Sony Pictures
Arnold Schwarzenegger auf der Premiere von Terminator 3 - Rebellion der Maschinen
Die Wege des Arnold Schwarzenegger
Starfeature: Körperkult, Kino, Politik
Mit kaum dreißig ist er der erfolgreichste Bodybuilder aller Zeiten, wenig später bricht er Kassenrekorde im Kino, wird zeitweise zum bestbezahlten Schauspieler. Danach verlegt er sich auf die Politik und wird Gouverneur von Kalifornien. Diese Eckpunkte in der Laufbahn Arnold Schwarzeneggers dürften allgemein bekannt sein. Andere Facetten seines Lebens bleiben vor diesem Hintergrund oft unberücksichtigt. Wer denkt schon, dass der spätere Action-Held in mehreren anspruchsvollen New-Hollywood-Produktionen mitwirkte und vor den eher bescheidenen Actioneinsätzen mit einem Golden Globe als bester Newcomer ausgezeichnet wurde? Deshalb hier das Porträt einer erstaunlichen Karriere.
erschienen am 11. 07. 2010
Sony Pictures
Arnold Schwarzenegger in: Terminator 3 - Rebellion der Maschinen
Große Träume, ehrgeizige Ziele
Man stelle sich vor, Arnold Schwarzenegger wäre damals als kleiner Junge im Dorf Thal bei Graz nicht auf die amerikanischen Kraftprotzzeitungen gestoßen. Er wäre nicht fasziniert von den Muskelbergen gewesen, die ihn aus den Blättern entgegen strahlten. Er hätte nicht seine eigene Zukunft in die Bilder projiziert und wäre später nicht mit ungeheurem Ehrgeiz zu Werke gegangen, um seinen Vorbildern nachzueifern.

Der Welt wäre eine der erstaunlichsten Karrieren der modernen Popkultur entgangen: Ein Bodybuilder, der alles erreicht, was man als Hantel stemmender Muskelmann erreichen kann. Ein Immobilienmakler, der mit jungen Jahren schon ein Millionen-Vermögen erwirtschaftet. Ein Schauspieler, der den Status eines Megastars erreicht. Schließlich ein Politiker, der wegen unliebsamer politischer Entscheidungen bei den einen höchst umstritten ist, bei den anderen seiner Kompetenz wegen durchaus respektiert wird.
Sony Pictures
Arnold Schwarzenegger und Kristanna Loken auf der Premiere von Terminator 3 - Rebellion der Maschinen
Der amerikanische Traum
Schwarzenegger will hoch hinaus, die Grenzen des Machbaren interessieren ihn nicht. Inzwischen gehört es in jedem Englischunterricht mit dem Thema American Dream zum Standard, die Biographie des Österreichers zu behandeln und ihn als Beispiel für das Erreichbare im Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu nennen. Natürlich bleibt an dieser Stelle die Frage nach dem Hintergrund dieses Erfolges.

Sicher mag Schwarzeneggers Ehrgeiz dazu beigetragen haben, als Bodybuilder erreicht er früh seinen Zenit, erlangt Kultstatus, noch bevor er dreißig ist. Als Zwanzigjähriger wird er zum jüngsten Mister Universum aller Zeiten und verteidigt diesen Titel vier Jahre lang. Zudem ist er siebenfacher Mr. Olympia. Das macht Schwarzenegger zum erfolgreichsten Bodybuilder seiner Zeit und sichert ihm die Aufnahme in die Hall of Fame der IFBB (International Federation of Bodybuilding & Fitness).
Sony Pictures
Arnold Schwarzenegger in: Terminator 3 - Rebellion der Maschinen
Erste Schritte beim Film
Das alles reicht der österreichischen Eiche nicht. Ganz nach dem olympischen Motto höher, schneller, weiter, nimmt Mr. Olympia neue Ziele in Angriff. Noch während seiner Sportlerzeit studiert Schwarzenegger Wirtschaftslehre, wird Immobilienmakler und setzt nebenbei seine Filmkarriere in Gang. 1970 debütiert er als Arnold Strong in dem minderwertigen Machwerk "Herkules in New York" und scheitert in jeder Hinsicht. Doch die Hartnäckigkeit des erfolgsverwöhnten Österreichers lässt ihn an seinem Vorhaben festhalten.

