Buena Vista International (Germany)
Johnny Depp in: Irgendwann in Mexico
Niemand hat damit gerechnet
Interview: Aber das nächste Schlagloch kommt bestimmt
Johnny Depp ist zur Zeit in aller Munde. Sein Piratenfilm "Fluch der Karibik" ist der Hit in den USA und Europa, seine Beziehung mit Vanessa Paradis, mit der er zwei Kinder hat, bezeichnet er selbst als glücklich. Jetzt ist er durch den Film "Irgendwann in Mexico" in diesem Jahr zum zweiten Mal geschäftlich erfolgreich - obwohl er einen fiesen Killer spielt.
erschienen am 24. 09. 2003
Buena Vista International (Germany)
Johnny Depp in: Irgendwann in Mexico
Ricore Medien: Zur Zeit sind zwei Filme von Ihnen in unseren Kinos, und jetzt drehen Sie schon wieder. Warum eigentlich?

Johnny Depp: Das Projekt ist einfach toll. Ich drehe noch zwei Monate in Montreal an dem Thriller "Secret Window, Secret Garden", der auf einem Roman von Stephen King basiert. John Turturro und Timothy Hutton wirken mit. Es wird ein psychologisch sehr interessanter und sehr spannender Film.

Ricore: Üblicherweise sind Action-Filme nicht gerade Ihr Lieblingsgenre, und nun feiern Sie damit Erfolge. Ist das nicht komisch?


Depp: Es macht mir soviel Spaß, dass ich selbst überrascht bin. Bei "Irgendwann in Mexico" musste ich nur neun Tage arbeiten, und ich fragte Robert andauernd, ob ich nicht etwas mehr tun dürfte. Der Ort in dem wir waren, ist eine Art Traumstadt. Als wir dorthin fuhren, dachte ich, dass sie die ganze Stadt für den Film gebaut hatten - aber dieser Ort San Miguel Diende existiert wirklich.

Ricore: Auf einmal gelten Sie Star des Action-Genres. Planen Sie eine neue Karriere?


Depp: Nein, das geht nicht. Nichts ist populär und erfolgreich, bevor es nicht erscheint und bewiesen hat, dass es gut ist. Niemand hat damit gerechnet, dass "Fluch der Karibik" so einschlägt. Davor habe ich den Film "J.M. Barrie's Neverland" gedreht, der sich mit dem Autor J.M. Barrie beschäftigt, der "Peter Pan" geschrieben hat. Darin spiele ich überhaupt keinen Actionhelden.
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Johnny Depp in: Irgendwann in Mexico
Ricore: Haben Sie denn die Rollen wegen des Geldes angenommen?

Depp: Nun, Geld ist immer wichtig. Unglücklicherweise ist das in unserer Welt so. Es ist eben die universelle Sprache. Aber ich habe keinen dieser Filme wegen des Geldes angenommen. Glücklicherweise war ich in meiner Karriere noch nie darauf angewiesen irgendetwas anzunehmen, um zu überleben. Vielleicht passiert das noch. Das weiß man nie.

Ricore: Spüren Sie Unterschiede beim Filme machen, wenn Sie einen kleinen Thriller drehen, oder einen gigantischen Abenteuerfilm?


Depp: Nein, denn die Arbeit daran ist exakt dieselbe - sehr intensiv, geradezu intim. Aber die Premiere von "Fluch der Karibik" war unglaublich. Ich hatte das Gefühl in einem Raumschiff der Außerirdischen gelandet zu sein. Die ganze Power von Disney und Bruckheimer prasselte auf mich ein. Erst als ich den Trailer sah, wurde mir bewusst, dass hier geklotzt wird. Während der Dreharbeiten hatten wir keine extragroßen Wohnwagen mit Champagner und Kaviar ohne Ende.

Ricore: Wie würden Sie Ihre bisherige Karriere beschreiben?


Depp: Das ist schwer zu sagen. Journalisten versuchen das immer wieder. Es ist wie bei jedem anderen Menschen auch. Man bewegt sich auf einer Straße, dann tauchen ein paar Schlaglöcher auf, der Highway erscheint, man kommt gut und ruhig voran, und dann kommt ganz plötzlich eine Abzweigung, wieder tauchen Schlaglöcher auf, und irgendwann ist das auch wieder vorbei. Wenn die Branche also denkt, dass ich gerade auf einer geraden, schönen Strecke bin, dann ist das wunderbar. Nach 20 Jahren Arbeit ist das ein gutes Gefühl, aber das nächste Schlagloch kommt bestimmt.
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Johnny Depp in: Irgendwann in Mexico
Ricore: Sind Sie dank Ihrer glücklicher Beziehung entspannter und vielleicht auch erfolgreicher als früher?

