Kinowelt Filmverleih
Shredi Jabarin in "Alles für meinen Vater"
Shredi Jabarin über Israels Trauma
Interview: Verbotene Träume
Für seine Rolle als Selbstmordattentäter in "Alles für meinen Vater" ging Schauspieler Shredi Jabarin bis an seine Grenzen. Es waren keine einfachen Dreharbeiten, vor allem da er die Realität in Palästina und Israel genauestens kennt. In unserem Gespräch erzählt uns der sympathische Israeli, warum die Menschen in seiner Heimat nicht träumen dürfen.
erschienen am 26. 01. 2009
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Alles für meinen Vater
Ricore: Wie sind Sie mit dem Projekt in Berührung gekommen?

Shredi Jabarin: Meine Agentur hat mich angerufen und zu einem Vorsprechen geschickt. Der Regisseur mochte meine Arbeit von Anfang an und hat mich für die Rolle besetzt. Ich habe ihn aber vorher nicht gekannt.

Ricore: Sie kommen aus Tel Aviv. Wie waren die Dreharbeiten in Ihrer Heimatstadt?

Jabarin: Es war toll. Ich bin in Tel Aviv geboren, es war schön dort zu sein. Ich mag Tel Aviv. Aber ich habe auch in anderen Städten gewohnt.

Ricore: Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet?

Jabarin: Es war sehr einfach mit diesem Drehbuch. Es war sehr spezifisch, 90 Prozent der Arbeit waren also schon gemacht. Der Charakter und die Beziehungen zwischen den Figuren waren im Drehbuch sehr gut angelegt. Außerdem lebe ich in dieser Realität und werde Tag und Nacht mit diesen Problemen konfrontiert. Ich weiß, wie die Dinge in dieser Region vor sich gehen. Zusätzlich haben wir geprobt und die Rollen mit dem Regisseur diskutiert.

Ricore: Haben Sie versucht, die Rolle des Selbstmordattentäters zu verinnerlichen?

Jabarin: Wenn ich eine Rolle spiele, egal ob es ein Selbstmordattentäter oder eine andere Figur ist, versuche ich immer, mich in der Figur wiederzufinden. Auch in diesem Fall habe ich versucht, Sympathie für die Figur zu entwickeln.
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Alles für meinen Vater
Ricore: Tarek antwortet auf die Frage, warum er den Selbstmordanschlag ausführen will, dass er seit seiner Geburt nicht träumen durfte. Wie würden Sie diese Aussage deuten?

Jabarin: Das ist in Palästina Realität. Man darf nicht träumen. In jedem anderen Land in der Welt, kann man zu einem Konzert, einem Film, ins Theater oder einfach mal mit seinen Freunden in eine Bar gehen. In Palästina gibt es solche Sachen nicht. Die Palästinenser kennen so etwas nicht. Es ist einfach so. Die Menschen in Palästina haben kein Recht zu träumen.

Ricore: Gab es eine Szene, die eine besondere Herausforderung für Sie war?

Jabarin: Ja, etwa die Szene ganz am Anfang des Films, oder auch jene mit Shlomo Vishinsky. Manche Szenen mussten wir mehrmals wiederholen. Jene Szene, in der ich mich selbst töten soll, war aber definitiv die härteste von allen.

Ricore: Der Film lief auf mehreren Festivals…

Jabarin: Ja, unter anderem hat er den Publikumspreis des Internationalen Film Festivals in Moskau gewonnen. Und er war nominiert für den israelischen Filmpreis. Aber er wurde auch auf anderen Festivals gezeigt.

Ricore: Wie waren die Reaktionen?

Jabarin: Am Anfang standen die Menschen dem Film nicht sehr freundlich gegenüber. Als sie den Film sahen, änderten sie ihre Meinung. Teilweise sind sie zu mir oder zum Regisseur Dror Zahavi gekommen und hatten Tränen in den Augen. Sie haben gesagt, dass sie der Film überwältigte.
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Shredi Jabarin in "Alles für meinen Vater"
Ricore: Gibt es eine Szene, die Sie besonders mögen?

Jabarin: Ich mag den gesamten Film. Alle Szenen sind voller Geist, Seele und Liebe.

Ricore: Sie haben gerade die Dreharbeiten zu "Der Mann, der niemals lebte" beendet. Gibt es einen Unterschied zwischen einem Hollywoodfilm und einem unabhängigen Film?

Jabarin: Erst einmal hatte ich bei "Alles für meinen Vater" eine Hauptrolle. Ich habe all meine Seele und mein Herz hineingelegt. Der Film ist wie mein Sohn. Bei "Der Mann, der niemals lebte" hatte ich eine sehr kleine Rolle. Aber es ist eine große Erfahrung, so einen Film zu drehen. Man sieht die festen Kameras, die sich zur selben Zeit drehen, aber auch den viel größeren finanziellen Aufwand.

Ricore: Wie waren die Leute am Set?

Jabarin: Sie waren sehr freundlich und sehr diszipliniert.

Ricore: Sie spielen auch Theater…

Jabarin: Ich spiele in Israel im Cameri Theater, aber auch im Ausland. Gerade komme ich aus Polen, wo ich in einer europäischen Produktion von Janusz Wisniewski mitgespielt habe. Schauspieler aus Deutschland, Italien, Österreich, vom Kosovo und aus Polen haben mitgemacht. Wir waren auch schon acht oder zehn Mal in Deutschland. Unter anderem in Ulm, Ludwigshafen, Berlin, Düsseldorf und Frankfurt.
erschienen am 26. Januar 2009
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