Junifilm GmbH
Regisseur Matthias Luthardt
Abgründe des glücklichen Bildungsbürgertums
Feature: Heile, schlimme Welt
Als der sechzehnjährige Paul (Sebastian Urzendowsky) nach dem Selbstmord seines Vaters unangekündigt vor der Haustür seiner Verwandten steht, sind diese über den ungebetenen Besuch nicht gerade erfreut. Mit "Pingpong" erzählt Debütregisseur Matthias Luthardt in nüchternen Bildern von den Abgründen des scheinbar glücklichen Bildungsbürgertums.
erschienen am 21. 05. 2006
Junifilm GmbH
Marion Mitterhammer und Sebastian Urzendowsky
Alte Streitigkeiten liegen über der Beziehung der beiden Familien, doch nachdem die anfängliche Hemmschwelle überwunden ist, heißt man den Jungen im privaten Kreise willkommen. Onkel Stefan (Falk Rockstroh) gibt sich locker, Tante Anna (Marion Mitterhammer) lächelt bemüht, Haushund Schumann schwänzelt vergnügt und sogar der gleichaltrige Sohn Robert, ein schüchternes Klavierass, beginnt Sympathien für seinen neuen Bruder auf Zeit zu entwickeln. Für Paul ist die Situation dagegen alles andere als einfach: er streift durch die Räume der mittelständischen Familie, will vergessen, neue Energie schöpfen, doch der Schock sitzt tief. Just als sich alles langsam einzupendeln scheint, bröckelt die Fassade der glücklichen Familie. Tiefe Abgründe tun sich auf und führen zum Eklat, als sich die immer stärker werdende Zuneigung zwischen Paul und Tante Anna eines Nachmittags auf dem Ehebett entlädt.
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Sebastian Urzendowsky
Das Leben kennt keine kohärente Logik. Das glaubt zumindest der junge Regisseur Matthias Luthardt, der mit seinem Debütfilm "Pingpong" dieses Jahr in der Reihe "Semaine de la Critique" die deutsche Hoffnung hochhält. Als dokumentarisches Kammerspiel inszeniert, blickt er nüchtern auf die vermeintlich heile Welt des Bildungsbürgertums, die er im Stil der belgischen Brüder Dardenne als menschliche Abgründe entlarvt. In seinem Anliegen, den Menschen einfach zuzusehen, bedient er sich der kühle Sinnlichkeit von François Ozon und schafft ein Werk, das die Meinungen spaltet: Das Fachblatt Hollywood Reporter glaubt in dem Film eine französisch anmutende Geschichte zu erkennen, andere sprechen in Anlehnung an Christoph Hochhäuslers sehr ähnlich inszenierter "Falscher Bekenner" von einer neuen deutsche Generation an Filmemachern, die die Oberflächlichkeit der spießbürgerlichen Wohlstandgeneration entlarven wollen.

Luthardt selbst will von all den Kategorisierungen nichts wissen. Er will kleine, feine Filme über Themen drehen, mit denen er selbst etwas anfangen kann. "Pingpong", dessen getragenes Psycho-Spiel zwischen den Protagonisten vor allem im Mittelteil leider zeitweise ins Stocken gerät, ist nicht mehr und nicht weniger. Ein gediegener und nett anzusehender Film, der allerdings keine Fragen offen lässt und gerade dadurch an seinem vorhandenen Potential verliert.
erschienen am 21. Mai 2006
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Als der sechzehnjährige Paul (Sebastian Urzendowsky) nach dem Selbstmord seines Vaters unangekündigt vor der Haustür seiner Verwandten steht, sind diese über den ungebetenen Besuch nicht gerade erfreut. Mit "Pingpong" erzählt Debütregisseur Matthias Luthardt in nüchternen Bildern von den Abgründen des scheinbar glücklichen Bildungsbürgertums.
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