20th Century Fox
Tom Cruise
Wieso, weshalb, Warum?
Interview: Operation Tom Cruise
Tom Cruise ist ein umstrittener Star, nicht nur in Deutschland. Seine Scientology-Mitgliedschaft wird ebenso heiß diskutiert, wie seine Ehe mit Katie Holmes. Dass ausgerechnet er Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg in "Operation Walküre - Das Stauffenberg Attentat" spielt, löst hitzige Debatten aus. Was Cruise selbst dazu zu sagen hat, und warum er niemals aufgibt, leidenschaftlicher Schauspieler zu sein, erklärt er uns am Tag der Deutschlandpremiere seines neuen Films in Berlin.
erschienen am 21. 01. 2009
Capelight Pictures, United Artists Production Finance
Tom Cruise & Kenneth Branagh In "Operation Walküre - Das Stauffenberg Attentat" ("Valkyrie", 2008)
Ricore: Was war der beeindruckendste Moment der Dreharbeiten in Berlin?

Tom Cruise: Ich verbinde mit den Dreharbeiten hier in Berlin viele außergewöhnliche Erlebnisse. Dabei stechen vor allem die Dreharbeiten im Bendlerblock hervor. Die Zeit, die wir dort verbrachten, werde ich nie vergessen. Wir fühlten uns privilegiert, hier drehen zu dürfen. Ich hatte auch die Möglichkeit, einen Nachmittag am Wannsee zu verbringen. Ich bin mit einem geliehen Boot gefahren. Berlin ist eine schöne Stadt und ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich auf diesem Weg bei all jenen zu bedanken, die uns so herzlich aufgenommen und behandelt haben. Der Film war eine große Herausforderung. Wir alle waren uns im Klaren darüber, dass wir eine große Bürde und Verantwortung auf uns luden. Wir wollten den Geist des Widerstandes angemessen repräsentieren. Gleichzeitig wollten wir der Welt ein Stück Unterhaltung bieten. Als wir den Film zusammen hatten und ihn zum ersten Mal in Deutschland einem Publikum gezeigt haben, war das sehr befriedigend.

Ricore: Haben Sie im Zuge Ihrer Vorbereitungen deutschsprachige Filme wie "Der letzte Akt" mit Oskar Werner oder "Stauffenberg" mit Sebastian Koch gesehen?

Cruise: Wir haben viele Dokumentationen und Spielfilme angesehen und jede Menge Bücher gelesen, die das Thema behandeln. Als ich ins Projekt eingestiegen bin, haben Regisseur Bryan Singer und Drehbuchautor Chris McQuarrie schon jede Menge Vorarbeit und Recherche geleistet. Ich habe von ihnen profitiert und meine eigene Recherche betrieben. Als wir angefangen haben zu arbeiten, waren wie unzertrennlich.
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Tom Cruise mit Carice van Houten
Ricore: Hat Sie die Kontroverse um Ihre Person und die Dreharbeiten im Bendlerblock berührt und beeinflusst?

Cruise: Ich habe die Kontroverse natürlich wahrgenommen. Aber der Prozess der Dreharbeiten wurde nicht beeinträchtigt. Es ist ganz einfach zu erklären: Wir haben einen Film gedreht und fühlten uns der Geschichte verpflichtet, da sie in unseren Augen wert ist, erzählt zu werden. Ich liebe es, Filme zu machen. Ich genieße die Arbeit mit Chris und Bryan. Er ist ein großartiger Regisseur und Chris ein wunderbarer Drehbuchschreiber. Ganz zu schweigen vom internationalen Cast. Ich glaube, wir haben es hier mit zwei verschiedenen Welten zu tun: Auf einer Seite steht der Film, auf der anderen die Kontroverse. Aber das alles brachte uns nur näher zusammen. Jeder hat sein Bestes gegeben, um den realen Geschehnissen gerecht zu werden.

