Film Revue
Hilde Krahl
Charakterdarstellerin Hilde Krahl
Retro Feature: Spröde Wiener Schönheit
Hilde Krahl wird am 10. Januar 1917 als Hildegard Kolacný in Brod an der Save (Kroatien) geboren. Vater Alois Kolacný ist ein Wiener Eisenbahningenieur, Mutter Paula (geb. Kolb) Kroatin mit schwäbischen Vorfahren. Sie wächst in Wien auf. Nach dem Abitur 1935 beginnt Hilde in der Klavierklasse der Musikakademie ihr Studium, wechselt aber bald zur Schauspielschule Lambert-Offer, die sie 1936 erfolgreich abschließt. Noch im selben Jahr beginnt Krahls lange Schauspielkarriere in Theater, Kino und Fernsehen.
erschienen am 2. 06. 2021
Der Stern
Hilde Krahl als Barsängerin
Triumph mit klassischen Rollen
Im politisch aktiven Kabarett Literatur am Naschmarkt gibt sie ihr Bühnendebüt und erregt mit einer Parodie auf die populäre Schauspielerin Paula Wessely Aufmerksamkeit. Dem Theater wird Hilde Krahl ihr Leben lang treu bleiben. Nach ihrem erfolgreichen Einstand folgen Auftritte im Wiener Raimund-Theater und der Skala. Von dort wird sie von Ernst Lothar Jahr an das Theater in der Josefstadt geholt, dessen Ensemble sie von 1936 bis 1966 angehört. Zwischen 1938 und 1944 wird sie auch ans Deutsche Theater in Berlin berufen. Rasch avanciert die Schauspielerin mit klassischen Rollen wie die Klara aus Friedrich Hebbels "Maria Magdalena", der Luise in Friedrich Schillers "Kabale und Liebe" oder mit Hauptrollen wie in Henrik Ibsens naturalistischem Drama "Nora" zu einer gefeierten Charakterdarstellerin.
Filmrevue
Kein Mann kann den Verführungskünsten von Hilde Krahl widerstehen.
Erste Filmrollen
Parallel zum Bühnendebüt 1936 spielt Hilde Krahl ihre erste Filmrolle in "Die Puppenfee". Mit "Mädchenpensionat", ihrem zweiten Kinofilm, erregt sie die Aufmerksamkeit von Publikum und Regisseur Willi Forst. Von ihm erhält sie in "Serenade" eine größere Rolle. Als Malerin und Frau eines um Jahre älteren Musikers wird ihr ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen und Gespür für die differenzierte psychologische Situation in dieser Künstlerehe abverlangt. Hilde Krahl meistert ihre erste große Herausforderung beim Film mit Bravour. Die Kritiker feiern sie als Entdeckung und seriöse Schauspielerin. Auf einen bestimmten Rollentypus lässt sich Krahl nicht festlegen, sondern verkörpert vom schlichten Mädchen bis zur erfolgreichen Dame der gehobenen Gesellschaft die unterschiedlichsten Frauengestalten. Sie beweist, dass sie auch das heiter-komische Fach beherrscht wie dramatische Rollen.
Filmrevue
Hilde Krahl als kühle Skandinavierin
Unterhaltung oder Propaganda?
Die Zeit des Nationalsozialismus übersteht Hilde Krahl unbeschadet, im Gegensatz zu so manchen Kollegen, die der politischen Vereinnahmung durch Joseph Goebbels' Filmpolitik erliegen. Sie bleibt unpolitisch und findet in reinen Unterhaltungsfilmen künstlerischen Unterschlupf. Krahl spielt vor allem Komödien und Liebesromanzen und arbeitet vornehmlich mit Regisseuren zusammen, die sich der künstlerischen Strategie verschrieben, harmlose Unterhaltungsfilme zu drehen. Bekannt ist in diesem Zusammenhang eine Äußerung von Krahls Entdecker Willi Forst gegenüber Curd Jürgens: 'Curd, mach nur keinen Film, in der eine politische Situation zu zeigen ist. Du wirst eines Tages eine Antwort geben müssen'. Diese Aussage lässt sich durchaus auch auf Krahl beziehen. Sich für ihre Arbeit während der Zeit des Nationalsozialismus musste sich die Schauspielerin niemals rechtfertigen. Zu Ihren erfolgreichsten Produktionen in dieser Zeit gehören neben der Puschkin-Verfilmung "Der Postmeister" Helmut Käutners "Anuschka". In Harald Brauns "Träumerei" verkörpert sie auf beeindruckende Weise die starke, gegen die geistige Umnachtung ihres Mannes Robert Schumann ankämpfende Pianistin Clara Schumann.
Filmrevue
Hilde Krahl zieht alle Register der Verführungskunst.
Regisseur und Mann Wolfgang Liebeneiner
Mit Wolfgang Liebeneiner findet die Schauspielerin einen Regisseur, mit dem sie eine äußerst fruchtbare künstlerische Verbindung eingehen wird. Nach zwei gemeinsamen Filmen ("Das andere Ich" und "Großstadtmelodie") heiratet Krahl den Regisseur. Ihre 1945 geborene Tochter Johanna Liebeneiner wird gleichfalls Schauspielerin. Zu den besten Arbeiten von Krahl und Liebeneiner gehört "Liebe '47", eine Adaption des Hörspiel "Draußen vor der Tür" von Wolfgang Borchert. Für Krahl selbst ist der Trümmerfilm ihre beste Arbeit.

Auch nach Kriegsende bleibt Hilde der Bühne treu und spielt das ganze Spektrum - von klassischen bis modernen Rollen. Ihre Auftritte in Jean-Paul Sartres "Die ehrbare Dirne", Bertolt Brechts "Mutter Courage und ihre Kinder", W. Somerset Maughams "Lady Frederick", Voltaires "Candide" und Franz Grillparzers "Libussa" zeugen von der Vielfalt ihrer Gestaltungsmöglichkeiten.
Der Stern
Hilde Krahl
Neues Arbeitsfeld
In den 1950er Jahren weitet Hilde Krahl ihr Arbeitsfeld weiter aus. Ohne ihre Kino- und Theaterarbeit zu vernachlässigen, übernimmt sie seit 1954 Aufgaben für das junge Medium Fernsehen. Unter der Liste der zahlreichen TV-Produktionen ragen unter andrem die Bertolt Brecht-Verfilmung "Schweyk im zweiten Weltkrieg" und "Der Schlaf der Gerechten" nach Albrecht Goes' Novelle "Das Brandopfer". Darüber hinaus wirkt sie auch in publikumswirksamen Fernseh-Serien wie "Derrick" und "Die liebe Familie" mit. Hilde Krahl stirbt am 28. Juni 1999 im Alter von 82 Jahren in Wien, ihren Körper vermacht sie der Wissenschaft.
erschienen am 2. Juni 2021
Zum Thema
Hilde Krahl, Tochter einer Kroatin und eines Wieners, spielte zunächst in Wien und Berlin Theater, ehe sie in den 1930er Jahren für den Film entdeckt wurde. Der Durchbruch gelang ihr 1940 in "Der Postmeister", einer Adaption nach einem Roman Alexander Puschkins. Krahl wird im Laufe ihrer Karriere mehrfach ausgezeichnet unter anderem für das Nachkriegsdrama "Liebe '47" beim Internationalen Filmfestival von Locarno 1949. Nach ihrem Tod 1999 überließ die Schauspielerin ihren Körper der..
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