Warner Bros.
Benno Fürmann
Benno Fürmann über die Synchronarbeit
Interview: Die fetten Jahre sind vorbei
Benno Fürmann war bereits als Kellner, Türsteher und Gerüstbauer tätig. Doch sein Traum war stets der Film. Konsequenterweise geht der Berliner als Neunzehnjähriger nach New York und absolviert am Lee-Strasberg-Theater eine Ausbildung als Schauspieler. Die Berufsentscheidung war die richtige, wie man inzwischen weiß. Nach Filmerfolgen wie "Anatomie", "Der Krieger und die Kaiserin" und "Nackt" gehört der 31-Jährige zweifelsohne zur Oberliga der deutschsprachigen Schauspieler. Doch heute träumt das Kreuzberger Kind schon wieder von ganz anderen Dingen.
erschienen am 23. 07. 2003
UIP
Benno Fürmann auf der Premiere von: Sinbad - Der Herr der sieben Meere (Szene 1)
Ricore: Herr Fürmann, ist das Synchronisieren von Filmen nicht furchtbar langweilig?

Benno Fürmann: Es ist eine völlig andere Arbeit, und die Atmosphäre dabei ist nicht unbedingt die beste. Man steht den ganzen Tag in einem verdunkelten Raum und muss versuchen, seine deutsche Interpretation auf die Originalfassung zu legen. Eine sehr technische Aufgabe.

Ricore: In letzter Zeit synchronisieren immer mehr bekannte deutsche Schauspieler Zeichentrickfilme. Wie kommt das?

Fürmann: Ich kann nur für mich sprechen. Geld ist natürlich ein Faktor, aber auch das Projekt "Sinbad - Der Herr der sieben Meere" an sich spielt für mich eine große Rolle. Ich würde nicht jeden x-beliebigen Zeichentrickfilm synchronisieren. Immerhin brauche ich pro Szene mindestens fünf Versuche mehr als die alten Synchronhasen.

Ricore: Warum engagieren die Studios trotzdem immer wieder Schauspieler?

Fürmann: Man bezahlt mich nicht nur für die Synchronarbeit. Ich bin vertraglich dazu verpflichtet, für den Film die Werbetrommel zu rühren. Ab diesem Zeitpunkt sind berühmte Namen dann sehr hilfreich.
Buena Vista
Benno Fürmann mit Jasmin Tabatabai auf der Premiere von: Sinbad - Der Herr der sieben Meere
Ricore: Wurde Ihre Stimme von DreamWorks-Chef Jeffrey Katzenberg persönlich autorisiert? Immerhin spricht Ihren Part im Original Brad Pitt.

Fürmann: Ich denke schon. Zumindest wurden Sprechproben aufgenommen und nach Amerika geschickt. Sie hatten ganz genaue Vorstellungen von der Stimme: Jugendlich, rotzig und draufgängerisch sollte sie klingen. Anscheinend traf das ihrer Meinung nach auf mich zu.

Ricore: Mit dem Image des Draufgängers können Sie sich ja identifizieren: Sie haben sich mal beim S-Bahn-Surfen einen Schädelbruch zugezogen.

Fürmann: Ich war siebzehn Jahre alt und ziemlich betrunken. Irgendwie kam ich auf diese blöde Idee, riss die Tür auf und knallte bei voller Fahrt gegen eine Ampel. Ich hatte wahnsinniges Glück. Normalerweise überlebt man so einen Zusammenprall nicht.

Ricore: Hat Sie dieses Erlebnis irgendwie verändert?

Fürmann: Ich musste vier Wochen lang das Bett hüten, da war genug Zeit zum Nachdenken. Ich bin dadurch vorsichtiger geworden, in ruhigen Momenten vielleicht sogar sinnlicher.
UIP
Benno Fürmann, Sprecher von: Sinbad - Der Herr der sieben Meere
Ricore: Im Gästebuch einer Internet-Fansite steht: "Dieser Mann wurde gemacht, um vergöttert zu werden." Werden Sie oft von weiblichen Fans angesprochen?

Fürmann: Ich spüre eher ihre Blicke. Frauen in meinem Alter tuscheln viel mehr, als dass sie mich persönlich ansprechen würden. Aber oft bewege ich mich auch tagelang völlig unerkannt durch die Stadt.

Ricore: Wie kommt Ihre Freundin mit Ihrer Bekanntheit klar?

Fürmann: Sie kriegt richtig schlechte Laune, wenn der Kellner im Restaurant zuerst mir den Stuhl anbietet. Aber sowas macht man ja schließlich auch nicht! (lacht)! Eigentlich sieht sie es eher aus einem humoristischen Blickwinkel. Immerhin kennt sie mich schon seit drei Jahren.

Ricore: Wie geht es Ihrer Meinung nach zurzeit der deutschen Filmbranche?

Fürmann: Alles ist schwieriger geworden. Es wird sehr viel weniger gedreht, die fetten Jahre sind vorbei. Ich gehöre zum Glück zu der Generation von Schauspielern, die noch immer auf der Erfolgswelle mitreitet. Aber auch die guten Filmstoffe sind rar geworden.
UIP
Sinbad - Der Herr der sieben Meere
Ricore: Haben Sie deshalb in diesem Jahr noch keinen einzigen Film gedreht?

Fürmann: Es spielt schon eine Rolle, klar. Aber ich bin auch vor kurzem Vater geworden und wollte möglichst viel Zeit mit meiner neuen Familie verbringen.

Ricore: Fällt es Ihnen leicht, weniger Zeit vor der Kamera zu verbringen?

