Filmwelt
Der Aufbau zu einem neuen Film in Geiselgasteig
Starker Rückhalt für deutsche Filmszene
Feature: Lebendige Filmgeschichte: Bavaria Filmstadt
Die Stille ist Nerven zerreißend. Kein Wort fällt, nur das Geräusch vom Sonar ist zu hören und heizt die Spannung an. Die U 96 der deutschen Marine ist abgetaucht, um britischen und amerikanischen Kriegsschiffen zu entkommen. Die Nerven der Männer sind bis zum Zerreißen angespannt. Jeder weiß, ein falscher Laut und sie erwartet der sichere Tod. Wolfgang Petersens Kriegsfilm "Das Boot" ist ein Straßenfeger in beiden deutschen Staaten, der Film zieht Millionen Zuschauer in seinen Bann und wird mehrfach für den Oscar nominiert.
erschienen am 14. 07. 2021
Filmwelt
Das Gebäude in Geiselgasteig
Filmpioniere im Glasatelier
Für den Regisseur wird der Erfolg die Eintrittskarte für seine Hollywood-Karriere und am Drehort München ist eine Idee geboren. Nach amerikanischem Vorbild entsteht ein Filmpark, in dem die Fans einmal in die Haut der Stars schlüpfen dürfen, Spaß haben und einen Blick auf die Kulissen werfen können. Nach 40 Jahren ist die Bavaria Filmstadt längst ein Muss für deutsche Filmliebhaber

Den Münchnern kommt bei der Gestaltung der Attraktionen zu Gute, dass Filmpark und Produktion in einer Hand sind. Für die Bavaria ist er ein Aushängeschild des Könnens und der Erfolge aus der mehr als 100-jährigen Geschichte des Filmstandorts.

1919 werden in Geiselgasteig erstmals Kameras aufgestellt. Wie damals üblich, dient ein Glashaus als Atelier - ein geschlossener Raum ohne störende Geräusche von außen ist für den Stummfilm nicht notwendig. Die ersten Studios werden bald gebaut, in den 1930er Jahren werden sie für den Tonfilm fit gemacht. Der Standort im Norden der bayerischen Landeshauptstadt ist gut gewählt: Das Gelände liegt idyllisch inmitten eines Wald-Parks am Hochufer des Isartals und in der Nähe der bayrischen Berge und Seen, die für etliche Filme als Kulisse dienen.
Universum
Die unendliche Geschichte
Endloser Streit um "Die unendliche Geschichte"
Die Bavaria Filmstudios stehen von Anfang an in Konkurrenz zum großen Rivalen in Babelsberg, und das änderte sich bis heute nicht. In beiden Filmzentren ruhen nach dem 2. Weltkrieg die Dreharbeiten. Nur die Kopierwerke versorgen die Kinos weiter mit Kopien der von den Alliierten frei gegeben deutschen Filme und der neuen Streifen made in Hollywood oder aus der Sowjetunion, die in den Synchronstudios hektisch synchronisiert werden. Der erste Nachkriegsfilm "Die Mörder sind unter uns" wird dann in der Trümmerstadt Berlin gedreht. München zieht nach.

Spätestens mit dem Mauerbau wird München das Studio der BRD, auf dem 30 Hektar großen Gelände geben sich deutsche und internationale Stars ein Stelldichein. Erst mit dem Mauerfall bekommt der Standort mit Berlin/Brandenburg wieder einen ernsthaften Konkurrenten. Die Bavaria ist aber als Produzent aus dem deutschen Fernsehen und Kino nicht wegzudenken und bietet zudem alle Dienstleistungen an, die für Produktion und Distribution notwendig sind.

An die Highlights des Münchner Studios erinnert die Filmstadt. Natürlich darf der Kuscheldrache Fuchur aus der Adaption der "Unendlichen Geschichte" nicht fehlen, die Wolfgang Petersens mit amerikanischen Schauspielern in den Bavaria Studios inszeniert. Dem Dreh geht ein bizarrer Streit voraus. Autor Michael Ende und sein Verleger verkaufen die Filmrechte des 1979 publizierten Bestsellers bereits im Mai 1980 an Produzent Dieter Geissler, Verleger Christian Schneider und Rechtsanwalt Klaus Kähler. Sie planen eine europäische Koproduktion für acht bis zehn Millionen DM - bis sie feststellen, dass die damals gängigen Special Effekte nicht ausreichen, um die phantasiereiche Geschichte kinogerecht zu erzählen.
Universum
Die unendliche Geschichte (1984)
Drache zum Fliegen bringen
Da die gängigen Tricks den Drache nicht zum Fliegen bringen, wird er im Studio in einer Größe gebaut, die Filmheld Bastian (Barret Oliver) abenteuerliche Ritts ermöglichen. Heute kann sich jeder Besucher in der Filmstadt auf dem Rücken von Fuchur in die Lüfte erheben.

