der Meister des vertrackten Kriminalstücks, wird allenthalben zitiert, "Immer Ärger mit Harry" natürlich und auch "Rebecca", von "ein perfekter Mord" ganz zu schweigen. Spätestens seit dem weit behäbigeren und konventionelleren "Allein unter Nachbarn - La Comunidad" hat der Spanier sich dem Altmeister des cineastischen Verbrechens schon aufs engste angenähert. Aber ihm liegt nicht an der Zitierwut vieler Zeitgenossen. Die Parallelen entstehen häufig durch ähnliche, verfahrene Situationen aus denen der Protagonist mit heiler Haut zu entweichen versucht. Mit einem scharfen Geschlechterkrieg erweitert Iglesia seine Farce spielend, sozusagen als bösartige Screwball Comedy, bis hin zur live im Fernsehen gesendeten Horrorhochzeit, immer genau zwischen Karikatur und Ernst getimt. Gehässiges Lachen steht diesen Szenen am besten. Mit der gleichen Energie widmet er sich den Nebenfiguren, auch wenn ihnen nur wenig Zeit auf der Leinwand zur Verfügung steht. Grandios: der fehlsichtige, aber abgebrühte Polizeikommissar, der einem staubigen Leone-Western entsprungen zu sein scheint. Iglesia zeigt sich endlich wieder in Hochform; "Crimen Ferpecto" ist höchst amüsant, abwechslungsreich und mit zwei herrlich unsympathischen Hauptfiguren gesegnet.
erschienen am 2. Juni 2005
Zum Thema
Nach "Perdita Durango" und "Allein unter Nachbarn - La Comunidad" beglückt der spanische Regisseur Álex de la Iglesia sein Publikum mit einer weiteren bitterbösen Splatterkomödie. Starverkäufer und nicht zu bremsender Schwerenöter Rafael Gonzales (Guillermo Toledo) tötet bei einer hitzigen Auseinandersetzung seinen schwulen Erzkonkurrenten Don Antonio. Mauerblümchen Lourdes (Mónica Cervera) beobachtet das Verbrechen. Lourdes zögert nicht, ihr Wissen einzusetzen, um Rafael in jeder Hinsicht..
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