Ricore: Sie haben in einem Interview gesagt, auch Sie hätten versucht, Hitler zu töten, wenn Sie in derselben Situation gewesen wären wie Stauffenberg.

Cruise: Ich habe auch gesagt, dass ich mit dem Gefühl aufgewachsen bin, Hitler töten zu wollen. Aber ich war noch ein Kind. Ich glaube, dass das jeder dachte. Außerhalb Deutschlands kennt kaum jemand die Geschichte um Stauffenberg. Die Diskussionen, die nach den Filmvorführungen rund um die Welt entstanden, waren sehr beeindruckend. Immer wieder tauchte die Frage auf, "Was hätte ich in dieser Situation gemacht?" Kennt man dieses Stück Geschichte, ändert sie den Blick auf Deutschland in jener Zeit. Das war auch bei mir so. Man erkennt, dass es Widerstand gab, auch wenn er nicht erfolgreich war.

Ricore: Wie hat sich Ihr Blick auf Deutschland im Laufe der Dreharbeiten verändert?

Cruise: Der Druck unter dem die Frauen und Männer damals standen, war immens. So lesen sich alleine die Geschichtsfakten wie ein spannender Thriller. Man kann kaum glauben, welche Verantwortung sie auf sich luden. Es fiel mir auf, dass Stauffenberg mit seinen Kindern niemals eine offene und ehrliche Diskussion führen konnte. Hitler und die Nazis haben keine öffentliche Meinung zugelassen. Alles wurde unter Verschluss gehalten. Auch Stauffenbergs Kinder hatten keine Freiheiten, jene Freiheiten, die ich mein gesamtes Leben besitze. Das hat mich sehr berührt. Der Gedanke an diese Zeit lässt mein Blut gefrieren. Es ist bewundernswert, welche Entscheidungen die Leute getroffen haben, als sie sich gegen Hitler gestellt haben und welcher Gefahr sie sich aussetzten. Sich und ihre Familien.
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Tom Cruise in "Operation Walküre - Das Stauffenberg Attentat"
Ricore: Hat diese Erfahrung Ihren Blick auf Deutschland verändert?

Cruise: Jedes Mal wenn ich herkomme, werde ich sehr herzlich empfangen. Auch als Kind hatte ich deutsche Freunde und wusste um ihre positiven Eigenschaften. Natürlich habe ich mich damals gefragt, warum denn niemand etwas gegen Hitler unternommen hat. Warum niemand aufgestanden ist und ihm eine Kugel in den Kopf gejagt hat. Mit meinem Wissen um die Geschichte haben sich meine damaligen Ansichten über das Land und die Leute natürlich verändert.

Ricore: Sie arbeiten mit zwei holländischen Schauspielerinnen zusammen: Carice van Houten und Halina Reijn. Warum fühlen Sie sich von Holländerinnen so angezogen?

Cruise: Das ist wohl offensichtlich... Beide sind großartige Schauspielerinnen und es hat viel Spaß gemacht, mit ihnen zu arbeiten.

Ricore: Just am Tag der Deutschlandpremiere von "Operation Walküre - Das Stauffenberg Attentat" am 20. Januar 2009 war die Amtseinführung von Amerikas neuem Präsidenten Barack Obama. Welche Hoffnungen und Erwartungen verbinden Sie mit ihm?

Cruise: Ich bin sehr gespannt, wie die Zukunft Amerikas aussehen wird. Es ist ein historischer und außergewöhnlicher Tag. Er ist der beste Präsident, den ich mir vorstellen kann.

Ricore: Warum war es so wichtig für Sie, "Operation Walküre" in Berlin zu drehen?

Cruise: Es war notwendig, hier in Berlin zu drehen. Ein anderer Ort war nicht vorstellbar. Wir haben die Leute ermutigt, an den Drehort zu kommen, uns zu besuchen und uns ihre Geschichten zu erzählen. Es war ein konstanter Dialog zwischen der Bevölkerung und dem Team. Der Film war für mich die größte Herausforderung, die ich jemals angenommen habe. Wir hätten ihn nicht machen können, wenn wir nicht all die Erfahrungen hier in Berlin hätten machen können.
Ricore: Fühlen Sie nun so etwas wie Schadenfreude? All Ihre Kritiker haben "Operation Walküre" als Misserfolg abgetan, dennoch ist der Film schon jetzt in Amerika ein großer Erfolg.

