20th Century Fox
The Rocker
Rainn Wilson: alles für den Lacher!
Interview: "Ich lasse gerne meine Hosen runter"
In der amerikanischen Version von "The Office" spielt Rainn Wilson den egomanischen Dwight Schrute. In "The Rocker" lässt er hingegen seine Hüllen fallen. Warum es ihm Spaß macht, der ganzen Welt seinen nicht so durchtrainierten Körper zu zeigen und warum er alles für einen Lacher tun würde, erzählt uns der ehemalige Bürofachangestellte und Wohnwagenbesitzer in einem erfrischenden Interview in London.
erschienen am 29. 01. 2009
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The Rocker
Ricore: Sie sind sehr musikalisch, in der High-School spielten Sie Klarinette und Fagott…

Rainn Wilson: Nicht nur. Auch Saxophon.

Ricore: Waren Sie ein Sonderling?

Wilson: Hey, passen Sie auf! Wer denken Sie eigentlich, wer Sie sind? (lacht)

Ricore: Ok, also ein musikalischer Sonderling?

Wilson: Doch, auf jeden Fall.

Ricore: Wurde in "The Rocker" der Traum des High-School-Sonderlings wahr?

Wilson: Ich war totaler Sonderling auf der Highschool. Ich spielte nicht nur diese Instrumente, sondern auch Schach. Ich war sogar im Computerclub. Ich machte bei einem Club mit, wo wir so taten, als kämen wir aus verschiedenen Ländern und würden uns zu Konferenzen treffen. Ich kam einmal aus Burundi oder Sri Lanka. Also ja, ich war ein Riesenidiot. Jetzt bin ich Schauspieler und verkörpere verschiedene Charaktere. Einen Rockstar zu spielen, lässt meinen Coolness-Faktor natürlich ins Unermessliche steigen.
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Christina Applegate und Rainn Wilson
Ricore: Lag Ihnen speziell die Rock-Musik schon immer am Herzen?

Wilson: Nein, damals hörte ich nicht diese Art Musik. Ich war nie ein Heavy-Metal-Fan, oder Hair-Metal, wie wir es in den USA nennen, wegen der Frisuren. Es war dennoch fantastisch, speziell für den Film Schlagzeug zu lernen, obwohl das mehrere Wochen lang gedauert hat. Ich musste ja die Songs können, denn schließlich hatten wir richtiges Publikum. Es wurde schon ein kleiner Traum wahr. Das Publikum johlte und tanzte. Dabei fühlte ich mich wirklich wie ein Rockstar, das hat großen Spaß gemacht.

Ricore: Was für Musik haben Sie in Ihrer Jugend gehört?

Wilson: Ich wuchs in Seattle, Washington auf. Dort hörte man nur eine Art von Musik: Classic-Rock wie jene der Rolling Stones, The Who oder Led Zeppelin. Als ich 16 oder 17 Jahre alt war, erhielt ich ein Tape von "The Clash". Das änderte mein Leben von Grund auf und öffnete mir die Augen für englische Musik aus dieser Zeit: Elvis Costello, XTC…

Ricore: Sie zogen von Seattle nach Chicago, kurz bevor in Seattle der Grunge aufkam. Wie empfanden Sie das? Endlich war mal was los in Seattle und Sie sind nicht mehr dort…

Wilson: In der Zeit als Nirvana groß rauskam, arbeitete ich gerade in New York als Schauspieler. Ich hatte schon die ganze Zeit Gerüchte gehört, dass in Seattle was Großes passiert sei. Es war eine tolle Zeit, denn es kam so viel Energie aus Seattle, so viel gute Musik.
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Rainn Wilson in "The Rocker"
Ricore: Sie arbeiteten vor Ihrer Karriere für eine Firma im Empfangsbereich. Hatten Sie das Gefühl, zu vermodern?

Wilson: Absolut. Ich arbeitete ein paar Jahre im Büro vor dem Computer. Dabei fand ich heraus, wie man beschäftigt wirkt, auch wenn man es nicht ist und wie man mit Mädchen flirtet. Damals gab es kein Internet. Heute ist das Internet die größte Zeitverschwendung überhaupt. Es hilft Menschen, beschäftigt zu wirken. Aber ja, ich habe mit vielen Berufen meine Zeit vergeudet.

Ricore: Wollten Sie in Ihrer Kindheit Rockstar werden?

Wilson: Das überstieg meine Vorstellungskraft. Aber irgendwie träumt doch jeder davon. Auf die Bühne gehen und Tausende kreischende Fans zu haben. Es gibt übrigens einen Grund, warum Schauspieler Rockstars werden wollen und umgekehrt. Rockstars wollen ernstgenommen werden und Schauspieler wollen den Adrenalin-Kick auf der Bühne spüren. In diesem Film konnte ich meine Fantasie ausleben.

Ricore: Leben Sie als Schauspieler Ihren Traum?

Wilson: Auch das übersteigt die Träume, die ich je hatte. Ich wollte nur als Schauspieler meinen Lebensunterhalt verdienen. Und jetzt werde ich sehr gut bezahlt, muss nicht mehr in einem Wohnwagen umherziehen und spiele Hauptrollen in Filmen, im Fernsehen - das ist fantastisch.
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Szene aus "The Rocker"
Ricore: Erzählen Sie uns etwas über Ihre Frau. Ist sie in Ihre Arbeit involviert?