Als klar ist, dass das Budget jegliche bislang in Deutschland gekannte Dimensionen übertreffen wird - schließlich werden es 60 Millionen DM - steigt Regisseur Helmut Dietl aus und wird durch Wolfgang Petersen ersetzt. Er verfasst gemeinsam mit Ende ein neues Drehbuch, nachdem der Autor die erste Fassung als 'Micky-Maus-Version' und dümmliches Fantasyspektakel eingestuft hatte. Mit deren Version ist aber der inzwischen eingestiegene Produzent Bernd Eichinger nicht zufrieden. Er setzt sich durch. Ende distanziert sich schließlich von dem Film, verpflichtet sich aber, nichts gegen ihn zu unternehmen.

Der Film behandelt nur den ersten Teil des Buches. Die Fortsetzung kommt 1990 unter dem Titel "Die unendliche Geschichte II - Auf der Suche nach Phantásien" ins Kino. Der letzte Teil "Die unendliche Geschichte 3 - Rettung aus Phantásien" folgt vier Jahre später. Mit dem Studiodreh geht Dieter Geissler allerdings nach Babelsberg.
Constantin Film
Karoline Herfurth und Elyas M'Barek in "Fack ju Göhte"
Bernd Eichingers Constantin verlässlicher Auftraggeber
Die Bavaria profitiert mehrmals von der engen Zusammenarbeit mit der von Bernd Eichinger zum internationalen Player aufgebauten Constantin Film, die im Studio die Kulissen ihrer aufwändig konzipierten Filme bauen lässt. Für den Filmpark zahlt sich die Treue aus. Nun können Besucher im Klassenzimmer von Elyas M'Barek aus "Fack ju Göhte" nachsitzen, auf den Spuren von Asterix und Obelix ein Dorffest feiern, Jean-Baptiste Grenouille aus der Adaption von "Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders" folgen. Auch andere Produzenten sehen den Werbeeffekt und überlassen ihre Requisiten gerne der Filmstadt. Roland Emmerich und seine Partner verlassen sich bei der opulenten Adaption von Mozarts "Zauberflöte" auf die Münchner Requisitenbauer und spendieren der Ausstellung die Kulissen.

Bully darf nicht fehlen
Auch die Außenkulisse des Wikingerdorfs "Flake" aus dem Hit "Wickie und die starken Männer" von Michael 'Bully' Herbig ist Bestandteil der Filmstadt-Führung. Der Schauspieler und Regisseur eröffnet 2011 sein 'Bullyversum', in dem neben Requisiten, interaktiven Spielen, Entertainment-Angeboten auch das Cockpit aus "(Traum)schiff Surprise" locken. 2019 weicht es für die Bavaria-Jubiläums-Ausstellung, nur einige Teile werden in die neue Konzeption integriert. Die umfangreiche Show führt bis heute durch 100 Jahre Filmschaffen an der Isar.

Andererseits ist die Filmstadt stets auf der Höhe der Filmzeit. Kein Film und keine Fernsehsendung kommen heute ohne Blue- oder Greenscreen aus. Wer schon mal auf die Versprecher der Wetterfeen und Prinzen geschimpft hat, kann selbst probieren, ob er es besser kann und sich selbst vor die grüne Wand stellen und den Text vom Teleprompter ablesen.
Universum
Das fliegende Klassenzimmer
Tarzan und Mogli hangeln sich durchs Studio
Unter dem Motto "Das fliegende Klassenzimmer" bietet die Filmstadt einen Grundkurs für Schüler im Filmemachen an. Und natürlich kommt der Spaß bei den rund zweistündigen Führungen über das Gelände nicht zu kurz. Im 4D Kino präsentiert die Filmstadt 2021"Moglis Dschungel Abenteuer", ein rasantes Wettrennen zwischen dem pfiffigen Mogli und seiner Rivalin, der Pantherdame Baghira. Um den ungleichen Kampf zu gewinnen, muss Mogli zu ungewöhnlichen Hilfsmitteln greifen: Ein Palmblatt wird zum Fallschirm und ein Wasserfall zur Rutsche. Der Film spielt auf den Dreh des "Dschungelbuches" in den Studios an, in dem bereits eine Version von "Tarzan" entsteht.

Im Gegensatz zu den amerikanischen Pendants, wo die Filmparks eher großen Vergnügungsparks ähneln, stellen die Münchner stets den Film ins Zentrum und entwickeln daraus ihre Entertainment-Ideen. Das Konzept kommt an. Jedes Jahr zieht die Filmstadt Hunderttausende in ihren Bann. Gelegen sind sie wenige Kilometer von der Münchner City und kann sowohl mit öffentlichen Verkehrsmitteln als auch mit dem PKW erreicht werden kann. Auch mit dem Mietwagen ist es nur eine kurze Fahrt von München.
erschienen am 14. Juli 2021
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