Cruise: Ich habe immer gewusst, dass der Film erfolgreich sein wird. Ich kann nur mein Bestes geben. Das ist mein Antrieb. Ich bin seit 25 Jahren Schauspieler und ich habe diese Art von Kritik schon oft gehört. Auch bei "Rain Man" haben die Medien diskutiert. Sie haben Dustin Hoffman gefragt: "Warum machen Sie diesen Film?" Bei "Geboren am 4. Juli" wurde mir gesagt: "Das ist das Ende seiner Karriere." Selbst bei "Interview mit einem Vampir" hagelte es Kritik, ganz zu schweigen von "Magnolia". Tatsache ist, dass es mir unglaublich Spaß macht, Filme zu drehen. Daher möchte ich bei den Dreharbeiten eine entspannte, kreative und freundliche Atmosphäre am Set kreieren.

Ricore: Können Sie sich noch an das erste Testscreening erinnern?

Cruise: Oh ja, sehr gut sogar. Das war vor einem amerikanischen Publikum im Mittleren Westen. Wir wollten sehen, wie der Film ankommt und ob es ihm gelingt, Kontakt zu den Zuschauern herzustellen. Wir haben ihnen allerdings nur einen Rohschnitt gezeigt. Bryan Singer, Christopher McQuarrie und ich saßen im Publikum, und stellten erstaunt fest, dass niemand aufsteht und Popcorn holt. Sie müssen wissen, das ist in Amerika ungewöhnlich. Das Publikum hat sich nicht bewegt. Beim Abspann sind wir rausgegangen, damit wir nicht gesehen werden und plötzlich fing der Applaus an, bei einer Preview! Das war unglaublich, das habe ich noch nie erlebt. Das hat mich sehr stolz gemacht, weil wir da erreichten was wir wollten: einen Unterhaltungsfilm.

Ricore: Erwarten Sie Proteste vor der Deutschlandpremiere?

Cruise: Nein, allein aufgrund des ernsten Themas gehe ich nicht davon aus, dass es Proteste geben wird.
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Tom Cruise ist Stauffenberg
Ricore: Welche Emotionen kamen in Ihnen hoch, als Sie die Schlussszene im Bendlerblock drehten?

Cruise: Die Gefühle, die in diesen Momenten hochkamen, sind unbeschreiblich. Wir alle waren von einer bestimmten Aura umgeben und sehr bewegt. Das hat man deutlich gespürt. Wir haben darüber nachgedacht, was Stauffenberg und die anderen wohl dachten und fühlten, als sie vor vielen Jahren genau an der Stelle standen, wo wir waren. Dachten Sie an die Zukunft Deutschlands? An ihre Familien? Was mag in ihnen vorgegangen sein? Das waren unglaubliche Momente.

Ricore: Die anderen Schauspieler beschrieben Sie als sehr leidenschaftlich, enthusiastisch und teilweise auch besessenen. Wie sehr haben diese Eigenschaften Sie bei den Dreharbeiten beeinflusst?

Cruise: Als ich mich auf die Rolle von Stauffenberg vorbereitet habe, las ich über ihn, dass er ein sehr geschickter, überlegter und charismatischer Mann war. Ich kann nur noch einmal wiederholen, dass ich meine Arbeit liebe und alles dafür tue, dass der Film, an dem ich arbeite, gut wird. Dafür ist es auch notwendig, dass man ins Detail geht. Natürlich will man immer, dass der eigene Film großartig wird. Was meine Leidenschaft betrifft, so müssen sie meine Frau fragen, diese Frage werde ich Ihnen nicht beantworten.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 21. Januar 2009
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