Jean-François Martin/Ricore Text
Quentin Tarantino
...dies ist der zweite Streich
Interview: Tarantinoeske Dialoge satt
In "Kill Bill - Volume 1" ließ Quentin Tarantino die Sau raus. Zwischen Schwertkämpfen und anderen Schlächtereien kam der Zuschauer in der KungFu-Blutoper kaum zum Atemholen. Umso großartiger, dass er sich typisch Tarantinoeske Dialoge und die Verbreiterung der Charaktere für Volume 2 aufhob. "Kill Bill" die 2. ist Tarantino vom besten. Keine Angst: die Actionszenen kommen nicht zu kurz.
erschienen am 20. 04. 2004
Buena Vista
Quentin Tarantino am Set
Ricore: Eine starke Thematik des Films ist der Mutterinstinkt: Uma Thurman geht als "Beatrix, die Braut" bis an die Grenzen, um ihre Tochter zu finden und sich an all denen zu rächen, die dafür verantwortlich sind, dass sie jemals getrennt wurden. Der erste Film war dabei ziemlich brutal, der zweite ist im Vergleich dazu fast harmlos. Ist das Ihre softere Seite?

Tarantino: Ich drehte die Filme ja gleichzeitig. Den ersten haben ein paar Leute begriffen und ein paar nicht. Ich habe sehr viel Mitgefühl für die Braute. In "Volume 1" ging es um Mutterliebe - und um ihre Rache. Sie fegt über Kontinente, über Ozeane um ihre Rache zu kriegen. Und scheiß auf Vernita und ihre Tochter, scheiß auf Budd, wie tief ist er gefallen! Die haben ihre Tochter umgebracht, okay. Glaubt sie wenigstens. Die verdienen, was sie kriegen. Als Vernita sagt: "Schau doch wie nett ich jetzt bin", vergiss die Bitch! Sie hatte vier Jahre mit ihrer Tochter. Uma hatte nichts! Ihre Einstellung ist die einer Löwin, die ihr Junges beschützt. Wenn ich ein Kind hätte, wäre ich genauso.

Ricore: Uma sagte, dass ihr die Dreharbeiten zu diesen beiden Filmen zum erstenmal das Gefühl vermittelten, dass eine Frau sich auch körperlich wehren kann. Glauben Sie, dass "Kill Bill" Frauenpower promotet?

Tarantino: Das hoffe ich. Ich meine, die Braut ist nicht nur Rambo als Transvestit. Ich wollte nicht eine männliche Rolle schreiben, und sie dann mit einer Frau besetzen, nur damit das Ganze sexy wird. Hollywood-Weisheit diktiert, dass Männer sich keine Filme mit weiblichen Actionhelden anschauen, weil sie sich nicht identifizieren können. Das halte ich für gequirlte Scheiße. Die Braut macht so viele Dinge, mit denen sich Männer identifizieren können. Und für Frauen ist sie doppelt inspirierend.
Buena Vista
Letzte Anweisungen vor der blutigen Trauung
Ricore: Uma inspirierte Sie, diese Rolle zu schreiben - ist sie Ihre Muse?

Tarantino: Uma ist die Marlene Dietrich zu mir, Josef von Sternberg. In dieser Rolle ist sie Clint Eastwood. Dabei liebe ich ihre toughe Weiblichkeit. Sie ist wie eine Weide, die sich biegt aber nicht brechen lässt. Die blonden Haare, die Körpersprache, sie ist ganz Ellbogen und Knie. Sie ist eine Ikone. Ich sprach mit einem Regisseur, als Uma schwanger wurde. Er sagte: "Du willst neun Monate auf sie warten?" Und ich meinte: "Okay, lass es mich so sagen: du bist Sergio Leone, und du weißt, wie gut Clint Eastwood in der Hauptrolle ist. Da wartest du auf Eastwood!" (lacht)

Ricore: Entspricht Uma Thurman Ihrem Frauentyp?

Tarantino: Ich habe nicht einen Typ - ich habe acht, neun verschiedene! Meine Typen sind gemischt. Obwohl sie alle eines gemeinsam haben - ich mag Frauen mit denen ich mich kameradschaftlich verstehe. Ich mag dieses Boyfriend/Girlfriend-Zeug nicht. Wenn ich einen Abend mit meinen Freunden verbringe, dann will ich, dass sie dabei ist. Sie stört nicht, nein ihre Anwesenheit macht den Abend besser. Natürlich entdeckte ich dabei über die Jahre ein Problem: du musst es sexy machen. (lacht) Wenn du es nicht sexy machst, dann entwickelt sich aus der Kameraderie heraus eine Bruder/Schwester-Beziehung. Ab da würdest du zwar für sie sterben, aber du siehst sie nicht mehr als Frau. Der Trick ist: mach es sexy! Keep shit sexy! (lacht)
erschienen am 20. April 2004
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2024