News: Hollywood Insider
Szene aus: Spirit - Der wilde Mustang
Hollywood Insider Nr. 31 - Neues aus der Traumfabrik
Musik ist Trumpf
Ein Stummfilm und Musical: Dieses nicht alltägliche Gemisch hört auf den Namen "Spirit - Der wilde Mustang", läuft diese Woche in den deutschen Kinos an und wird von Dreamworks-Mitbegründer Jeffrey Katzenberg ("Shrek") persönlich auf der ganzen Welt beworben. Der Hollywood-Insider war natürlich dabei.
07. Jul 2002: Jeffrey Katzenberg (51) ist ein genialer Strippenzieher, dessen Dreamworks-Trickfilmstudio zuletzt mit "Shrek" einen Monstererfolg gelandet hat. Der ehemalige Disney-Mann hat Kassenhits wie "Der König der Löwen" produziert - aber auch Flops à la "Der Weg nach El Dorado". Von Disney trennte er sich seinerzeit im Streit und gründete (auch mit Hilfe seiner vor Gericht erstrittenen Riesenabfindung) gemeinsam mit dem Plattenmogul David Geffen und der Hollywood-Legende Steven Spielberg den Unterhaltungskonzern Dreamworks SKG, der Kinofilme, Fernsehen und Musik verkauft.

"Zum Glück lag der Atlantik zwischen uns"
Katzenberg steht der Dreamworks-Trickfilmsparte vor und ist - verraten Zeichner hinter vorgehaltener Hand - der eigentliche Regisseur sämtlicher dort bisher entstandenen Filme. Eine Ausnahme war lediglich "Chicken Run - Hennen Rennen" - weil Nick Park und Peter Lord den Film in England produzierten. "Zum Glück lag der Atlantik zwischen uns", meinte Regisseur Lord damals erleichtert über die (finanziell sehr erfolgreiche) Zusammenarbeit - "Der Atlantik und acht Stunden Zeitverschiebung."

Ein stummes Pferd als Hauptfigur
Katzenbergs Arbeit ist mit der Fertigstellung eines Films noch nicht getan: Kurz vor dem Kinostart geht's mit dem Firmenjet auf Welttournee. Allein in Deutschland trat der 51-jährige Minimogul in den vergangenen zwölf Monaten dreimal vor die Presse, um für sein jeweils aktuelles Filmprojekt zu werben. Meist bringt er prominente Unterstützung mit. Für "Spirit - Der wilde Mustang" mussten die Sänger Bryan Adams ("Robin Hood") und Hartmut Engler ("Abenteuerland") sowie der Filmkomponist Hans Zimmer ("Gladiator") ran. Ganz klar: Musik ist Trumpf bei einem Film mit einem stummen Pferd als Hauptfigur.

Für Zimmer war die Rückkehr in die alte Heimat jedoch nicht erfreulich: Ein ostdeutscher Reporter stellte dem Maestro beim Interview die, wie er sagt, "wohl dümmste Frage", die ihm jemals untergekommen sei. Zimmers Rache war gar fürchterlich, und am Ende des Gesprächs war der besagte Journalist nur noch ein Häufchen Elend. Auch Bryan Adams, Kanadas erfolgreichster Rock-Pop-Export, erschien zumindest äußerlich lädiert zum Tête-à-tête mit der Journaille: die rechte Hand steckte im Gips verpackt. Nein, er sei nicht vom Pferd gefallen, sein Motorrad war's. Immerhin: "Der Bruch verheilt ganz ordentlich".

Bryan Adams: Bei Hollywood-Aufträgen gar nicht wählerisch
Ohne die Traumfabrik wäre der für über ein Dutzend Grammys nominierte Musiker wohl auch nur halb so erfolgreich wie bisher: Adams' Songs gelten als Markenzeichen von Filmen wie "Robin Hood" oder "Don Juan DeMarco". Ruft Hollywood, ist er deshalb auch gar besonders wählerisch. "Bisher habe ich eigentlich fast alle Aufträge angenommen", gibt er zu. Dass die Arbeit daran manchmal nicht ganz einfach ist, zeigt "Spirit - Der wilde Mustang". Adams war während der Produktion des Films auf Tour und schrieb von unterwegs die Songs, während Hans Zimmer in Los Angeles im Studio saß und komponierte. Ihre Ideen spielten sich die beiden übers Telefon auf die Anrufbeantworter.

Hartmut Engler von der Gruppe "Pur" wurde von Katzenberg persönlich für die deutsche "Spirit"-Fassung ausgewählt. "Er legt eben besonderen Wert auf Qualität", meint Engler selbstbewusst. Seltsam fand er jedoch die Geheimniskrämerei, die das Projekt von Anfang an umgeben habe: "Sie wollten alles möglichst geheim halten," erzählt Engler, "aber ich blieb hart und schließlich bekam ich per E-Mail zwei kurze Musikausschnitte in wahnsinnig schlechter Qualität zugeschickt." Viel hat er dabei nicht gehört, aber es reichte offenbar: "Die Melodien gefielen mir und ich unterschrieb den Vertrag. Den Film bekam ich erst zum letztmöglichen Termin zu sehen, unmittelbar vor den Studioaufnahmen. Bis dahin wusste ich nur, dass 'Spirit' die Geschichte eines Mustangs erzählt."

Mehr braucht man allerdings auch nicht zu wissen, um sich auf dieses kindgerechte Trickfilmabenteuer einzulassen. "Spirit" ist ein überwiegend traditionell gezeichnetes Stück Kinopoesie, das Emotionen nicht durch Sprache, sondern über die die Musik vermittelt.

Häme für "Bro'Sis" und "No Angels"
Engler, der mit der Gruppe "Pur" seit zwanzig Jahren sehr erfolgreich ist, hat für Retortenbands wie die "No Angels" oder "Bro'Sis" eine Portion Häme übrig. "Es stört mich schon ein bisschen, wenn deren Unfähigkeit auch noch belohnt wird", meint der Sänger wenig kollegial. "Andererseits sind diese Bands mit ihren Verträgen derart geknebelt, dass sie den Großteil ihres Einkommens an den Fernsehsender oder die Plattenfirma abtreten müssen. Nach etwa drei Jahren verlieren sie dann die Verträge, sind finanziell nicht unabhängig und bekommen psychische Störungen." Englers Fazit: "Für fünfzehn Minuten Ruhm zerstören diese Menschen ihr gesamtes Leben."
2024