Wilson: Nein, meine Frau ist Schriftstellerin. Sie hat ein Buch mit Kurzgeschichten veröffentlicht, das nennt sich "Big Cats". Meine Frau hat also mit dem Showbusiness nichts am Hut.

Ricore: Ist es vielleicht das Geheimnis Ihres Erfolges, dass Sie nicht zusammen arbeiten?

Wilson: Ja, wir würden uns gegenseitig behindern. Es hilft absolut, dass sich unsere Arbeitssphären nicht überschneiden.

Ricore: Vor zwei Jahren sagten Sie einmal: "Für jemanden wie mich gibt es nur zwei Möglichkeiten: Den Philip-Seymour-Hoffman-Weg, der zum Oscar führt oder den Will-Ferrell-Weg, der zur Komödie führt". Auf welchem Weg wähnen Sie sich heute?

Wilson: Irgendwo zwischen beiden. Viele Projekte, die ich in der Zukunft machen werde, beinhalten Rollen, die Philip Seymour Hoffman vielleicht spielen würde. Aber man weiß nie, wann ein Studio anruft und sagt "Hey, wir haben eine Idiotenrolle in einer großen Komödie. Will Ferrell und Jack Black haben schon abgesagt. Wir brauchen jemand anderen".

Ricore: Schämen Sie sich manchmal für frühere Rollen?

Wilson: Nein, überhaupt nicht. Für einen Lacher mache ich alles.
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Rainn Wilson zeigt Haut
Ricore: Sehen Sie Gemeinsamkeiten zwischen Ihrem Charakter in "The Rocker" und Ihrer eigenen Karriere?

Wilson: Ja, er bekommt nämlich eine zweite Karrierechance, so war es auch bei mir. Ich arbeite schon seit 18 Jahren als Schauspieler. Bis vor vier Jahren war ich unbekannt. Dann kam "Six Feet Under". Ich spielte immer mit dem Gedanken, die Schauspielerei aufzugeben. Mit meiner Frau nach Oregon zu ziehen, ein kleines Theater zu führen, Schauspielunterricht zu geben. Die Pläne waren konkret. Aber dann dachte ich mir, nein, mach noch ein Job und noch einer, vielleicht wird ja was draus. So ergab einer den nächsten, ich wurde von Mal zu Mal besser bezahlt. Aber es ist schwierig zu erkennen, ob man seinen Traum oder eine Illusion lebt. Manche Leute "leben den Traum", dabei haben sie in acht Jahren nicht ein Angebot gehabt.

Ricore: Was ist, wenn Ihr Sohn Schauspieler werden wollte?

Wilson: Dann enterbe ich ihn. Er wird einen Abschluss machen in (überlegt) Betriebswirtschaft, auf der Harvard Business School machen. Nein, ich unterstütze ihn bei was auch immer er machen will. Er ist erst vier Jahre alt. Wenn er mich im Fernsehen sieht, sagt er "Oh, das ist Dada".

Ricore: Werden Sie häufig auf der Straße erkannt?

Wilson: Ja, andauernd. Dwight, meine Figur aus der Serie "The Office", ist in den USA sehr beliebt. Hier in Europa nicht so sehr, das ist sehr angenehm.

Ricore: War es ein Problem für Sie in "The Rocker" so viel nackte Haut zu zeigen, dauernd Ihren Bauch raushängen zu lassen?

Wilson: Alles für einen Lacher! Ich zeig ihn jetzt sofort, Sie müssen es nur sagen.
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The Rocker
Ricore: Wie sieht für Sie ein perfektes Wochenende aus?

Wilson: Hmm… Etwas Tennis spielen, das liebe ich. Leuten zwischen die Augen schießen (lacht). Mit meiner Frau und meinem Sohn an den Strand gehen. Sushi essen…

Ricore: Hört sich gut an.

Wilson: Wollen Sie mitkommen?

Ricore: Sie sind für die Mona Foundation, einer Stiftung aktiv.

Wilson: Ich wollte das schon immer machen. Ich denke, als Person, die in der Öffentlichkeit steht, sollte man die Welt ein Stückchen besser machen. Ich will nicht den Moralapostel spielen, doch wenn ich nur durch meine Popularität Geld für einen guten Zweck sammeln kann, bin ich mehr als zufrieden. Die Mona Foundation unterstützt viele Projekte. Ich hatte das Gefühl, dass ich hier am meisten helfen kann - bei einer kleinen Organisation. Wenn ich bei einer Spendenveranstaltung 40.000 Dollar auftreibe, ist das für sie sehr viel Geld. Für eine große Organisation wie die UNICEF wäre das ein relativ kleiner Betrag.

Ricore: Also statt sich für Ihr Gehalt etwas zu gönnen, wie Sie es früher taten, versuchen Sie jetzt Ihr Karma in der Welt zu verbreiten?

Wilson: Das versuche ich. Ich versuche wenigstens eine Spendenveranstaltung im Monat zu machen, auf diese Art etwas zurückzugeben.

Ricore: Wie gehen Sie mit Ihrer Popularität in den USA um?

Wilson: Das ist sehr schwierig. Aber um es in den Worten von George Clooney zu sagen: "Niemand will Celebrities hören, die sich über ihre Popularität beklagen." Es ist schwierig darüber zu reden. Ich trage jedenfalls dauernd Sonnenbrillen und Baseball-Caps. Das erlaubt mir ein gewisses Maß an Freiheit.
erschienen am 29. Januar 2009
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