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Preise in Cannes vergeben
"La vie d'Adèle" gewinnt Goldene Palme
"La vie d'Adèle" von Abdel Kechiche wurde am gestrigen Sonntag, den 26. Mai 2013 auf den 66. Filmfestspielen in Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichnet. Zum ersten Mal in der Geschichte des Festivals bekam nicht nur der Regisseur den Hauptpreis zugesprochen. Die beiden Hauptdarstellerinnen Léa Seydoux und Adèle Exarchopoulos wurden ebenfalls prämiert.
27. Mai 2013: Der französische Regisseur maghrebinischer Herkunft erzählt in "La vie d'Adèle" die Aufsehen erregte Geschichte einer leidenschaftlichen lesbischen Beziehung zwischen einer Kunststudentin (Seydoux) und einer 15-jährigen Schülerin (Exarchopoulos). Das Drama, das auf einem Comic basiert, provozierte durch explizite Darstellung von Sexualität.

Nie zuvor in der Geschichte des Festivals wurde ein Film mit der Goldenen Palme prämiert, der sich mit Homosexualität beschäftigt. Angesichts der Tatsache, dass in Frankreich zeitgleich Demonstrationen gegen die Homo-Ehe stattfanden, kann man die Entscheidung der Jury auch als politisches Signal interpretieren. Unabhängig davon hob Jury-Präsident Steven Spielberg vor allem die filmischen Qualitäten des dreistündigen Films hervor. Das Drama erzähle eine 'sehr schöne Geschichte, eine wunderbare Liebe, mit der sich jeder identifizieren kann, unabhängig von seiner Sexualität', so der Filmemacher.

"La vie d'Adèle" setzte sich im Wettbewerb gegen 19 weitere Mitstreiter um den Hauptpreis durch. Der Große Preis der Jury, der zweitwichtigste Preis des Festivals, ging an den US-amerikanischen Beitrag "Inside Llewyn Davis" von den Brüdern Ethan und Joel Coen. Die Tragikomödie ist in den 1960er Jahre angesiedelt und handelt von der vergeblichen Mühe eines Folkmusikers, eine Karriere zu lancieren. Die Cohen-Brüder haben bereits öfter in Cannes gewonnen. 1991 wurden sie für "Barton Fink" mit der Goldenen Palme prämiert. Jeweils einen Regie-Preis erhielten sie für "Fargo" und "The Man Who Wasn't There".

Der Preis für die beste Regie ging dieses Jahr an Amat Escalante für sein Drama "Heli", in dem der mexikanische Regisseur von den Lebensbedingungen einer einfachen Familie erzählt. Wie Kechine mit "La vie d'Adèle" durch unverhüllte Darstellung von Sexualität provozierte, erregte Escalante mit expliziten Gewaltszenen die Gemüter. Höhepunkt war eine Folterszene, bei der einem Mann sein Penis angezündet wird.

Gewalttätig ging es auch in Jia Zhangkes "A Touch of Sin" zu, der mit dem Preis für das beste Drehbuch ausgezeichnet wurde und einen der Favoriten in dieser Kategorie, Asghar Farhadis "Le passé", ausstach. Zhangke erzählt in seinem auf echten Zeitungsmeldungen basierenden Episodendrama von vier Chinesen, die angesichts von Wirtschaftskrise und Korruption Amok laufen. Der Film erstaunte durch seine mutige Darstellung der Verhältnisse in China, was umso verwunderlicher ist, als ein künstlerischer Umgang mit gesellschafts-politischen Missständen von der chinesischen Zensur rigoros unterbunden wird.

Farhadi, dessen Meisterwerk "Nader und Simin - eine Trennung" vor zwei Jahren auf der Berlinale mit dem Goldenen Bären und wenige Monate später mit dem Oscar als bester fremdsprachiger Film ausgezeichnet wurde, ging jedoch nicht leer aus. Sein Drama bekam den Preis der Ökumenischen Jury, während Hauptdarstellerin Bérénice Bejo als beste Schauspielerin ausgezeichnet wurde. Zum bestem Darsteller wurde Bruce Dern gewählt. Der 76-Jährige verkörpert in Alexander Paynes Roadmovie "Nebraska" einen alkoholkranken Vater, der mit seinem Sohn nach Nebraska fährt, um dort einen vermeintlichen Lottogewinn abzuholen.

Der einzige deutsche Beitrag war dieses Jahr Katrin Gebbes "Tore tanzt", der allerdings nicht im Wettbewerb, sondern in der Sektion 'Un certain regard' aufgeführt wurde. In dieser Sparte gewann der kambodschanisch-französische Regisseur Rithy Panh mit "The Missing Picture", einem Dokumentarfilm über die Opfer der Roten Khmer.

Die Internationalen Filmfestspiele von Cannes gelten als das wichtigste Filmfestival der Welt. Sie finden seit 1946 statt. Seit 1955 wird die Goldene Palme als wichtigster Preis vergeben, seit 1959 der Große Preis der Jury. Zur diesjährigen neunköpfigen Jury gehörten neben dem Vorsitzenden Spielberg unter anderem die Schauspieler Nicole Kidman und Christoph Waltz sowie die Regisseure Ang Lee, Cristian Mungiu und Lynne Ramsay.
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2024