Jean-François Martin/Ricore Text
Woody Allen
Woody Allens dramatische Komödien
Interview: Komplizierte Liebe zu dritt
Im Zentrum von "Vicky Cristina Barcelona" stehen drei wunderschöne Frauen und ein charismatischer Mann. Javier Bardem spielt den begehrten Maler Juan Antonio. Er wird von Vicky (Rebecca Hall), María Elena (Penélope Cruz) und Christina (Scarlett Johansson) umworben. Im Gespräch plaudern zwei der Hollywood- Diven und Regisseur Woody Allen über Dreiecksbeziehungen und warum zwei Frauen komplizierter sind als eine.
erschienen am 20. 05. 2008
Filmreporter.de: Penélope Cruz, was bedeutet es für Sie, mit Woody Allen zusammen in Cannes zu sein?

Penélope Cruz: Ich bin sehr aufgeregt und glücklich mit Woody hier zu sein. Es erfüllt mich mit Stolz, ein Teil dieses Filmes zu sein. Ich danke Woody Allen für diese großartige Möglichkeit. Ich bin jetzt zum fünften Mal in Cannes und ich habe nur gute Erinnerungen gesammelt. Deswegen freue ich mich, wieder hier zu sein.

Filmreporter.de: Wie war es für Sie, English zu sprechen?

Cruz: Wir wechselten im Film vom Spanischen zum Englischen. Ich bin sehr froh, dass wir so große Freiheiten hatten, was die Sprache betrifft. Wir konnten beide Sprachen verwenden. Wir hatten die Möglichkeit zu improvisieren und konnten so die Botschaft viel besser rüberbringen.

Filmreporter.de: Die Dreiecksbeziehung ist eine klassische und verletzende männliche Fantasie. Würden Sie, Mr. Allen, so eine Beziehung selbst gerne einmal ausprobieren?

Woody Allen: Ich denke, es ist schwer, eine Person zu finden, mit der man eine funktionierende Beziehung führen kann. Zwei Frauen machen das Leben wahrscheinlich noch viel komplizierter als eine. Zwischen den Charakteren im Film stimmt die Chemie, sie können mit der Situation gut umgehen. Für sie funktioniert es, wenn auch nur für kurze Zeit. Es gibt viele Menschen, die so eine Situation im wirklichen Leben nicht aushalten würden. Weil es zu kompliziert ist und zu viele emotionale Auswirkungen hat. Im Film kann man das machen. Penélope und Javier sind durchgeknallt, sie haben eine umfassende Weltanschauung. Aber im wirklichen Leben könnten die Menschen damit nicht umgehen. Und es ist schwierig genug, eine funktionierende Beziehung mit einer Person zu führen. Und mit zwei Personen wird es dramatisch gefährlich.
Jean-François Martin/Ricore Text
Penélope Cruz im Blitzlichtgewitter
Filmreporter.de: Warum haben Sie den Film in Barcelona gedreht?

Allen: Leute aus Barcelona haben mich angerufen und meinten, sie würden den Film finanzieren. Unter der Bedingung, ich würde ihn in Barcelona drehen. Und ich sagte: "Ja, klar!" Ich liebe Spanien und ich liebe Barcelona. Meine Frau und meine Kinder wollten gerne einen Urlaub in Barcelona verbringen. Deshalb habe ich ein Skript geschrieben, das wir in Barcelona drehen können. Hätte mich jemand aus Rom, Venedig oder Stockholm angerufen, hätte ich ihn dort gedreht.

Filmreporter.de: Was denken Sie über Darstellerrollen, die auf diese Weise für eine Komödie erweitert werden?

Cruz: Als ich das Skript zum ersten Mal las, lachte ich viel. Ich liebte es. Als ich begann, mich auf die Rolle vorzubereiten, habe ich erst das Drama darin erkannt. Ich konnte mich immer mehr in die Rolle von María Elena hineinversetzen, in die Dunkelheit und den Schmerz. Viele Szenen brachten mich zum Lachen, auch als ich den Film sah. Ich hatte die gleichen Gefühle, die ich hatte, als ich das Drehbuch las. Woody war sehr respektvoll und hat mich immer wieder in die richtige Richtung gebracht. Manche Szenen in Komödien machen mir oft Angst, aber Woody ist ein Genie.
Pietro Pesce/Ricore Text
Woody Allen
Filmreporter.de: Juan Antonio sagt im Film zu Vicky, dass er sie nicht mehr angerufen hat, weil die Beziehung keine Zukunft mehr hätte. Weil sie nicht heiraten will. Solche Reaktionen erwartet man jedoch eher von Frauen als von Männern, weil Frauen vernünftiger sind. Haben Sie bewusst oder unbewusst die Rolle zwischen Mann und Frau vertauscht?

Allen: Der Hauptcharakter trifft sich mit Rebecca und verbringt einen Abend mit ihr, startet eine Beziehung. Aber er fühlt, dass das Verhältnis nur Probleme mit sich bringt. Er will mit Scarlett und Rebecca einfach ein schönes Wochenende verbringen: Sightseeing, Zeit miteinander verbringen und miteinander ins Bett gehen - in jeder möglichen Kombination. Sie wollten sich eine schöne, romantische Zeit machen. Dann bemerkt er, dass er für Rebecca mehr empfindet, als angenommen. Er will jedoch weder ihre Heirat zerstören noch seine Verlobte verletzen. Sein eigenes Herz hätte zudem zu sehr gelitten, falls sie Nein gesagt hätte. Deshalb weicht er zurück. Er will es nicht komplizierter machen, als es schon ist.

Filmreporter.de: Könnten Sie eine solche Beziehung in Wirklichkeit führen?

Cruz: Ich habe mir diese Frage selbst nie gestellt. Wenn ich einen Charakter spiele, muss ich weder so denken wie er, noch mit ihm übereinstimmen. Ich muss ihn nur verstehen. María Elena hat eine eigene Art. Ich verstehe sie, aber ich würde wahrscheinlich generell anderes handeln.

Filmreporter.de: Warum ist Javier Bardem nicht mit dabei?

Allen: Es ist sehr schade, dass die zwei Co-Stars nicht mit uns in Cannes sein können. Scarlett konnte aus terminlichen Gründen nicht kommen und Javier hinderten familiäre Probleme.
erschienen am 20. Mai 2008
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Woody Allen widmet fast alle seine Werke menschlichen Beziehungen in jeder Form. In "Vicky Cristina Barcelona" geht es um zwei Amerikanerinnen, die sich im Spanien-Urlaub auf eine Dreiecksbeziehung einlassen. Vicky (Rebecca Hall) ist sensibel und steht kurz vor der Hochzeit, während Cristina (Scarlett Johansson) das sexuelle und emotionale Abenteuer sucht. In Barcelona verfallen beide der Anziehungskraft des charismatischen Malers Juan Antonio (Javier Bardem).
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