Ulrich Blanché/Ricore Text
Florian Gallenberger
Zensur, Nazis und japanische Massaker
Interview: Herausforderung "John Rabe"
Für den deutschen Regisseur Florian Gallenberger war "John Rabe" eine Herausforderung. Zum einen kämpfte er sich durch die chinesischen Überwachung, zum anderen handelt die Geschichte von einem guten Nazi. Wie sollte man einen solchen Mann richtig beschreiben, ohne dass falsche Assoziationen geweckt werden? Nicht zuletzt steckte viel Geld in diesem Film, wie uns Gallenberger im Gespräch während der Berlinale verrät.
erschienen am 30. 09. 2012
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Ulrich Tukur in "John Rabe"
Ricore: Sie mussten viele Schwierigkeiten im Vorfeld des Projekts überwinden. Wie glücklich sind Sie, dass der Film fertig geworden ist?

Florian Gallenberger: Jetzt, wo alles hinter uns liegt, bin ich sehr glücklich. Immer wenn man Schwierigkeiten überwunden hat, ist es im Rückblick ein großartiges Abenteuer. Steckt man drin, ist es meist weniger angenehm. Es gab viele Momente, wo wir uns nicht sicher waren, ob wir den Film überhaupt zu Ende bekommen. Bei so einem großen Projekt ist es von Vorteil, dass man weiß, dass man das Ding nicht einfach abbrechen kann. Man muss es zu Ende bekommen, koste es was wes wolle.

Ricore: Was war die größte Hürde?

Gallenberger: Das war definitiv die Drehgenehmigung in China. "John Rabe" ist ja auch ein chinesischer Film. Wir haben einen chinesischen Partner und es steckt chinesisches Geld drin. In China läuft er als chinesischer Film. Das heißt, wir mussten alle chinesischen Zensurmaßnahmen durchlaufen. Gerade bei diesem Thema, bei dem Japan eine Rolle spielt, war dies sehr heikel. Wir benötigten die Zustimmung vom Propagandaministerium und vom Außenministerium. Wir mussten viele Klippen umschiffen. Letztlich ist es einer Dame in China gelungen, uns auf Ministerebene die Türen zu öffnen.

Ricore: Wie müssen wir uns die chinesische Zensur vorstellen?

Gallenberger: Es klingt bedrohlich und ist es auch oft. Ich muss allerdings gestehen, dass es für uns recht problemlos war. Dreht man einen Film in China, muss man das Drehbuch beim Propagandaministerium einreichen. Dort haben sie eine Untersektion, das Filmbüro, wo es gelesen und bewertet wird und gegebenenfalls Änderungen verlangt werden. Bei uns gab es keine Beanstandungen. Ist der Film fertig, muss er im selben Büro abgenommen werden. Möglichweise gibt es dann Schnittauflagen. Bei uns wurde nichts beanstandet, was daran liegt, dass wir sehr gute Kontakte hatten. Ich kenne einige junge chinesische Regisseure, die mit der Zensur nicht zurecht gekommen sind und jetzt Berufsverbot in China haben. Die Zensur ist nach wie vor eine traurige Realität.
Ulrich Blanché/Ricore Text
Florian Gallenberger präsentiert sich gelassen beim Photocall
Ricore: Warum hatte China Kontrolle über "John Rabe"? Das Thema ist doch eher japanisch?

Gallenberger: Ja, das haben wir auch gedacht. Es gibt zwei Gründe: China sieht sich heute gerne als starkes Land, als mächtige Nation. In der Geschichte von John Rabe sind die Chinesen die Opfer. Es sind Ausländer, welche die Chinesen schützen und somit retten. Das passt nicht so ganz in das Bild, das China derzeit von sich selbst haben möchte. Es hat etwas gedauert, bis uns klar wurde, dass China im Augenblick nicht diese Opferrolle inne haben möchte. Das andere sind die starken wirtschaftlichen Interessen zwischen China und Japan. Eines Tages bekamen wir einen Anruf, dass wir den Film doch nicht machen können, weil die zwei Länder ein gemeinsames Erdgasförderprojekt abgeschlossen hätten.

Ricore: Insofern spielte die Tagespolitik eine Rolle?

Gallenberger: Ja, eine große sogar. Es gab dann auch diesen Schulbuchstreit, als in Japan ein Schulbuch auf den Markt brachte, indem das Nanking-Massaker nicht erwähnt wurde. Das Eis im chinesisch-japanischen Verhältnis ist sehr dünn.

Ricore: Gibt es den Versuch, den Film auch in Japan zu zeigen?

