Pascal Le Segretain/DreamWorks
Jeanette Biedermann auf dem roten Teppich von Cannes
Jeanette Biedermann über Sozialphobie
Interview: Ich bin nicht schüchtern
Schon lange begeistert Jeanette Biedermann ihre Zuschauer nicht mehr nur als Soap-Darstellerin. Die 26-Jährige legte eine beachtliche Musik-Karriere hin. Ihre Leistungen wurden in den letzten Jahren mit Echos, Ottos und der Goldenen Kamera belohnt. Für das computeranimierte Märchen "Winx Club - Das Geheimnis des verlorenen Königreichs" wurde sie nun als Synchronsprecherin engagiert. Mit Hauptcharakter Bloom verbindet die vielseitige Künstlerin einige Gemeinsamkeiten, wie der Kampf für die eigenen Ziele. Über Sozialphobie, ihre neue Serienrolle und warum Wertevermittlung so wichtig ist, klärt uns die gutgelaunte Schauspielerin in einem entspannten und lustigen Gespräch auf.
erschienen am 2. 09. 2008
m4e
Winx Club - Das Geheimnis des verlorenen Königreichs
Filmreporter.de: Sie haben schon öfter als Synchronsprecherin gearbeitet. Gibt es für Sie einen bestimmten Reiz an diesem Job?

Jeanette Biedermann: Ja, es hat eine besondere Faszination für mich. Ich bin jedes Mal wieder davon fasziniert, wenn das Endresultat fertig ist. Man hat dann ein süßes, gezeichnetes Lebewesen, das man sofort total ins Herz schließt. Es spricht mit der eigene Stimme. Das ist der Effekt, den ich jedes Mal wahnsinnig schön finde. Das ist total klasse.

Filmreporter.de: Gibt es für Sie eine bestimmte Vorbereitung auf die Arbeit des Synchronsprechens?

Biedermann: Ich lese das Drehbuch, um Bescheid zu wissen, was mit meiner Figur passiert. Dann gehe ich in das Synchronstudio und treffe dort den Regisseur, mit dem werden dann die Texte gemeinsam erarbeitet.

Filmreporter.de: Ist es beim Synchronsprechen genauso wichtig, sich mit der Person zu identifizieren wie beim Schauspielen?

Biedermann: Ich würde mal sagen, Synchron ist 3-dimesional und spielen ist 4-dimensional. Beim Synchronsprechen hat man das Bild, man spricht und man fühlt. Beim Schauspielen spricht, fühlt, sieht und agiert man.
Barbara Mayr/Ricore Text
Ausgelassene Jeanette Biedermann
Filmreporter.de: Was ist das Schwierige am Synchronsprechen?

Biedermann: Für mich eigentlich Nichts. Mir macht es sehr viel Spaß. Was manchmal ein bisschen schwierig ist, dass man kein Gegenüber hat. Man kann nicht gemeinsam mit jemandem im Studio einsprechen, sondern muss das immer alleine machen. Das ist technisch nicht anders möglich. Weil man kein Gegenüber hat, das man anspielt, braucht man sehr viel Vorstellungsvermögen. Wenn der Regisseur sagt: "Dein Süßer hat jetzt gerade das und das gemacht, oder er ist grad da oder dort…oder du hast grad ein bestimmtes Gefühl" - dann muss man sich sehr viel vorstellen können. Aber das hat immer super funktioniert.

Filmreporter.de: Was ist für Sie mehr Herausforderung, Schauspielen oder Synchronsprechen?