Drei Jahre später sieht man ihn wieder auf der Leinwand. Die Rolle ist wesentlich kleiner, der Film dafür umso anspruchsvoller. Kein geringerer als Robert Altman verpflichtet ihn für einen kleinen Part in seinem Neo-Noir-Meisterwerk "Der Tod kennt keine Wiederkehr". Mit einer Nebenrolle in "Mister Universum" (1976) von Bob Rafelson steht Schwarzenegger bald wieder unter der Regie eines Vertreters des New Hollywoods vor der Kamera. Die Welt wird auf den Muskelmann, Kritiker auf den Schauspieler aufmerksam und belohnen seinen Auftritt mit einem Golden Globe als bester Newcomer. Maßgeblich für die Schauspielkarriere des Österreichers sollte auch die Dokumentation "Pumping Iron" (1977) werden, die einen Blick hinter die Kulissen des Kraftsports wirft.
Constantin Film
Conan der Barbar
"Bildhauerei am eigenen Leib"
Nimmt man diese ersten Kinoauftritte Schwarzeneggers näher in Augenschein, bekommt man weitere Erklärungen für das Phänomen Schwarzenegger. Der Mann war - so abgedroschen diese Redewendung auch klingen mag - zur rechten Zeit am rechten Ort. Er gefiel dem Zeitgeist und das brachte den immensen Erfolg. In "Pumping Iron" gibt der breit in die Kamera grinsende Schwarzenegger den Dokumentarfilmern hellsichtig zu Protokoll, dass der menschliche Körper "wie eine Skulptur" und das Bodybuilding nichts anderes als "Bildhauerei am eigenen Leib" sei. Ob dieses Ziel auch mit Hormonen Stereoiden oder anderen chemischen Präperaten erreicht wird, interessiert in diesen Jahren keinen. Auf überzeugende Weise hat der Kunstwissenschaftler Jörg Scheller in seinem Zeit-Artikel vom 23.02.2008 nachgewiesen, dass diese "Bildhauermetapher" der eigentliche Grund für den Erfolg Schwarzeneggers sei. Weder die Rolle des barbarischen und brachialen Conan, noch die des maschinenhaften Terminators erklären das Phänomen Schwarzenegger, sondern die "Ausrufung seiner selbst als einer Art postmodernen Plastik" (Scheller).

Das Publikum erkennt in der Dokumentation mehr als eine Kraftsportikone mit angeschwollenen Muskeln. Sie sah in Schwarzenegger die Verwirklichung des menschlichen Körperideals, ganz wie es spätestens seit der Renaissance in der bildenden Kunst idealisiert wurde. Es ging um Ästhetik und - auf einer höheren Ebene - um die "Formung von Leben" (Scheller).
Sony Pictures
Arnold Schwarzenegger in "Collateral Damage"
Kultur der Körperästhetik
Damit trifft Schwarzenegger den Nerv der Zeit. Obwohl er ein Vertreter der Popkultur ist, korrespondiert sein Ästhetik-Bild mit zeitgenössischen künstlerischen Strömungen. Die Künstler der sechziger und siebziger Jahre integrieren den Körper mehr und mehr in ihren Kunstwerken. Body-Art und Performance-Kunst sind auf dem Vormarsch, die Kunst wandelt sich zunehmend von der Kunst des Objekts zur Kunst des Subjekts.

Zudem gewinnt der Eigenwert des künstlerischen Mediums an Gewicht. Der Film bleibt davon nicht unberührt Die Ästhetik der Kameraführung, der Farbgebung oder der Dialoge werden nicht mehr nur in ihrer narrativen Funktion wahrgenommen, sondern bekommen einen Eigenwert. Diesen körperlichen Aspekt der Kunstfigur Schwarzenegger erkennen wohl auch die ästhetisch sensibilisierten Filmemacher Robert Altman und Bob Rafelson, als sie diesen für ihre anspruchsvollen Filmprojekte besetzen.
Capelight Pictures
Conan der Zerstörer ("Conan the Destroyer", 1984)
Held unserer Zeit
Schwarzenegger erkennt dies intuitiv, und so ist es bezeichnend, dass seine ersten Rollen die des muskelbepackten Helden sind, der seine Taten nicht mit vielen Worten schmückt. In "Conan der Barbar" (1982), der Fortsetzung "Conan der Zerstörer" (1984) oder "Red Sonja" (1985) ist er kaum mehr als kämpfender und jeden Gegner besiegender Körper, der in seiner stählernen Nacktheit ausgestellt wird. Das liegt allerdings auch daran, dass er zu dieser Zeit nur rudimentär englisch spricht, was für Hohn und Spott in der Berichterstattung sorgt.