Gallenberger: Unbedingt. Ich würde den Film dort sehr gerne ausgewertet wissen. Das ist natürlich schwierig. Das Nanking-Massaker ist in Japan ein Tabu. Die Japaner haben nicht wirklich einen Weg gefunden, mit dieser Schuld oder Verantwortung konstruktiv umzugehen. Wir haben allerdings sehr bekannte japanische Stars in unserem Film, die den Mut hatten, mitzuspielen. Vielleicht gelingt es uns durch sie, dass der Film in Japan nicht totgeschwiegen wird. Ich hoffe, dass ein japanischer Verleih den Film nehmen wird. Allerdings haben uns schon beim Casting Leute gesagt, sie könnten nicht mitmachen, aus Angst, ihr Haus oder ihr Autor würde angezündet oder noch Schlimmeres würde passieren.

Ricore: Gab es denn schon Reaktionen aus Japan?

Gallenberger: Unser japanischer Darsteller hat den Film gesehen und gemeint, es würde für das japanische Publikum schwer sein, ihn zu sehen und ihn so hinzunehmen. Aber er ist stolz, mitgemacht zu haben. Darüber bin ich sehr froh, denn der mutigste Mensch im gesamten Film ist er, gerade weil er ihn gemacht hat. Die japanische Botschaft hat darum gebeten, den Film zu sehen. Und soweit ich weiß, wurde gesagt, er sei ok. Unser Ziel war es ja nicht, mit dem Finger auf die Japaner zu zeigen und zu sagen, ihr seid böse.
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Steve Buscemi in John Rabe
Ricore: Wie ist es dem japanischen Darsteller in seiner Heimat gegangen, als bekannt wurde, dass er am Projekt beteiligt ist?

Gallenberger: Im Augenblick ist der Film in Japan noch nicht so bekannt. Das Tokio Filmfestival zeigte großes Interesse, den Film zu präsentieren. Wenn das passiert, müssen wir sehen, wie die Reaktionen sind. Allerdings haben wir von der größten japanischen Zeitung das Signal bekommen, dass sie unsere Auslegung des Massakers stützen. Sie würden uns eine lange Kampagne anbieten, sollte der Film in Japan gezeigt werden.

Ricore: Wie war eigentlich Ihre Recherche? Sie mussten zwei komplett unterschiedliche Versionen des Massakers auswerten…

Gallenberger: In Japan sagen auch heute noch anerkannte Historiker, das Massaker wäre gar nicht passiert, oder es wären nur 300 Leute umgekommen. Andere meinen es wäre kein Massaker gewesen, sondern eben Krieg und da sterben nun mal Menschen. Japanische Bestseller tragen die Titel "Die Lügen über Nanking". Ich habe diese Bücher auch gelesen, beziehungsweise lesen lassen, da nicht alle übersetzt sind. Ich will nicht sagen, dass man dies mit der Holocaust-Leugnung vergleichen kann, da es um andere Dimensionen geht. Aber es sind ähnliche Mechanismen. Wenn man die Dinge genau betrachtet, fällt auf, dass viele japanische Behauptungen natürlich hanebüchen sind. Sie sind vom Wunsch getragen, die Schande abzuwenden, so dass das Kaiserhaus nicht befleckt wird. Dieser Wunsch ist so stark, dass er manchmal den Blick auf die Realität trüben kann.

Ricore: Was wussten Ihre japanischen Darsteller darüber?

Gallenberger: Es ist manchmal schockierend, dass die Menschen selbst sehr wenig darüber wissen. Ein Darsteller hätte eine größere Rolle spielen sollen aber nichts darüber gewusst. Als er sich eingelesen hatte, erwischte er die falschen Bücher und ist dann ausgestiegen. Es hat immer etwas mit dem Bildungsstand und dem internationalen Blick zu tun. Teruyuki Kagawa, der Prinz Asaka spielt, ist viel gereist, war außerhalb Japans und hat demzufolge keinen engen Blick. Für unsere japanischen Darsteller haben wir eine Art Lesemappe aus historischen Dokumenten gemacht.

Ricore: Wie sah diese aus?

Gallenberger: Da waren John Rabes Tagebücher enthalten und Changs Buch war auch dabei. Wir wollten auch die japanischen Sichtweisen beilegen. Wir wollten niemanden überreden oder zwingen, sondern überzeugen.
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Ulrich Tukur in "John Rabe"
Ricore: Wann wurden Sie das erste Mal mit der Geschichte von John Rabe konfrontiert?

Gallenberger: Ich kannte den Mann nicht, bevor ich etwas mit diesem Film zu tun hatte. Das war vor vier Jahren. Einer unserer Produzenten, Jan Mojto, hat mich angesprochen. Ich habe dann John Rabes Tagebücher gelesen. Bei so einem Projekt überlegt man es sich gut, ob man drei oder vier Jahre angehängt sein will. Ich fand diese Kombination aus der Figur John Rabe und dem historischen Hintergrund sehr spannend. Ich habe mich dann auch recht schnell dafür entschieden, den Film zu machen.