Depp: Ja, weil ich jetzt einen größeren Abstand zum Filmemachen habe, und in Paris und nicht in den USA lebe, habe ich bessere Chancen. Ich kann besser entscheiden. Zuvor war ich wohl eher ein weiterer herumschwirrender Bestandteil in einem großen Topf heißer Filme. Wo mein Platz war, war mir nicht so klar. Hollywood besteht doch nur aus Druck, aus Kinoerfolgszahlen und Einspielergebnissen. Ich wollte auch, dass meine Filme Geld einspielen, aber nicht wenn sie aus Kompromissen bestehen. Vanessa und meine Kinder ermöglichen mir einen Rückhalt, so dass ich mir das ganze Spiel von weitem anschauen kann. Das fühlt sich gut an.

Ricore: Fühlen Sie sich in Europa wohler?


Depp: Ja, mein Leben spielt sich in Frankreich ab, auch wenn ich in Los Angeles noch ein Domizil habe. Aber mit dieser großen Distanz zu Hollywood, kann man die Filmindustrie von Frankreich aus gut genießen. Für "Fluch der Karibik" waren wir mehr als fünf Monate am Drehort. Vanessa und die Kinder waren mit. Dadurch, dass ich viel in Europa bin, kann ich die USA wieder mehr genießen.
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Johnny Depp in: Irgendwann in Mexico
Ricore: In "Irgendwann in Mexico" spielen Sie einen schießwütigen Killer. Eine neue Herausforderung?

Depp: Ja, wenn ein Schauspieler sich nicht mehr auf neues Terrain wagt, macht er etwas falsch. Außerdem hatte ich von Robert Rodriguez gehört, dass er so beeindruckend sein soll. Seine Filme kannte und mochte ich. Er kann wirklich was, und ich dachte er schläft überhaupt nicht. Er macht alles an einem Film: Regie, Kamera, Drehbuch, Schnitt und Sandwichs hat er auch noch geschmiert.

Ricore: Es gibt eine Reihe von Gewaltszenen in dem Film.


Depp: Ja, aber das Ganze ist doch wie ein Comic-Heft und hat mit dem wirklichen Leben nichts zutun. Es gibt viel Humor, so wie in den damaligen Filmen von Sergio Leone. Da gab es doch auch ganze tolle Gewaltszenen.

Ricore: Wie erklären Sie Ihren Kindern was Sie so tun?


Depp: Meine Kinder dürfen nicht jeden Film sehen, aber als ich "Neverland" drehte, kam meine Tochter zum Drehort und sah Peter Pan fliegen und traf auf Meerjungfrauen. Das fand sie ganz wunderbar. Es war allerdings schwer zu erklären, warum die Meerjungfrau mit einem Handy telefonierte. Bei "Fluch der Karibik" dachte sie, dass ich wirklich ein Pirat war. Er war schwer ihr zu vermitteln, dass ich ein Schauspieler bin. Jetzt hat sie mich in Montreal gesehen, und sie begreift es langsam. Aber erst neulich hat sie zu mir gesagt: "Ich dachte Du wärst ein Pirat!" und war ganz enttäuscht, als ich keine Goldzähne mehr hatte.
erschienen am 24. September 2003
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Ob als Pirat, kaltblütiger Auftragsmörder oder romantischer Verführer - Johnny Depp ist als Schauspieler äußerst wandlungsfähig. Seine Karriere vergleicht er selbst mit dem Leben auf der Straße. "Man bewegt sich auf einer Straße, dann tauchen ein paar Schlaglöcher auf, der Highway erscheint, man kommt gut und ruhig voran, und dann kommt ganz plötzlich eine Abzweigung, wieder tauchen Schlaglöcher auf, und irgendwann ist das auch wieder vorbei". Der Durchbruch gelingt dem in Owensboro, Kentucky..
Wer seinen Film "Once Upon a Time in Mexico" nennt und damit auf den englischen Titel von Sergio Leones Kultwestern"Spiel mir das Lied vom Tod" anspielt, ist entweder größenwahnsinnig oder genial. Bei Robert Rodriguez trifft wohl eher letzteres zu. Der 35-jährige Texaner hat bereits mit Werken wie "From Dusk Till Dawn", "El Mariachi" und "Spy Kids" die Zuschauer begeistert und Kultstatus erlangt. "Once Upon A Time in Mexico", wie "Irgendwann in Mexico" im Original heißt, beschließt Rodriguez..
2024