Weit vordergrüngiger lag die Faszinationskraft dieses Kinos auch am reinen Aktionismus. Schwarzenegger bedient mit seinem Körper-Kino das Bedürfnis der Zuschauer, im Kino Probleme mit reiner Körperkraft zu überwinden, die Unordnung und Bedrohung von Lebenswelten ausbügeln zu sehen. Es ist die Geburtsstunde des Action-Kinos, das das uralte Prinzip des Heldenkinos um das Körper-Element bereichert. Da ist es kein Zufall, dass überwiegend männliche Jugendliche das Genre für sich entdecken und zur Projektion nutzen.
StudioCanal Germany
Red Heat - uncut
Zerstörung des Körpers
Kaum am Höhepunkt des Ruhms angelangt, beginnt Schwarzenegger, seinen kurz zuvor erarbeiteten Körpermythos auseinanderzunehmen. Es spricht für ihn, dass er sich früher als seine Kollegen Sylvester Stallone, Jean-Claude van Damme oder Dolph Lundgren in seinen Filmen gegen seinen Körper wendet und ihn auf kompromisslose Weise zerstören lässt. In James Camerons bahnbrechendem Science-Fiction-Actioner "Der Terminator" (1984) wird sein maschineller Körper Stück für Stück zerlegt, bis von ihm kaum mehr übrig bleibt als eine eiserne Hand.

In "Terminator 2 - Tag der Abrechnung" (1990) besiegt er zwar das weit überlegene Roboter-Modell T1000, um sich für die gute Sache doch noch in glühend heißem Stahl einschmelzen zu lassen. Auch in Walter Hills "Red Heat" (1988) ist Schwarzeneggers Körper nicht unverletzlich. In einer Sequenz schlägt der sowjetische Staatsfeind Nr. 1, Viktor Rosta, so lange auf das Gesicht seines Gegners ein, dass der Zuschauer beim Anblick die Schmerzen des Geschädigten zu spüren glaubt.
Universal Pictures (UPI)
Junior
Lachen über sich selbst
Eine weitere Erscheinung dieser Selbstreferenz im Kino Schwarzeneggers ist seine Bereitschaft, sich selbst nicht ernst zu nehmen. Schwarzenegger wendet sich konsequent gegen den Mythos, den er geschaffen hat. Das macht ihn sympathisch, hebt das unnahbare Idol vom Sockel und lässt ihn auf Augenhöhe mit dem Zuschauer erscheinen. In "Zwillinge" (1988) ist Schwarzeneggers Körper in seiner übertriebenen Perfektion nun mehr eine Groteske.

In "Kindergarten Cop" (1990) lacht man über den riesigen Bullen, der gegen die härtesten Verbrecher ankommt, bei Kleinkindern aber schnell an seine Grenzen stößt. In "Junior" (1994) unterwirft er seinen makellosen Körper der Deformation einer Schwangerschaft und wird zur hormongeplagten Heulsuse. Auch das sollte komisch sein, auch wenn sich die Zuschauer hier schon deutlich weniger amüsierten.
TCFHE
Versprochen ist versprochen
Zerlegung des Action-Genres
Immer wieder zerlegt Schwarzenegger auch die Regeln des Action-Genres. So in "Last Action Hero" (1993), wo der Actionheld durch einen magischen Trick aus der Fiktion in die Wirklichkeit katapultiert wird, nur um zu erkennen, dass er in dieser Welt nicht unverwundbar ist. Mit James Cameron arbeitet der Actionheld in "True Lies - Wahre Lügen" (1994) erneut zusammen und liefert als stahlharter Bundesagent in Gestalt eines langweiligen Computerverkäufers wieder eine herrliche Selbstparodie ab.
Warner Bros.
"Collateral Damage"
Ende einer Ära
Doch so erfolgreich manche der Werke in den neunziger Jahre waren - "Last Action Hero" gehört in seiner selbstreferenziellen Art zu den besten Filmen des Genres -, so unverkennbar ist auch, dass der Megastar immer weniger Anklag beim Publikum findet. Die Zeiten hatten sich geändert, Werte wurden einer grundlegenden Wandlung unterzogen. Im Kino macht sich das dadurch bemerkbar, dass die Ära des Actionfilms langsam ihrem Ende zugeht. Die Welt wird komplexer und die pure Körperkraft kann diese Komplexität nicht mehr glaubhaft bewältigen.