Ricore: Wie eng haben Sie sich an das Tagebuch gehalten?

Gallenberger: Die Tagebücher sind eine Basis des Films, eine Art Stoffsammlung, die uns diese Welt näher gebracht hat. Sie konzentrieren sich natürlich auf John Rabes Erlebnisse. Was den anderen Figuren im Film zustößt, ist nicht daraus entnommen. Die Tagebücher sind die Hauptquellen, aber nicht die einzigen. Wir haben viele Gespräche geführt und bei unseren Reisen Zeitzeugen getroffen, die uns interessante Geschichten erzählt haben. Unsere Aufgabe war es, aus den Tagebüchern eine stringente Handlung zu machen, die am besten noch einen spannenden Höhepunkt haben. Als Kunstgriff haben wir die Reihenfolge verändert und Ereignisse eingebaut, die es so nicht gab. Die tragenden Säulen sind jedoch authentisch und ich würde sagen, wenn man den Film sieht, bekommt man eine richtige Vorstellung von dem, was geschehen ist.

Ricore: War es eine Gratwanderung, als Deutscher die Geschichte eines guten Nazis zu erzählen?

Gallenberger: Das war natürlich ein Thema, mit dem wir uns am meisten auseinandergesetzt haben. Wie sollten wir einen Film drehen, an dessen Ende man nicht das Gefühl hat, dass die Nazis teilweise doch ganz nett sind? Das sollte absolut nicht der Fall sein. Wir haben versucht, nichts zu verleugnen. Wir wollten nicht vertuschen, dass er in der NSDAP war oder dass er zu Beginn mit kolonialer Gutsherrenart auf die Chinesen blickt. Was die Geschichte erzählbar macht ist, dass er sich in einer Art naiver, romantischer Verklärung unter dem Nationalsozialismus etwas völlig Falsches vorgestellt hat. Er war fest davon überzeugt, dass es eine humanistische Bewegung sei, eine Arbeiterbewegung, die den Chinesen zu Hilfe kommen würde, sollten sie von Japan schlecht behandelt werden.

Ricore: Bei seiner Rückkehr nach Berlin wurde er verhaftet.

Gallenberger: Ja, als er nach Berlin zurück kommt, wird John Rabe von der Gestapo verhaftet und die Tagebücher werden beschlagnahmt. Rabe erhält Redeverbot, da er versucht, das Unrecht publik zu machen. Schnell merkt er, dass er sich geirrt hat. Dieser Umdenkprozess macht die Figur erst erzählbar. Wenn das nicht stattgefunden hätte, hätte man den Film über ihn nicht machen sollen.
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Ulrich Tukur in "John Rabe"
Ricore: Was ist mit den Tagebüchern passiert?

Gallenberger: Die sind nach dem Krieg verschwunden und soweit ich weiß, in den 1980er Jahren auf irgendeinem Speicher wieder gefunden worden. Erwin Wickert, der Vater von Ulrich Wickert, hat sie herausgebracht. Interessant ist, dass dieser in den frühen 1930er Jahren Rabe persönlich kennen gelernt hat, als er nach Japan gereist ist, als Tramper. Wickert hat später eine politische Karriere gemacht und war als deutscher Botschafter in China und von daher sehr verbunden mit diesem Land. Er war einer der wenigen Leute, die Rabe aus eigener Erfahrung kannten. Er erzählte sehr anschaulich und interessant von einem Menschen, der gerne tanzen ging und einen schrägen Humor hatte.

Ricore: Gab es Reaktionen vom Enkel?

Gallenberger: Ja, der Enkel, Thomas Rabe, war sehr interessiert, dass dieser Film gemacht wird. Er hat oft versucht, die "Causa Rabe" aus der Versenkung zu holen. Auch was den Kontakt mit den Chinesen betrifft, war er sehr wichtig für uns. Für sie war es wichtig, dass der Nachfahre mit an Bord ist und das Filmprojekt unterstützt. In Heidelberg betreibt Thomas Rabe das "John Rabe Begegnungscenter". Dort versucht er, die Idee von Rabe der Zusammenführung und Unterstützung weiter zu führen. Chinesische Studenten bekommen Stipendien und können dadurch mit seiner Unterstützung in Heidelberg studieren.

Ricore: "John Rabe" steht in einer Reihe von Filmen, die sich mit der Nazi-Zeit in ungewohnten Art auseinander setzen.

