Ann-Catherin Karg/Ricore Text
Emmanuel Mouret
Emmanuel Mouret kein Kontrollfreak
Interview: "Geh mir fremd, bitte!"
Emmanuel Mouret ist ein Multi-Talent. Für "Küss mich bitte!" verfasste er das Drehbuch, führte Regie und übernahm eine der Hauptrollen. In der Komödie geht es um Beziehungen und Liebschaften. Beim Filmemachen gibt der Franzose immer einen Teil seiner Persönlichkeit her. Als Vorbild nennt er Woody Allen. In einem aufschlussreichen Gespräch erfahren wir aber noch weitere Einzelheiten aus seinem Leben.
erschienen am 4. 08. 2008
Arsenal Film
Küss mich bitte!
Filmreporter.de: Emilie und Gabriel leben in einer glücklichen Beziehung. Warum fühlen sie sich trotzdem so voneinander angezogen?

Emmanuel Mouret: Das ist das Geheimnis der Natur, das man nicht erklären kann. Wir fühlen uns von anderen angezogen und sind für andere attraktiv. Und die beiden haben ja auch, wie sie sagen, Gefühle für ihre Partner.

Filmreporter.de: Gibt es denn harmlose Küsse?

Mouret: Ja ich denke schon. Es gibt Küsse, die keine Konsequenzen haben. Man kann jedoch im Voraus nie sagen, ob es Konsequenzen gibt.

Filmreporter.de: Sind Küsse bedeutungsvoller als Sex?

Mouret: Ich denke, das ist eine Frage, die sich jeder selbst stellen muss. Für manche bedeuten Küsse mehr und für manche weniger. Manche Leute sind dabei sehr traditionell. Jeder ist anders. Mancher möchte auch ausgepeitscht werden. Und so mancher würde sich wahrscheinlich wünschen, dass Küsse wichtiger sind.
Ann-Catherin Karg/Ricore Text
Emmanuel Mouret in München
Filmreporter.de: Von wem kam die Idee mit zwei Erzählsträngen?

Mouret: Die Idee gefiel mir deswegen so gut, da eine Frau dahinter steckt. Sie würde gerne jemanden küssen. Sie kann aber nicht aufgrund einer bestimmten Sache. Aber dadurch, dass sie ihre Geschichte erzählt und die Beiden diese Geschichte teilen, wird dieser Kuss möglich. Weil diese Personen sich näher kommen.

Filmreporter.de: Warum merken Julie und Nicolas so lange nicht, dass sie sich lieben?

Mouret: Ich weiß es nicht. Es gibt Freunde, die kennen sich zehn Jahre und finden sich gegenseitig nicht attraktiv. Und auf einmal werden sie ein Paar und bekommen Kinder. Alles ist möglich. Es kann sich alles sehr schnell ändern. Die stärksten Gefühle können verloren gehen. Eine Nicht-Anziehung kann plötzlich zu einer Anziehung werden. Alles ist vergänglich. Diese Veränderung ist eine Charakteristik der Natur. Es ist eine Ode an die Veränderung.

Filmreporter.de: Warum trennt sich Julie nicht von Claudio?

Mouret: Das weiß ich auch nicht. Dem Zuseher sind alle Möglichkeiten offen gelassen. Er kann sich vorstellen, was er möchte. Julie sagt auch, dass sie Claudio liebt. Dass sie von einem anderen Mann begehrt wird, hindert sie nicht daran, auch Claudio noch zu lieben.
Ann-Catherin Karg/Ricore Text
Emmanuel Mouret schützt sich vor der Sonne Münchens
Filmreporter.de: Sie führen Regie, schreiben das Drehbuch und spielen selbst im Film mit. Sind Sie ein Kontroll-Freak?

Mouret: Nein, das hat nichts mit Kontrolle zu tun. Es hat mehr damit zu tun, dass ich dem Film eine persönliche Note geben möchte. Ich glaube, ein Film ist eine sehr intime Ausdrucksweise. Der Film ist eine Vergrößerung von dem, was ich bin.

Filmreporter.de: Könnten Sie sich vorstellen, das Drehbuch eines Anderen zu verfilmen?

Mouret: Wenn ich ein vertrautes Thema finde, warum nicht?

Filmreporter.de: Ist es nicht stressig, wenn man so viele Aufgaben bei einem Film hat? Man spielt selbst eine Szene und muss seinem Gegenüber sagen, wie er spielen soll?

Mouret: Es ist viel leichter, wenn man selbst spielt. Weil die Regieanweisungen durch die eigene Art zu spielen vermittelt werden.

Filmreporter.de: Sie werden oft mit Woody Allen verglichen. Stört Sie das, oder ist das eher ein Kompliment?

Mouret: Ich mag ihn als Schauspieler und seine Filme. Ich mag seine Art, einen Film nach dem anderen zu machen. Er gefällt mir sehr gut.
Andrea Niederfriniger/Ricore Text
Emmanuel Mouret
Filmreporter.de: War er ein Vorbild für Sie?

Mouret: Ja, er ist ein Cineast, der mich sehr beeindruckt. Was ich vor allem seit seinem Film "Manhattan" mag, ist, dass er eine sehr sensible Form der Komödie gefunden hat. Diese Filme zeigen gewisse persönliche Dinge von ihm. Ich mag sowohl Groucho Marx als auch Ingmar Bergman. Den Bogen zwischen Komödie und Drama bei Woody Allen finde ich toll.

Filmreporter.de: Was ist Ihr nächstes Projekt?

Mouret: Mein nächstes Projekt ist eine sentimentale Komödie.

Filmreporter.de: Um was geht es darin?

Mouret: Der Hauptdarsteller und seine Freundin entdecken eine andere Frau. Die Freundin will, dass ihr Freund sie betrügt, damit er es nicht hinter ihrem Rücken tut. Sie ist sehr eifersüchtig und zwingt ihn beinahe trotzdem, mit dieser anderen Frau zu schlafen. Sie will es einfach hinter sich bringen. Man könnte es nennen "Geh mir fremd, bitte!"

Filmreporter.de: Herzlichen Dank für das Interview.
erschienen am 4. August 2008
Zum Thema
Emmanuel Mouret wird am 30. Juni 1970 in Marseille geboren. Er macht eine Ausbildung an Frankreichs größter Filmhochschule in Paris. "Promène-toi donc tout nu!" - zu Deutsch 'Lauf doch einfach nackt rum' heißt 1999 sein Abschlussprojekt. In seinem ersten Spielfilm "Laissons Lucie faire!" spielt Mouret an der Seite von Marie Gillain. Der 2004 entstandene "Vénus et Fleur" wird sogar auf Filmfest von Küss mich bitte!" Mouret ist von Eric Rohmer, Sacha Guitry und Woody Allen inspirieren. Genau wie..
Drehbuchautor, Regisseur und Hautdarsteller Emmanuel Mouret kreiert eine bezaubernde Liebeskomödie, die etwas an die Filme Woody Allens erinnert. Ein Mann und eine Frau begegnen sich zufällig, verbringen einen wunderschönen Tag und wollen sich zum Abschied küssen. Doch etwas hält sie davon ab. Es ist die Geschichte einer außergewöhnliche Liebe, die mit einem zunächst harmlosen Kuss beginnt.
2024