Paramount Pictures
Die Crew von "Star Trek - The Next Generation"
Zeitloser Klassiker des Genres
Feature: Next Generation der Science-Fiction
Der Weltraum, unendliche Weiten. Fast zwei Jahrzehnte nach dem Ende der ursprünglichen "Star Trek: Raumschiff Enterprise"-Fernsehserie mit William Shatner und Leonard Nimoy aus dem Jahr 1968 schuf Gene Roddenberry mit "Star Trek - The Next Generation" das erste Serien-Spin-Off des kultigen Science-Fiction-Stoffes. Inhaltlich spielen die Abenteuer etwa 100 Jahre nach den Geschehnissen der ersten Serie. Im Mittelpunkt steht die Raumschiff-Crew des mittlerweile fünften USS Enterprise NCC-1701-Modells, das unter der Führung von Captain Jean-Luc Picard (Patrick Stewart) ebenfalls unterwegs ist, um fremde Welten zu entdecken, unbekannte Lebensformen und neue Zivilisationen.
erschienen am 23. 02. 2012
Paramount Pictures
Star Trek: Raumschiff Enterprise
Gesellschaftliche Utopie
"Die Menschheit ist erwachsen geworden", sagt Captain Picard einmal zu einem Mann aus dem 20. Jahrhundert. Picard hat gut reden. Schließlich hat die Menschheit in der zukünftigen Welt von "Star Trek" einen Punkt erreicht, an dem sie sich nicht länger von ökonomischen Interessen treiben lässt. Die gemeinsame Verbesserung der Lebensumstände aller Menschen, unter Wahrung der individuellen Freiheit, sich selbst zu verwirklichen - das ist der gesellschaftliche Antrieb seiner Zeit. Doch was soll der Mann aus Picards Vergangenheit davon halten? Wieso sollte er an so eine Zukunft glauben? Wieso sollten wir daran glauben?

Gene Roddenberrys Science-Fiction-Utopie ist in mehrerlei Hinsicht bemerkenswert. Mit der ersten "Star Trek: Raumschiff Enterprise"-Serie aus den 1960ern schuf er die humanistische Vision einer zukünftigen Gesellschaft gleichberechtigter Individuen, auf deren Verwirklichung das Werk anhand seiner eigenen Produktionsbedingungen selbst hinarbeitet. So stehen mit James T. Kirk und Pavel Chekov ein Amerikaner und ein Russe Seite an Seite auf der Brücke des Raumschiffs Enterprise, während in der realen Welt der Kalte Krieg zwischen den beiden Staatsmächten im vollen Gange ist.

Die Afroamerikanerin Nichelle Nichols spielt eine gleichberechtigte Offizierin zu einer Zeit, in der viele die Wahl eines schwarzen US-Präsidenten ein paar Jahrzehnte später für unwahrscheinlicher gehalten hätten, als die Erforschung des Weltraums mit Lichtgeschwindigkeit. Ganz zu schweigen davon, dass sich in "Star Trek" zum ersten Mal eine schwarze Schauspielerin und ein weißer Schauspieler im US-Fernsehen küssen, auch wenn es aufgrund der damaligen US-Zensur bloß angedeutet werden durfte. Dass die Künstler das heute als selbstverständlich geltende auch nur andeuten durften, ist wohl einzig dem als unrealistisch erachteten Science-Fiction-Kontext der Serie zu verdanken.
Paramount Pictures
Star Trek: The Next Generation - The Next Level - Einblick in die nächste Generation
Philosophie in der Leere des Weltalls
Das fast zwei Jahrzehnte nach dem Ende der ersten "Star Trek: Raumschiff Enterprise"-Serie entstandene Spin-Off "Star Trek - The Next Generation" besitzt nicht mehr die politische Brisanz, die das Original einst ausgemacht hat. Zwar postulieren die etwa 100 Jahre später spielenden Abenteuer von Captain Picard und seiner Crew auch weiterhin das friedvolle, von gegenseitigem Respekt und Wertschätzung geprägte Zusammenleben unterschiedlichster Spezies und Kulturen. Allerdings bleiben zeitgeschichtlich bedingte Tabubrüche wie in der Original-Serie aus. Aus künstlerischer Hinsicht hat sich die "Next Generation" gegenüber ihrem Vorgänger allerdings konsequent weiterentwickelt.

