Constantin Film
Der Baader Meinhof Komplex
Moritz Bleibtreu kein Method Actor!
Starfeature: Spiel ist Spiel...
1997 macht die Rolle des strunzdummen Gangsters Abdul in Thomas Jahns Komödie "Knockin' on Heaven's Door" Moritz Bleibtreu bekannt. "Soll ich Dir Dein Hirn pusten?" wird unter Fans zum Kult. Zwei Jahre später rennt Lola (Franka Potente) um das Leben ihres von Bleibtreu gespielten Freundes, das Drama von Tom Tykwer findet auch beim internationalen Publikum Anklang. Moritz dreht mit Fatih Akin, Oliver Hirschbiegel und Helmut Dietl und erhält schließlich einen Anruf von Steven Spielberg - eine Adelung für den jungen deutschen Schauspieler, der es privat lieber ruhig angehen lässt.
erschienen am 20. 09. 2008
Turbulente Jugend in vier Ländern
Moritz erblickt am Freitag, dem 13. August 1971, in München das Licht der Welt. Die stolzen Eltern sind die Schauspieler Monica Bleibtreu und Hans Brenner, die das gemeinsame Kind aber nicht zusammenschweißt. Als Moritz zwei Jahre alt ist verlässt der Vater die Familie, die Mutter zieht mit dem Nachwuchs nach Hamburg. Dort steht er schon mit sechs Jahren zum ersten Mal vor einer Kamera, und zwar in der Fernsehserie "Neues aus Uhlenbusch", für die Mama Bleibtreu mit Rainer Boldt die Drehbücher schreibt. Die Liebe zur Schauspielerei ist schon in jungen Jahren da, mit 17 schmeißt Moritz die Schule und geht als Au-Pair nach Paris. Ein Jahr hält es ihn in der Stadt der Liebe, die er zwei Jahre später jedoch in New York findet. Dort nimmt er Schauspielunterricht. Wie für viele junge Schauspieler ist die Lee Strasberg-Schule sein erster Anlaufpunkt. Doch die großen Erwartungen werden bald enttäuscht. Der Hamburger kann mit Strasbergs Philosophie des Method Acting nichts anfangen und sucht sich Lehrer, die ihn privat unterrichten. Er sagt: "Spiel ist Spiel, und Leben ist Leben. Ich glaube nicht, dass ich mir aufs Maul hauen lassen muss, um zu wissen wie es ist, aus der Nase zu bluten. Dafür bin ich ja ein Schauspieler." Er verliebt sich und kehrt New York den Rücken. Seine Freundin ist Italienerin, ein Jahr pendelt er mit ihr zwischen Rom und Venedig hin- und her und nimmt ohne großes Engagement weiter Schauspielunterricht.
Ausgetobt zurück in die Heimat
Mit 21 hat er genug von der Welt gesehen um wieder in seine Hamburger Heimatstadt zurückzukehren. Dort spielt er zunächst am Schauspielhaus und dem Thalia Theater bevor er kleinere Rollen in Fernsehfilmen und -serien annimmt. 1995 besetzt Rainer Kaufmann den 24-Jährigen für die Kinokomödie "Stadtgespräch". Darin spielt Moritz den dümmlichen aber liebenswerten Liebhaber von Kai Wiesinger. Nun scheint er in eine Schublade zu rutschen, das Image des Dummies haftet ihm an. Seine Nebenrolle als schlecht deutsch sprechender, idiotischer Möchtegern-Gangster in "Knockin' on Heaven's Door" beschert dem Filme einige großartige Lacher und Moritz den Ernst Lubitsch-Preis. In Tom Tykwers "Lola rennt" ist er wieder nicht der Hellste. Als Drogengeld-Kurier Manni lässt er eine Tüte mit der Kohle des Bosses in der U-Bahn liegen und hat gerade 20 Minuten Zeit um die verlorenen 100.000 Mark wieder aufzutreiben. Auf Basis dieser Ausgangssituation wird die Geschichte in drei Varianten erzählt. Das für deutsche Filme revolutionär schnell geschnittene Drama ist nicht nur in Deutschland ein Blockbuster, auch in den USA läuft Lola mit großer Ausdauer. Dort hat es einen so guten Ruf, dass die Macher der Cartoon-Serie "Die Simpsons" eine Folge im "Lola rennt"-Stil drehen.
