Ann-Catherin Karg/Ricore Text
Maximilian Brückner
Maximilian Brückner als bayerischer Volksheld
Interview: "Der Kneißl war ne arme Sau"
Maximilian Brückner ist begehrt. Seit er 2004 in seinem Kinodebüt "Männer wie wir" einen schwulen Fußballtorwart verkörperte, kann er sich seine Rollen fast aussuchen. In Doris Dörries preisgekröntem Drama "Kirschblüten - Hanami" spielt Brückner neben Hannelore Elsner und Elmar Wepper, Marcus H. Rosenmüller holt ihn für "Räuber Kneißl" bereits zum dritten Mal vor seine Kamera. Mit uns sprach der 29-Jährige über den bayerischen Volkshelden und erzählte, warum er bei Temperaturen um Null Grad barfuss durch den Wald rennt.
erschienen am 18. 08. 2008
Movienet
Räuber Kneißl
Ricore: Kannten Sie die Geschichte vom "Räuber Kneißl" vor den Dreharbeiten?

Maximilian Brückner: Ich habe das vorher schon am Münchner Volkstheater gespielt, zusammen mit meinem Bruder, Christian Stückl hat es inszeniert. Ja, ich kannte die Geschichte schon als Kind. Bei uns im Dorf gibt es ein Bauerntheater, und eigentlich jedes Bauerntheater hat das schon einmal gespielt. Da sitzt man dann drinnen und denkt sich: "Wow, ist der cool!" Damals hat ein älterer Freund von mir den Kneißl gespielt, ich war da noch zu klein. Da war ich sauneidisch! Aber jetzt darf ich ihn spielen. Vorher hat ihn der Hans Brenner toll gespielt, den ich total verehre. Da bin ich schon stolz, dass ich das jetzt machen darf.

Ricore: Worin liegt der Unterschied zwischen dem Theater- und dem Film-Kneißl?

Brückner: Hauptsächlich ist es die Lokalität. Wenn du auf der Bühne stehst hast du halt nicht so viele Möglichkeiten. Der Rosi und der Christian haben das ähnlich angelegt. Diesen Wilden, der da immer weiter reinrutscht. Eigentlich war der Kneißl eine richtig arme Sau. Ich glaube nicht, dass er sich selbst als Held angesehen hat. Stellen Sie sich einmal vor: Sie sitzen heute in München in irgendeinem Bürobau, verstecken sich in einem Eck, haben nichts zu essen und wissen genau, dass die gesamte bayerische Polizei hintern Ihnen her ist. Das ist sicher kein tolles Gefühl. Und nach der Zeit im Gefängnis wollte der seine Ruhe haben, ganz spießig, bloß nie mehr dahin zurück. Aber die anderen haben ihm das nicht gegönnt. Was wir zeigen wollten: Der steht immer wieder auf. Der hat einfach so eine Kraft, der kämpft ums Überleben. Jetzt wird der zu einem großen Volkshelden mystifiziert, aber vorher haben die Leute die Kneißls alle gehasst. Als er aufbegehrt, da haben sie gesagt: "Endlich einmal einer, der es denen zeigt." Als sein Kopfgeld immer höher gestiegen ist, haben sie ihn dann verraten und haben Postkarten von ihm verkauft. Wie absurd das alles ist! Ich bin auch froh über die Liebesgeschichte. Mit so einer tollen Schauspielerin wäre das sonst verschenkt gewesen.
Movienet
Räuber Kneißl
Ricore: Hat Ihnen das besonderen Spaß gemacht?

Brückner: Ja, mit der Brigitte (Hobmeier) habe ich schon in "Die Geierwally" und "Die Räuber" am Volkstheater gespielt. Aber insgesamt war es der körperlich anstrengendste Film, den ich je gedreht habe.

Ricore: Warum?

Brückner: Wenn ich Ihnen jetzt sage: "Hüpfen sie da runter, laufen da lang, springen auf den Tisch und rennen noch drei Mal herum." Das übt man zwei Mal und macht es letztendlich zehn Mal, da ist man dann schon kaputt. Ich hatte Tage, da bin ich abends angezogen ins Bett gefallen, eingeschlafen und dann am nächsten Morgen mit einem gescheiten Muskelkater aufgewacht. Da konnte ich nur noch in die Dusche kriechen, weil mir alles so weh getan hat. Dann war es auch noch kalt und ich war immer barfuss. Im Film sieht das so nett aus, wie ich da durch den Wald fetze. Aber es hatte null Grad, hat immer so halb geregnet und geschneit. Man bekam immer wieder Dornen in die Füße, die aber irgendwann so kalt waren, dass man es Gott sei dank nicht mehr gespürt hat.

Ricore: Wie ist das denn, sich selber auf der Leinwand zu sehen?