Biedermann: Das kommt ganz darauf an, was man macht. Wenn man sich mit der Rolle sehr gut identifizieren kann und mit ihr Gemeinsamkeiten hat, ist es viel leichter. In meiner neuen Telenovela ist es zum Beispiel sehr komplex. Ich spiele Anna. Im Gegensatz zu ihr bin ich jedoch überhaupt nicht schüchtern. Anna ist sehr kreativ und sehr klug. Sie ist The Brain. Sie will in die Werbung einsteigen, hat wahnsinnig gute Ideen und ist sehr gut. Aber sie hat eine Sozialphobie, das heißt, sie ist wirklich krankhaft schüchtern. Diese Krankheit ist leider sehr weit verbreitet und fast fünfzig Prozent der Leute haben mit extremer Schüchternheit zu kämpfen. Das kann man fast nicht glauben. Ich habe es am Anfang auch nicht geglaubt. Diese Leute haben Schwierigkeiten, einen Partner oder einen guten Job zu finden. Wenn es darauf ankommt, schaffen sie es nicht zu zeigen, was sie drauf haben. Die Rolle ist eine große Herausforderung für mich, weil ich überhaupt nicht schüchtern bin. Anna ist das ganze Gegenteil von mir. Es ist abhängig von der Rolle die man spielt. Manchmal ist es einfacher, manchmal schwieriger.
Pascal Le Segretain/DreamWorks
Jeanette Biedermann geniest den Auftritt im Blitzlichtgewitter
Filmreporter.de: Warum glauben Sie, wurden Sie für die Stimme der Bloom ausgewählt?

Biedermann: Ich weiß es nicht. Das hat manchmal ganz banale Gründe. Vielleicht hat man sich einfach gedacht: "Die hat auch schon andere Sachen gesprochen, die klingt eigentlich ganz gut, sie würde super zur Bloom passen, die hat eine schöne, helle Stimme... Regisseure gehen vermutlich nach dem Klang der Stimme.

Filmreporter.de: Sie leihen Ihre Stimme in "Winx Club - Das Geheimnis des verlorenen Königreichs" der Titelfigur Bloom. Sie wird als Anführerin der Mädchentruppe bezeichnet. Gibt es Charaktereigenschaften, die Sie mit ihr verbinden?

Biedermann: Sie ist eine Kämpferin. Sie kämpft für ihre Ideale und für das, wonach sie sucht. Das ist etwas, wo wir beide ganz gut übereinstimmen. Ich bin auch eine Kämpferin und ich setze mich für die Sachen ein, die ich möchte. Ich kämpfe für meine Ziele und lasse nicht davon ab. Bloom tut das auch nicht. Das ist unsere Gemeinsamkeit.

Filmreporter.de: Sie machen auch Musik. Sind Sie auch zur Diskussion für den Titelsong gestanden? Oder war das für Sie gar kein Thema?

Biedermann: Ich hatte keine Zeit dafür, muss ich ehrlich gestehen. Ich drehe gerade die Telenovela "Anna und die Liebe" und mache gerade mein neues Album. Ich bin viel im Studio und singe die ganzen Songs ein. Ich hätte keine Zeit dafür gehabt und die Lieder am Album sind auch alle schon fix. Das heißt ich hätte extra einen Song machen müssen, das wär sich zeitlich gar nicht mehr ausgegangen.
UIP
Jeanette Biedermann
Filmreporter.de: Was glauben Sie, ist die Botschaft in "Winx Club - Das Geheimnis des verlorenen Königreichs" für Mädchen oder Kinder?

Biedermann: Das ist schön, dass Sie das fragen. Denn was ich an dem Film sehr mag, ist, dass er auch Werte vermittelt. Das ist in unserer Gesellschaft ganz wichtig. Es geht um Freundschaft, darum dass man füreinander einsteht und dass man für seine Ziele kämpft. Es ist wichtig dass man an sich glaubt, höflich und bescheiden ist und dass man einfach integer ist. Das ist einfach etwas Schönes.

Filmreporter.de: Ich habe mich ein bisschen gewundert über die Aufmachung des Films. Die Mädchen sind alle sehr leicht bekleidet. Ist das nicht ein bisschen kritisch für ein Kindermärchen?

Biedermann: Nein. Aus dem einfachen Grund, weil Kinder gar nicht diese Gedanken haben. Kinder verbinden das mit etwas ganz anderem. Kinder haben keine sexuellen Gedanken oder gar anstößige Ideen. Das sind nur wir Erwachsenen, die das sehen und sofort kritisch sind. Aber Kinder verbinden das überhaupt nicht damit. Das darf man nie vergessen.