Heike Maleschka/Ricore Text
Moritz Bleibtreu auf der Berlinale
Imagewechsel geglückt
Jetzt will Moritz weg von seinem Dummchen-Image. Die Chance dafür bietet sich ihm in Oliver Hirschbiegels Kinodebüt "Das Experiment". Der Psycho-Thriller zeigt auf, wie schnell sich scheinbar harmlose Menschen durch eine ihnen verliehene Macht verändern, alle moralischen Prinzipien über Bord werfen und selbst vor Gewalt und Mord nicht zurückschrecken. Der Film, der in Grundzügen auf einer wahren Begebenheit beruht, wird von den Kritikern nicht goutiert, findet aber dennoch den Zuspruch eines internationalen Publikums. Mit seinem Kumpel Fatih Akin dreht Moritz mit der Komödie "Im Juli" und dem Migrantendrama "Solino" gleich zwei Filme, ebenso wie mit Oskar Roehler. Sowohl in "Agnes und seine Brüder" als auch in "Elementarteilchen" zeigt sich der schüchterne Hamburger als Sexbesessener. Viel romantischer geht es hingegen in Helmut Dietls "Vom Suchen und Finden der Liebe" zu. Als Muster dient die antike Orpheus-Sage, die der Regisseur satirisch in die Gegenwart versetzt. Während der Dreharbeiten bekommt Moritz einen Anruf eines der größten Regisseure der Gegenwart. "Es war wie in einem schlechten Film: Ich habe gerade mit Helmut Dietl in Griechenland gedreht, da klingelte das Telefon und es hieß: Du musst morgen nach Paris, Steven Spielberg will dich treffen. Das sind die Momente, die man seinen Enkeln erzählt." Der große Spielberg engagiert Bleibtreu für "München", einen Agentenfilm, der sich mit der Rache des israelischen Mossad an den palästinensischen Attentätern der Olympischen Spiele 1972 beschäftigt.
Senator Film Verleih
Das Experiment
Was kommt nach Spielberg?
2008 arbeitet Moritz wieder mit Fatih Akin zusammen, der beim Drama "Chiko" aber nicht Regie führt, sondern als Produzent agiert. Bleibtreu spielt den Hamburger Zuhälter und Drogenboss Brownie, der vor Mord nicht zurückschreckt aber zuhause den liebevollen Familienvater gibt. Eine Rolle ganz nach dem Geschmack Bleibtreus, der Gangsterfilme über alles liebt. "Mein absolutes Lieblingsgenre! Ich bin mit den 1970er-Jahre Gangsterfilmen groß geworden, Scorsese, Coppola und De Palma sind schon immer meine großen Vorbilder gewesen." Im selben Jahr zieht der Hamburger noch einmal mordend durch die Gegend, dieses Mal aber in einem weit größeren Ausmaß. Produzent Bernd Eichinger besetzt Bleibtreu als RAF-Anführer Andreas Baader in "Der Baader-Meinhof Komplex". Bei all der beruflichen Action ist es kein Wunder, dass es Moritz privat eher ruhig mag. In seiner freien Zeit steht er am liebsten am Herd. Er sagt, Kochen sei für ihn wie eine Therapie. Zudem schafft er es, sein Privatleben trotz des Hypes um seine Person aus der Öffentlichkeit fern zu halten. Schade eigentlich, denn ein bisschen mehr möchte man doch noch wissen von dem 1,73 kleinen Schauspieler mit den schönen braunen Augen.
erschienen am 20. September 2008
Zum Thema
Er ist einer der angesehensten deutschen Filmschauspieler. Mitverantwortlich dafür ist sicherlich seine großartige Wandlungsfähigkeit. Er kann mit seinen großen braunen Augen sowohl die großen Romantiker geben, so in "Vom Suchen und Finden der Liebe", in komische Rollen überzeugen ("Lammbock") aber auch - wie in Oskar Roehlers "Agnes und seine Brüder" - sperrige Charaktere verkörpern. Bleibtreu, der aus einer Schauspielerfamilie stammt, wählt seine Rollen nach künstlerischem Anspruch der..
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