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Filmkritik zu Fitzcarraldo - 04.02.2010 14:24

Fitzcarraldo (Klaus Kinski) hat einen Traum. Er will ein Opernhaus im Amazonas bauen und Caruso darin singen hören. Für diesen Wunsch ist er bereit, alles zu geben. Um sich finanziell abzusichern, plant er der Kautschukkönig des Dschungels zu werden. Dazu möchte er ein Gebiet erreichen, an dem sich zwei Flüsse fast berühren. Dort wächst der Kautschukbaum im Übermaß, dort erhofft sich Fitzcarraldo die Lösung seiner Probleme. Mit exzessivem Eifer stampft er das riskante Projekt aus dem Boden, kauft mit Hilfe seiner Freundin Molly (Claudia Cardinale) Land und renoviert ein Schiff, heuert die Crew an und fährt den Amazonas hinauf. Die anfängliche Ruhe trügt. Begleitet von Kriegsgeschrei der ansässigen Amazonasindianer setzt sich der Großteil der Crew entweder ab oder wird gefeuert. Fitzcarraldo antwortet der drohenden Gefahr mit Carusos Arien auf seinem Grammophon. Kurz darauf muss sich die Schiffsbesatzung der Belagerung durch Hunderte Indianer ergeben. Sie stellen sich als friedlich heraus, im Gegenteil, sie sehen im weißen Schiff die Erlösung von bösen Dschungelflüchen. Fitzcarraldo hat seine Arbeiter gefunden. Zusammen erreichen sie sein Ziel und machen sich sofort an die Rodung des Hügels, über den sie das Schiff in den benachbarten Fluß transportieren wollen. Dabei stirbt ein Indianer. Nach der erfolgreichen Übersetzung des Schiffes feiern alle den Erfolg. In der Nacht binden die Indianer das Schiff zur Vertreibung der Geister los. Ohne sich mit Kautschuk eingedeckt zu haben, merkt die Besatzung erst zu spät, dass es sich auf die verhängnisvolle Strömung zubewegt. Der Film strotzt vor eindrucksvollen Bildern. Eines zeigt das Schiff, als es sich auf den Weg in den Amazonas macht, und Fitzcarraldo seine Caruso-Oden abspielt. Ist das die Entjungferung der Wildnis durch die zivilisierte Welt? Wie ein Kolonialherr sieht Kinski in seiner Rolle aus: die strohigen, blonden Haare, die stechend blauen, besessenen Augen, der weiße Leinenanzug und der Hut. Der Film zelebriert zwar die schönen Künste, hier in Form der klassischen Oper, wirft aber auch Zweifel an ihrer Allgemeingültigkeit auf. Muss ein Amazonasindianer wirklich der westlichen Kulturwelt ausgesetzt werden? Atemberaubend auch die aufwendige Vorbereitung zur Bewegung des Schiffes auf die andere Seite des Bergs. Hunderte Indianer roden, schnitzen, tragen und ziehen. Die kollektive Leistung ist immens. Schließlich schenkt uns Herzog den Höhepunkt an Bildgewalt: das Schiff bewegt sich tatsächlich den Höhenzug herauf. Der anfangs belächelte Fitzcarraldo kann sich hier nach der ersten Etappe auf seinen Lorbeeren ausruhen. Und Herzog beschwört die Macht der Träume. „Fitzcarraldo“ ist vor allem wegen Klaus Kinski sehenswert. Selten erlebt man solche Spielfreudigkeit und -intelligenz. Seine Rolle nimmt viel Platz ein, so dass die anderen Parts naturgemäß etwas in den Hintergrund rücken. Spätestens wenn die Amazonasindianer ins Geschehen eingreifen, geht der Blick dann wieder in die herrlichen Naturaufnahmen und bleibt fasziniert an den Ureinwohnern kleben. Einer der letzten Kooperationen zwischen Werner Herzog und Klaus Kinski, man könnte meinen der Höhepunkt.