Filmreporter.de: Kinder haben da unschuldigere Gedanken?

Biedermann: Ja und das ist auch gut so. Es sind immer die Erwachsenen, die das sehen und sagen: "Die Röcke sind aber kurz!". Kinder haben damit kein Problem, die laufen auch am Strand nackig herum und es interessiert sie nicht.
Barbara Mayr/Ricore Text
Jeanette Biedermann präsentiert sich vor Kamera
Filmreporter.de: Es gibt ja die Szene im Film, wo Blooms Freund für eine Zeit verschwindet und keiner auch sie selbst nicht weiß, wohin. Könnten Sie so etwas bei Ihrem Freund auch akzeptieren?

Biedermann: Darüber habe ich bis jetzt noch nicht nachgedacht.

Filmreporter.de: Was gefällt Ihnen am Animationsfilm? Oder sind Sie eher der Zeichentrick-Fan?

Biedermann: Ich mag beides sehr gerne. Was ich vor allem daran mag, ist das es ausschließlich aus Fantasie besteht. Man kann alles hinein-zeichnen, -denken und -schreiben, was man möchte. Das mag ich. Ich wurde schon oft gefragt: "Die sind ja alle so dünn?" - Aber das ist Fantasie. Selbst ein sechsjähriges Kind erkennt, dass das keine Realität ist und dass das keine echten Menschen sind. Das ist sehr wichtig. Wenn ich meine kleine Cousine fragen würde, ob das echt ist, dann würde sie antworten: "Nein, dass ist gemalt." Jedes Kind kann unterscheiden, dass es Fantasie ist und nicht echt. Ich finde es cool, dass alles möglich ist, was Animation und Zeichentrick angeht. Man kann sich wahnsinnig viel einfallen lassen. Wenn ich meine Cousine frage: "Wie sieht deine Fee aus?" Dann sagt sie: " Ein hübsches Mädchen mit Flügeln." Aber das sind halt Feen, und keine Menschen. Die sehen halt so aus.

Filmreporter.de: Sie haben erwähnt, dass sich Ihre Cousinen schon so auf den Film freuen?

Biedermann: Ja, die waren diesbezüglich meine wichtigsten Image-Berater. Als ich Sie gefragt habe, ob ich den Job machen sollte, meinten sie: "Ja, natürlich musst du das machen!"

Filmreporter.de: Haben sie den Film auch schon gesehen?

Biedermann: Es ist ja eine Serie auf Nickelodeon. Daher kannten sie das auch schon. Ich habe "Winx Club" vorher gar nicht gekannt. Und meine Cousinen meinten gleich: "Was du kennst "Winx Club" nicht? Das ist total cool!" Und auf die Frage ob ich das machen sollte, kam nur: "Ja, du musst!" Sie waren total begeistert.

Filmreporter.de: Woran arbeiten Sie im Moment?

Biedermann: Zurzeit mache ich gerade die Telenovela. Sie startet im Herbst im Vorabendprogramm. Sie wird echt super, und vor allem etwas für Leute in unserem Alter. Die wird wirklich cool.

Filmreporter.de: Dankeschön für das Gespräch.
erschienen am 2. September 2008
Zum Thema
Der Sprung ins Filmgeschäft gelingt der blonden Berlinerin mit der Daily-Soap "Gute Zeiten, schlechte Zeiten", in der sie von 1999 bis 2004 Marie Balzer spielt. Daneben arbeitet sie als Synchronsprecherin - vor allem für Kinderfilme - und erhält in zumeist deutschen Spielfilmen Rollenangebote. Anna und die Liebe".
Auf Basis der beliebten Kinder-Fernsehserie "Winx Club" entstand die italienische Produktion von Regisseur Iginio Straffi. Das animierte Märchen erzählt die Geschichte der Fee Bloom, die sich mit Freundinnen auf die Suche nach ihrer Identität und ihren Eltern macht. Mit gemeinsamen Zauberkräften wollen sie das verlorene Königreich Domino zurückerobern. Über 400 Zeichner, Coloristen und andere Mitarbeiter schufen das Kinderabenteuer am Computer.
2024