Das gilt nicht nur für die visuelle Umsetzung, die aufgrund des hochwertigen Produktionsdesigns und plastisch wirkender Spezialeffekte lange Zeit das Maß aller Dinge im Bereich der Fernseh-Science-Fiction bleibt. Inhaltlich kommt die humanistische Grundhaltung sowie die philosophische Dimension von Roddenberrys Schöpfung in keiner anderen "Star Trek"-Serie, ob davor oder danach, derart zur Geltung. Besonders in der von Patrick Stewart mit sanfter Autorität und großem Charisma verkörperten Figur Jean-Luc Picards manifestiert sich das in "Star Trek" heraufbeschworene Bild des besonnenen, idealistischen Individuums, das in erster Linie vom Forscherdrang geleitet wird.
Paramount Pictures
Brent Spiner als Android Data
Von Maschinen und Menschen
Wichtiger noch als der in "Star Trek" zelebrierte 'sense of wonder', der Eindruck wundersamer Entdeckungen in den Weiten des Alls, ist die philosophische Dimension. Die in der Original-Serie vom Wilden Westen in die gleichgültige Leere des Weltalls verlegte Frontier der unerschlossenen Grenzgebiete, verlagert sich in der "Next Generation" wiederum von den unendlichen Weiten des Weltalls ins ebenso unermessliche Innere des menschlichen Geistes. So ist die Serie oft dann am stärksten, wenn die Charaktere über die menschliche Natur debattieren oder ethische Fragen erörtern. Etwa wenn Picard dem hochintelligenten Androiden Data dabei hilft, dessen Menschlichkeit zu ergründen oder über die individuellen Rechte holographischer Figuren mit Bewusstsein ihrer selbst sinniert wird. Im Grunde würde es bei der "Next Generation" ausreichen, die Protagonisten in jeder Folge an einen Tisch zu setzen und sie über Kunst, Philosophie und Politik sprechen zu lassen. In den meisten Fällen wäre das Ergebnis sicherlich spannender als die meisten Krimis.

Das bedeutet allerdings nicht, dass es bei Picard und seiner Crew nicht auch in puncto Action zur Sache geht. Allein mit der Einführung der kybernetischen Borg haben die Macher einen düsteren Gegner mit enormem Bedrohungspotential kreiert. Das obligatorische Aufeinandertreffen zwischen den gnadenlosen Maschinenwesen und Picards Crew in der Doppelfolge "In den Händen der Borg" und "Angriffsziel Erde" gehört aufgrund der dramatischen Zuspitzung der Ereignisse zum Packendsten, was die Serie im Laufe ihrer sieben Staffeln zu bieten hat. Auf episch angelegte Episoden wie diese folgen ebenso gelungene Charakterdramen wie "Familienbegegnung" und "Willkommen im Leben nach dem Tode". Oder die Folge "Das zweite Leben", in der innerhalb von 30 Minuten auf ebenso bewegende wie unaufgeregte Weise der Verlauf eines einfachen Lebens über mehrere Jahrzehnte geschildert wird.
Paramount Pictures
Patrick Stewart als Captain Jean-Luc Picard
Nur der Himmel ist das Limit
Ohnehin weist die "Next Generation" ein schier unerschöpfliches Potential verschiedenster Geschichten auf. Allein durch die Möglichkeit, innerhalb des Holodecks jede beliebige Umgebung zu simulieren, kann die Serie in diverse Genres eintauchen, ohne an Plausibilität zu verlieren. Ganz zu schweigen von den Möglichkeiten innerhalb des Science-Fiction-Genres selbst, die von den Machern anhand von Zeitreisen, parallelen Welten und verschiedensten Alien-Kulturen und Planeten gekonnt ausgeschöpft werden. So nutzt die Serie zwar nur am Rande die Möglichkeiten des seriellen Erzählformates, das sich die Nachfolgeserie "Deep Space Nine" auf gelungene Weise zunutze gemacht hat. Ereignisse aus vorherigen Episoden werden zu einem späteren Zeitpunkt nur lose wieder aufgegriffen. Dafür verstehen es Michael Piller, Brannon Braga, Ronald D. Moore und all die anderen kreativen Autoren der "Next Generation", das prozedurale Potential ihrer Serie auszuschöpfen, indem sie die Mythologie sowie die Charaktere des "Star Trek"-Kosmos in nahezu jeder Folge unter anderen Aspekten ergründen.

"Die Menschheit ist erwachsen geworden", sagt Picard zu dem Mann aus dem 20. Jahrhundert. Wieso sollten wir daran glauben? Andererseits: Wieso sollten unsere Erwartungen an die Zukunft kleiner sein, als die Träume, die wir von ihr haben? Oder die Träume, die Roddenberry einst hatte. Um es mit Picards Schlussworten am Ende der letzten "Next Generation"-Folge zu sagen: "Nur der Himmel ist das Limit."
erschienen am 23. Februar 2012
Zum Thema
Fast 20 Jahre nach dem Ende der original "Star Trek: Raumschiff Enterprise"-Serie schuf Gene Roddenberry "The Next Generation". Das Spin-Off spielt etwa ein Jahrhundert nach den Geschehnissen der ursprünglichen Fernsehserie und schildert die Abenteuer des neuen Raumschiffs Enterprise, das unter dem Kommando des besonnenen Captain Jean-Luc Picard (Patrick Stewart) den Weltraum durchkreuzt. Neben der gelungenen visuellen Umsetzung, zeichnet sich die intelligente Serie durch ihre humanistische..
Gene Roddenberry ist während des Zweiten Weltkriegs Pilot bei der Air Force und fliegt B-17 Bomber. Anschließend arbeitet er als Pilot bei der Pan American Airline. 1949 wechselt er den Beruf und wird Sergeant bei der Polizei von Los Angeles. Gleichzeitig beginnt er, sich als Drehbuchautor zu betätigen. Drehbücher zahlreicher US-Fernsehserien stammen aus seiner Feder. Ein Konzept für eine Serie, die Roddenberry "Star Trek" - deutscher Titel "Raumschiff Enterprise" - nennt, wird abgelehnt. Erst..
Weitere Features
Aschenbrötel an der Moldau
Görlitz macht Babelsberg Konkurrenz
2024