Filmkritik zu Night on Earth - 03.02.2010 14:56

Night on Earth ist ein Episodenfilm. Fünf Metropolen werden tief in der Nacht zum Schauplatz ungewöhnlicher Begegnungen. Dazu gehören Los Angeles, New York, Paris, Rom und Helsinki. Alle Episoden haben eines gemeinsam: das Taxi steht im Mittelpunkt und schafft den Raum, in dem die Protagonisten aus den unterschiedlichsten Milieus aufeinanderprallen. Sie wirken anfangs zwar misstrauisch, öffnen sich aber dann im Laufe des Gespräch. Victoria Snelling (Gena Rowlands) ist eine ausgefuchste Geschäftsfrau und steigt in Los Angeles zu Corky (Winona Ryder) ins Taxi. Corky ist eine junge Frau, die davon träumt, Automechanikerin zu werden. Sie spricht unverblümt und aufrichtig und beeindruckt mit ihrer Art Victoria, die auf der Suche nach neuen Schauspieltalenten ist. Am Ende der Fahrt will Victoria Corky von der Hollywoodkarriere überzeugen, doch Corky ist zu realistisch, zu geerdet, um sich von solchen Träumereien vereinnahmen zu lassen. Yoyo (Giancarlo Esposito) steht in Manhattan und wartet auf ein Taxi, das ihn nach Brooklyn bringen soll. Das ist eine schwierige Angelegenheit, weil sich nachts kein Taxifahrer freiwillig in den verrufenen Stadtteil wagt. Bis auf Helmut Grokenberger (Armin Mueller-Stahl). Der ostdeutsche Einwanderer schockiert Yoyo mit seinem miserablen Fahrstil, bleibt aber die einzige Chance, nach Hause zu kommen. Während der Fahrt entsteht eine Art deutsch-amerikanische Annäherung. Zwei Kulturen, zwei Sprachen tauschen sich kurz aus, um sich dann fast zärtlich voneinander zu trennen. Der Pariser Taxifahrer (Isaach De Bankolé) ist wütend. Soeben hat er zwei afrikanische Fahrgäste hinausgeworfen, die sich über sein Herkunftsland Elfenbeinküste lustig gemacht haben. In der Hoffnung, seinen Verlust wett zu machen, hält er neben der blinden Frau (Béatrice Dalle), die auf einer Verkehrsinsel wartet. Ihre Blindheit macht den Fahrer sicherer. Er geniesst es, nicht auf seine Hautfarbe reduziert werden zu können. Im Laufe des Gesprächs erweist sich die Dame jedoch als sensorische Meisterin, die sowohl seine Herkunft als auch seinen verheimlichten Umweg entlarvt. Der Taxifahrer entlässt sie am Ziel und bleibt ungläubig zurück. In Rom sind die Strassen wie leergefegt. Der Taxifahrer (Roberto Benigni) macht sich Laune und improvisiert witzige Dialoge. Seine Themen drehen sich um eine Sache: Sex. Als ihn ein Priester (Paolo Bonacelli) herüberwinkt, versucht er erst, sich zu verstecken. Voller Ehrfurcht lässt er ihn dann einsteigen und bietet sich gleich zur Lebensbeichte an. Von ersten sexuellen Erfahrungen mit Kürbissen und Schafen, der Romanze mit seiner Schwägerin darf der Priester erfahren. Der Fahrer redet sich fast in schwärmerische Ekstase und bemerkt zu spät, dass sein Gast einen Herzstillstand erleidet. Verängstigt und entmutigt setzt er die Leiche auf einer verlassenen Parkbank aus. Mika (Matti Pellonpää) fährt Nachtschicht in Helsinki. Drei stark angetrunkene Arbeitskollegen bestellen ein Taxi. Mika macht sich auf den Weg. Einer der Freunde wurde gerade entlassen und liegt die ganze Fahrt über bewusstlos im Auto. Seine zwei Begleiter betrauern seine Situation. Sie scheinen sich gar damit übertrumpfen zu wollen, wer die schwermütigste Geschichte zu bieten hat. Mika steigt ins Gespräch ein und erzählt den Insassen seine persönliche Familiengeschichte. Kurz nach der Geburt seines Sohnes musste er erfahren, dass dieser unheilbar krank sei. Seine tiefe Trauer kommt in der zwiespältigen Frage zum Vorschein: Soll ich meinen Sohn lieben, obwohl er bald sterben wird oder schone ich mich lieber, indem ich nicht damit anfange, ihn zu lieben? Zu Tränen gerührt verlassen die drei Fahrgäste am Zielort das Taxi und bekunden Mika ihren Respekt. Night on Earth gehört sicher zu den besseren Werken Jim Jarmuschs. Die Dialoge sind unaufgeregt und nicht überladen. Man ist Jarmusch dankbar für seinen Verzicht auf klischeehaftes Hollywoodgeplapper und Plastikglamour. Die Protagonisten sind wie aus dem Leben gegriffen, fast alle besitzen liebenswerte Eigenheiten und Marotten, so dass es eine Freude ist, ihren Dialogen zuzuhören und ihnen zuzusehen. Zu den eher melancholischen Kerninhalten gesellt sich meist eine beschwingt-leichtfüßige Abhandlung, was dem Film eine bittersüße Note verleiht. Schön, wenn man auch dann lachen kann, wenn es traurig ist. Eine Stärke des Films sind die großartigen Schauspieler, mit der Jarmusch die Rollen besetzt hat. Besonders Armin Mueller-Stahl sticht hier in seiner Rolle als ostdeutscher Immigrant heraus. Wie rührend er den verträumt-naiven Clown im urbanen Brooklyn mimt ist unvergesslich. Die Nachtaufnahmen der fünf Großstädte sind ebenfalls sehenswert. Interessant auch die architektonische Gegenüberstellung der fünf Metropolen. Night on Earth ist ein langsamer Film mit längeren Einstellungen, was dem Film nicht die Spannung nimmt. Jede einzelne Episode ist absolut sehenswert.

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