Jean-François Martin/Ricore Text
Ben Kingsley auf der Berlinale 2008
Berühmt über Nacht: Ben Kingsley
Starfeature: Ungehörtes Kind wird zum Ritter
Er hätte eigentlich Popstar werden können, entschied sich aber dann für die Schauspielerei. Eine weise Entscheidung, wie sich herausgestellt hat. Sir Ben Kingsley ist heute ein sehr anerkannter und erfolgreicher Schauspieler. Er spielt von Mahatma Gandhiüber Lenin bis zu Moses, vom liebenden Ehemann bis zum psychopathischen Killer alles, was ihm behagt. Auch privat ist Kingsley vielseitig engagiert. Er hilft werdenden Müttern und Babys, ist selbst Vater und noch dazu ein echter Ritter.
erschienen am 7. 06. 2008
Jean-François Martin/Ricore Text
Ben Kingsley und Penélope Cruz auf der Berlinale 2008
Ben Kingsley wird Sylvester 1943 im englischen Snaiton als Krishna Bhanji geboren. Er ist Sohn eines indischen Arztes und einer jüdisch-russischen Schauspielerin. Das lehrt ihn früh, was es heißt, einer Minderheit anzugehören. "Immer wieder bekamen meine Geschwister und ich in der Schule zu spüren, dass wir die dunkelsten Kinder waren, die sie je in ihrem Leben gesehen haben, " erinnert sich der heutige Star. Dass ihm die Schauspielerei Spaß macht, entdeckt der Junge mit 16 Jahren auf einer Geburtstagsfeier, wo er mit einem Freund einen spontanen Sketch vorführt: "Ich sah hoch und die ganze Party war am Lachen und applaudierte. Wir fanden das beide enorm beflügelnd. Das war der erste Fingerzeig darauf, was ich wirklich machen wollte."
Andrea Niederfriniger/Ricore Text
Ben Kingsley
So spielt der Jugendliche fortan bei einem Laientheater in Manchester mit. Zwar besucht er noch Vorbereitungskurse für das Medizinstudium, aber mit 19 tritt er endgültig in die Fußstapfen seiner Mutter: Er schließt sich einer reisenden Theatergruppe an und ändert seinen Namen in Ben Kingsley. Den Anstoß dazu gibt ihm sein Vater, der ihm sagt, dass man nur mit einem englischen Namen Filmstar werden könne. Mit 22 versucht Kingsley die Aufnahme an die renommierte Schauspielschule RADA, wird jedoch abgewiesen. Doch der junge Mann gibt nicht auf. Er spielt noch einmal zwei Jahre lang in einem Provinztheater und gibt schließlich sein Bühnendebüt in London. Zu dieser Zeit beschäftigt er sich sehr mit Musik. Er schreibt Lieder für eine Radioshow und lernt die Beatles und deren legendären Manager Brian Epstein kennen. Dieser bietet ihm nach einem Vorsingen sofort einen Plattenvertrag an. Kingsley ist auf dem besten Wege, ein Popstar zu werden.
Andrea Niederfriniger/Ricore Text
Ben Kingsley zum Scherzen aufgelegt
Nicht nur Epstein ist an Kingsley interessiert. Auch die Royal Shakespeare Company bekundet Interesse an dem jungen Talent und bietet ihm einen Platz in der renommierten Gruppe an. Für Kingsley ist alles ganz klar: "Die Chance, als junger Schauspieler Mitglied der berühmtesten Theatergruppe der Welt zu werden, war für mich verlockender als die Aussicht auf eine mittelmäßige Popkarriere." So spielt Kingsley in den folgenden Jahren vom "Sommernachtstraum" bis hin zum "Maß für Maß" alles, was William Shakespeare zu bieten hat. Berühmt macht ihn das nicht.
Berühmt wird Kingsley quasi über Nacht. Als 37-Jähriger bekommt er die Rolle des Gandhi in Sir Richard Attenboroughs gleichnamigem Werk. Mit seiner Verkörperung des pazifistischen Politikers spielt er sich in die Herzen von Millionen Zuschauer. Seine überzeugende Leistung wird prompt mit einem Oscar belohnt, Kingsley steigt zum Hollywoodstar auf. Zwar hatte er bereits in der Fernseh-Serie "Coronation Street" 1963 sein Debüt vor der Kamera und in "Angst ist der Schlüssel" 1972 sein Leinwanddebüt gegeben. Aber erst mit Gandhi kann er sich aber als Filmschauspieler etablieren, was ihn nicht nur positiv dünkt: "Die Menschen denken, dass es abfärbt, wenn man Gandhi spielt. Sie sind überzeugt, dass ich mich spirituell weiterentwickelt habe, als ich den Film gedreht habe. Das habe ich nicht. Ich arbeitete mir die Hände wund, lernte meine Linien, verlor eine Menge an Gewicht und erarbeitete das wohl exzentrischste Set von Eigenheiten, das je auf der Leinwand zu sehen war. Ich hatte überhaupt keine Zeit, um mich spirituell weiterzuentwickeln." Dass er aber trotzdem ein gutes Herz hat, beweist Kingsley ab 1981, als das Hilfswerk Baby Lifeline gegründet wird. Dieses hilft werdenden Müttern und Babys, rüstet Krankenhäuser mit wichtigen Instrumenten und Geräten aus. Kingsley ist heute Leiter der Stiftung. Dass er sich für Kinder einsetzt, kommt nicht von ungefähr. Er selbst ist Vater von vier Kindern.
polyband
Sir Ben Kingsley mit Regisseur Richard Trank
Nach 1988 erscheint Kingsley vermehrt in Hollywoodfilmen. Wie am Theater spielt er auch hier sowohl gute als auch böse Figuren mit dem gleichem Engagement. Was fast alle seine Rollen gemeinsam haben, ist eine gewisse Schwermütigkeit. "Ich bin nun mal auf tragische Figuren abonniert. Diese Rollen verfolgen mich bis in den Schlaf und sind auf Dauer sehr anstrengend", meint Kingsley dazu. Dass er dennoch stets schwierige Rollen annimmt, erklärt er so: "Ich interessiere mich für Personen, zu denen ich entweder eine enge Seelenverwandtschaft spüre oder die extrem fremd sind, dazwischen gibt es nichts."

Für seine enorme Vielseitigkeit und sein Engagement für den europäischen Film - Kingsley ist unter anderem Gründungsmitglied der European Film Academy - wurde er 2001 von Königin Elisabeth II. zum Ritter geschlagen. Seitdem darf er sich "Sir" nennen. Eine Ehre, die er sich als kleiner Krishna wohl nicht vorstellen hätte können: "Als ein Kind wurde ich weder gesehen, noch gehört. Ich wurde nicht ernst genommen. Alles, was ich versuchte zu sagen, wurde unterbrochen, schlecht gemacht oder verdreht." Deshalb erstaunt auch seine Antwort auf die Frage nach seinem Antrieb für die Schauspielerei nicht: "Ich mache das, um gesehen und gehört zu werden."
erschienen am 7. Juni 2008
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Sein Theater-Debüt feierte Ben Kingsley als Sänger in "A Smashing Day" von den Produzenten der Beatles im Jahr 1966. Obwohl er danach ein Musikangebot bekommt, und John Lennon und Ringo Star ihn zu einer Musikkarriere überreden wollen, fällt seine Berufswahl auf die Schauspielerei. Für seine Rolle in "Gandhi" erhält Ben Kingsley 1983 schließlich einen Oscar und wird damit weltweit berühmt. Kingsley ist bekannt für seine Wandlungsfähigkeit und die Darstellung unterschiedlicher..
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