Fürmann: Ich kann ganz gut damit leben. Ich definiere mich nicht über meinen Beruf Sicher, die Schauspielerei ist ein großer Teil meines Lebens, aber es gibt noch genug andere Dinge. Momentan bin ich bei meiner Rollenwahl sehr vorsichtig geworden.

Ricore: Sieht man die Filmwelt mit diesem Abstand irgendwie mit anderen Augen?

Fürmann: Schon. Aber eine gewisse Distanz habe ich mir schon immer gegönnt. Ich will nicht nur Benno Fürmann, der Schauspieler sein. Ich erlaube meinem Kopf von Zeit zu Zeit völlig neue Gedanken. Ich weiß wirklich nicht, ob ich in zehn Jahren noch Filme machen möchte.
Buena Vista
Benno Fürmann und Jasmin Tabatabai auf der Premiere von: Sinbad - Der Herr der sieben Meere
Ricore: Gäbe es denn Alternativen?

Fürmann: Das ist ja der Mist! Mir fällt einfach nichts ein. Wenn ich mich frage, was ich außer Schauspielen sonst noch kann, wird es schrecklich leer in meinem Kopf. Oh, vielleicht Synchronarbeit bis an das Ende meiner Tage! (lacht) Nein, doch lieber nicht. Sonst fange ich wieder mit Kaffee und Zigaretten an.

Ricore: Ihr dreißigster Geburtstag war für Sie anscheinend ein einschneidender Moment: weniger Kaffee, keine Zigaretten, Vater, Familie...

Fürmann: Das Leben ändert sich doch ständig! Angst vor den Dreißigern hatte ich eigentlich nie. Natürlich gehe ich jetzt weniger weg als früher, und an guten Tagen erscheinen mir viele Dinge wesentlich klarer. Aber an schlechten Tagen wird es wieder genauso verwirrend wie in meiner Jugend. Ich kann einfach nur zu der Musik tanzen, die für mich gespielt wird. Dreißig ist da nur ein Zwischenschritt.

Ricore: Keine Sehnsucht nach der Jugend?

Fürmann: Natürlich gibt es den Benno noch, der ausbrechen will und es genießt, eine Woche lang alleine wegzufahren. Ich muss auch meinen Egoismus leben können. Aber mein Schwerpunkt hat sich eben mittlerweile verlagert. So hab ich mir das ausgesucht, und so will ich das nach wie vor.
UIP
Szene aus: Sinbad - Der Herr der sieben Meere
Ricore: Sind Sie ein Mensch, der sich gern viele Ziele setzt?

Fürmann: Wenn du Gott zum Lachen bringen willst, dann erzähle ihm von deinen Plänen! (lacht) Ich plane sehr kurzfristig, meistens kommt doch wieder alles völlig anders. Früher waren langfristige Pläne ganz wichtig für mich. Ein Lichtblick im verhassten Schulalltag. Heute bin ich frei und kann tun und lassen, was ich möchte.

Ricore: Zum Beispiel Ihre Tochter wickeln...

Fürmann: Klar, das gehört auch dazu. Ich versuche mit meinem Baby so viel wie möglich zu machen. Leider ist im ersten Lebensjahr aber die Mutter doch noch wichtiger für das Kind. Seit der Geburt hat meine Freundin keine einzige Nacht durchgeschlafen. Dafür bewundere ich sie. Man muss sich eben auch einschränken.

Ricore: Fahren Sie deshalb auch nicht mehr Motorrad?

Fürmann: So ist es. Da haben wir wieder die typischen Ängste ab dreißig. Als ich früher in der Disko gearbeitet habe, bin ich nachts ohne Helm und total betrunken mit 100 Sachen den Kuhdamm rauf- und runtergerast. Heute würde ich das nicht mehr machen. Dafür habe ich schon zuviel erlebt.

Name: Benjamin "Benno" Fürmann
Geboren: 17.01.1972 in Berlin
Abschluss: Mittlere Reife
Auszeichnungen:
Europäischer Shootingstar (Berlinale 2001)
Bayerischer Filmpreis als "bester Nachwuchsschauspieler (2000)
Deutscher Fernsehpreis als "bester Schauspieler in einem Fernsehfilm" (1999)
Frühere Jobs: Kellner, Türsteher, Gerüstbauer, Kulissenschieber
Autogrammadresse: C/0 Agentur PLAYERS, Sophienstr. 21, 10178 Berlin
Besonderes: Verlor seine Eltern im Alter von fünfzehn Jahren
erschienen am 23. Juli 2003
Zum Thema
Benno Fürmann entwickelt sich binnen kurzer Zeit vom leichten Seriendarsteller zum ernstzunehmenden Schauspieler. Zunächst für Und tschüss!" im Einsatz, arbeitet er mittlerweile mit renommierten Regisseuren wie Christian Petzold ("Wolfsburg"), Lars Becker ("Kanak Attack") und Tom Tykwer ("Der Krieger und die Kaiserin") zusammen.Sin Eater - Die Seele des Bösen" und "The Mutant Chronicles" mit. Shrek"-Reihe. In der Naturdokumentation "Das grüne Wunder - Unser Wald" fungiert Fürmann als Erzähler...
Shrek - der tollkühne Held" und "Spirit - Der wilde Mustang" seinen Angriff auf Disneys weiter bröckelnde Vorherrschafft im Trick-/Animationsfilm fort. Sinbad, der tapfere Held der sieben Weltmeere kämpft gegen Bösewichte, die Launen der See und findet lange verschollene Schätze. Doch Eris, die Göttin des Chaos beschuldigt Sinbad das Buch des Friedens stibitzt zu haben. Das lässt der nicht auf sich sitzen. Er begibt sich in das antike Griechenland wo 1000 und eine Gefahr auf unseren..
2024