Das digitale Zeitalter bedarf neuer Helden: Denker, Strategen, Spezialisten, die die Technik des Zeitalters beherrschen und diese gegen jede Bedrohung einzusetzen in der Lage sind. Irgendwie passen die Schwarzeneggers, Stallones und van Dammes hier nicht mehr. Zwar spielt Schwarzenegger in "True Lies - Wahre Lügen" und "Eraser" (1996) Helden auf Höhe der Zeit, doch nehmen ihm die Zuschauer diese Rollen immer weniger ab. Was sind die Alternativen? Ein Film wie der Endzeit-Thriller "End of Days - Nacht ohne Morgen" (1999) bezeugt die Suche Schwarzeneggers nach neuen Formen und Rollen, doch auch das findet keinen Gefallen. Der Science-Fiction "The 6th Day" (2000) will an den Erfolg von "Die totale Erinnerung" (1990) anknüpfen, scheitert aber ebenso wie der Versuch, mit "Collateral Damage" (2001) das Action-Genre im Stil von "Predator" (1987) zu beleben.
Sony Pictures
Last Action Hero
Neue Wege
Es gehört zur Hellsichtigkeit Schwarzeneggers, das Ende rechtzeitig zu erkennen. Er lacht zwar gerne über sich, will aber doch nicht als Hanswurst ausgelacht werden. Und so zieht er sich konsequenterweise vom Filmgeschäft zurück. Doch der Rückzug ist zugleich ein Neuanfang. Er kandidiert als Gouverneur von Kalifornien und wird aufgrund seiner Popularität auch gewählt. Auch in seiner neuen Rolle bekommt der einst strahlende Held bald erste Kratzer ab. Unliebsame Entscheidungen des Republikaners bringen ihm vor allem den Zorn der Liberalen ein. Als er im Januar 2005 einen Doppelmörder hinrichten lässt, bekommt das nach ihm benannte Stadion in Graz kurzerhand einen neuen Namen. Einige österreichische Politiker überlegen gar, Schwarzenegger seine österreichische Staatsbürgerschaft abzuerkennen.

Irgendwie hat man das Gefühl, dass all das an Schwarzenegger abprallt wie einst die Kugeln am Stahlkörper seines Terminators. Dass er noch längst nicht am Ziel angelangt und die Möglichkeiten noch lange nicht ausgeschöpft sind. Immer wieder wird der Name Schwarzeneggers in Zusammenhang mit dem Weißen Haus genannt. So überlegen einige Utopisten öffentlich, die amerikanische Verfassung mit einem Zusatz zu versehen, der auch nichtgebürtigen Amerikanern die Präsidentschaft ermöglicht. Realistisch sind solche Gedankenspiele sicher nicht. Dennoch wird man nie ganz das Gefühl los, dass dies die einzige Hürde ist, die Schwarzenegger davon abhält, auch in diesem Politikfeld die höchste Stufe zu erklimmen. Zutrauen würde man es ihm.
erschienen am 11. Juli 2010
Zum Thema
Arnold Schwarzenegger ist ein Mann mit vielen Karrieren. Geboren 1947 in einem kleinen Dorf bei Graz, entdeckt er in jungen Jahren das Bodybuilding für sich. Zielstrebig trainiert der Österreicher für den Titel des Mr. Universum, den er 1967 als jüngster Teilnehmer aller Zeiten gewinnt. In den 1970er Jahren schafft er den Wechsel zur Schauspielerei. Der Terminator", einem Science-Fiction-Spektakel, das von James Cameron ("Titanic", "Avatar - Aufbruch nach Pandora") brachial udn bildgewaltig..
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