Brückner: Es gibt immer Momente in denen man denkt, das habe ich jetzt gut oder schlecht gespielt. Es gibt Szenen, in denen mich nur auf den Text konzentriert habe und die kommen saugut rüber, bei anderen ist dann das Gegenteil der Fall. Aber das ist ja das Tolle an dem Beruf, dass es kein Rezept gibt. Es gibt da nur Ahnungen und Richtungen, aber keine perfekten Richtlinien. Und es kommt auf die Sichtweise des Regisseurs an, dem man dann auch vertrauen muss. Aber in den Rosi habe ich ja vollstes Vertrauen.
Selbstgespräche
Maximilian Brückner in "Selbstgespräche"
Ricore: Sie kennen sich ja schon, haben schon öfter zusammen gedreht.

Brückner: Ja, das erste Mal habe ich in "Wer früher stirbt, ist länger tot" so eine Gaudirolle übernommen. Ganz klein, da war ich ein Gitarrenverkäufer. Da hat auch mein Bruder mitgespielt. Das zweite Mal bei "Schwere Jungs" war die Rolle dann schon größer. Mit Locken und Brille spiele ich einen Reporter. Ich habe mich beim Rosi also hochgearbeitet. In "Kirschblüten - Hanami" von Doris Dörrie habe ich braune Haare und in "Selbstgespräche" sind sie ganz kurz. Nach dem "Kneißl" kommt dann der "Tatort" ins Fernsehen. Auf den freue ich mich schon.

Ricore: Was war bisher Ihre Lieblingsrolle?

Brückner: Ich habe das Glück, schon in vielen tollen Filmen mitgespielt zu haben. "Kirschblüten - Hanami" war zum Beispiel so einer. "Männer wie wir" liegt mir besonders am Herzen, weil es mein erster Kinofilm war. Auf den bin ich stolz, den mag ich besonders gern. Der hat Tiefe aber erzählt die Geschichte mit einer großen Leichtigkeit. Da hatte ich auch ein Riesenglück, dass ich in meinem ersten Film gleich eine Hauptrolle gekriegt habe.

Ricore: Sie haben schon öfter mit Ihren Bruder gedreht, wie ist das am Set?

Brückner: Saugut. Das ist ideal, da muss man nicht so viel schauspielern. Das Gefährliche ist nur, dass er während meiner Szenen immer Grimassen geschnitten und mich verarscht hat. Aber das ist gut, so etwas mag ich.
Andrea Niederfriniger/Ricore Text
Maximilian Brückner auf dem "Filmfest München 2008"


Ricore: Sind Sie vor Premieren aufgeregt oder freuen Sie sich darauf?

Brückner: Ich denke da gar nicht so viel nach, ich freue mich einfach. Kurz davor werde ich dann schon ein bisschen nervös, wenn man in so einem Riesen-Kinosaal sitzt. Und ich habe vorher auch nicht alles gesehen.

Ricore: Gab es Platz für Improvisation?

Brückner: Das Improvisieren beim Drehen ist schon relativ beschränkt. Die Kamera muss ja wissen, was abläuft. Aber man kann das bei den Proben einbauen und dann können die sich darauf einstellen. Ich sehe mich nicht als Erfüllungsgehilfe, darin bin ich schlecht. Ich habe halt einen eigenen Kopf.

Ricore: Ist es ein Vor- oder ein Nachteil als ältestes von acht Kindern aufzuwachsen?

Brückner: Es gibt beides. Du kriegst immer die neuen Sachen und Dein Geburtstag wird größer gefeiert, weil es noch keine Routine ist. Beim Vierten sieht das dann schon anders aus, dann werden dann auch langsam die Geschenke kleiner. Das sind die Vorteile, dafür musst du dann einiges einstecken, bist für viele Sachen verantwortlich und musst dir alles erst erkämpfen.
Andrea Niederfriniger/Ricore Text
Brigitte Hobmeier mit Filmpartner Maximilian Brückner
Ricore: Haben Sie sich daheim oft gestritten?

Brückner: Ja freilich. Das gehört dazu und ist nur natürlich. Es ist nicht gut, alles zu unterdrücken. Ich habe meine Geschwister aber durch die Bank sau gern. Sonst würde ich ja jetzt nicht mit zweien zusammenleben.

Ricore: Nervt das nicht irgendwann?

Brückner: Bei uns läuft das ganz gut. Jeder hat irgendwo seinen eigenen Raum, und jeder macht etwas anderes. Als ich in München auf der Schauspielschule war, war das schon sehr einsam. Das bin ich nicht gewohnt - ich bin auch kein Stadtmensch. Ich mag Städte und schaue sie mir gerne an, fahre gerne einmal nach London oder Paris, aber nur für einen gewissen Zeitabschnitt. Wenn ich da zum Laufen oder Schwimmen gehen möchte, muss ich sonst wo hinfahren. Hier habe ich das vor der Haustür und kann auch einmal spontan einen Berg hinaufgehen. Diese Lebensqualität will ich nicht verlieren.

Ricore: Haben Sie Zeit für eine Beziehung?

Brückner: Ja, die nehme ich mir und werde sie mir auch immer nehmen. Wenn man sich das gut einteilt, geht es auch ganz gut.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 18. August 2008
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