Gallenberger: Der Fall "John Rabe" ist eine Art Nebengeschichte des Nationalsozialismus. Das Hakenkreuz wird in einem anderen Zusammenhang verwendet. Es ist eine kuriose, historische Situation, dass in China diese dermaßen große Fahne gespannt und dadurch signalisiert wird, dass die Japaner diese Anlage nicht bombardieren sollen, da sie deutsch ist. Dies funktioniert, obwohl darunter hunderte chinesische Flüchtlinge sitzen. Rabe schreibt in sein Tagebuch, dass die Hakenkreuzfahne als der bombensicherste Ort in ganz Nanking gilt. In diesem Zusammenhang verkehrt sich die Sichtweise auf dieses Symbol, das von Chinesen plötzlich als Zufluchtsort genutzt wird. Ich finde dies faszinierend und irritierend zugleich. Das zeigt, dass man genau hingucken muss.

Ricore: Was die Optik betrifft, sieht der Film nicht aus, als wäre er deutsch…

Gallenberger: Wie müssen deutsche Filme aussehen? "John Rabe" ist ein internationaler Film, eine deutsch-französisch-chinesische Koproduktion mit amerikanischen, englischen und japanischen Schauspielern. Wir wollten einen Film machen, der eine gewisse Größenordnung hat. Dennoch sollte er nicht in Opulenz untergehen. Unser Kamermann Jürgen Jürges hat eine Arbeit gemacht, in der ich mehr Feinfühligkeit als Opulenz sehe. Das war mir wichtig.
Ulrich Blanché/Ricore Text
Florian Gallenberger
Ricore: Dennoch lieben Sie große Bilder. Bei "Schatten der Zeit" war dies schon deutlich sichtbar. Sind sie mit dem Hollywoodfilm groß geworden?

Gallenberger: Ich kann nicht sagen, dass ich mit Hollywoodfilmen groß geworden bin, da ich in meiner Jugend kein großer Cineast war. Ich bin nicht mit elf mit einer Kamera herumgelaufen und wollte später Filme machen. Es steckt jetzt auch kein theoretischer Gedanke dahinter. Man muss auf den Film achten und im Gespräch mit dem Team herausfinden, wie man den Film machen möchte. Wenn Sie sagen, "John Rabe" steht in einer Art Hollywood-Tradition, habe ich damit kein Problem. Aber das war keine Absicht.

Ricore: Eine weitere Kontinuität in Ihrem Werk ist die Länge. Sie lassen sich Zeit, die Geschichte zu erzählen und die Charaktere zu entfalten.

Gallenberger: Ich hätte auch kein Problem, wenn der Film zehn Minuten kürzer wäre, da lange Filme für die Kinoauswertung schwierig sind. Dennoch, eine Geschichte hat eine Länge und eine Breite. In "Schatten der Zeit" spielt die Zeit eine ganz andere Rolle. In "John Rabe" braucht die Geschichte mehr Breite, es gibt viele Hauptfiguren und noch mehr Nebenfiguren, die auch eine zentrale Rolle spielen. Diese Vielschichtigkeit zu erzählen, braucht seinen Raum.

Ricore: Wie fühlt es sich an, mit 17 Millionen Euro zu hantieren? Spürt man da eine gewisse Verantwortung, Druck oder Angst?

Gallenberger: Der Gedanke, dass mehr Geld die Sache erleichtert, ist falsch. Im Gegenteil, die Probleme werden größer, je mehr Geld im Spiel ist, da natürlich mehr Leute Interessen am Film haben. Plötzlich ist man als Regisseur nicht mehr nur jemand, der eine Idee hat und die umsetzt, sondern hat auch die Aufgabe, den Kern des Films gegen diese Interessen zu verteidigen und zu schützen. Als Regisseur muss man das Projekt zusammenhalten, sonst kann man irgendwann fünf verschiedene Filme machen, für jeden, der sponsert. Das kann sehr kräftezehrend sein. Das Interessante ist, man fühlt sich mit diesem Budget nicht reicher, als bei einem Film mit geringem Budget. Denn dieses ist immer zu klein, egal wie viel man zur Verfügung hat. Der Kostendruck ist immer da.

Ricore: Zudem sind Sie nicht der super-routinierte Filmemacher, der ständig mit gigantischen Budgets arbeitet...

Gallenberger: Das ist wahr. Man muss sich gut vorbereiten, da der Film eine Größenordnung mit sich bringt, in der man es sich nicht erlauben kann, auf den Set zu kommen und zu sagen: "Wie machen wir das heute?". Wir haben teilweise mit vier bis fünf Kameras gedreht, die vorher aufgestellt und geplant werden müssen, um sich nicht im Weg zu stehen. Auf der anderen Seite hat man 1.000 Komparsen, die auch instruiert werden wollen. Als Regisseur musste ich meine Hausaufgaben machen, durfte mich aber gleichzeitig nicht von diesen äußeren Einflüssen ablenken lassen. Die Gefahr, den Film aus den Augen zu verlieren, ist dabei sehr groß.
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Ulrich Tukur in "John Rabe"
Ricore: Wie viel Zeit haben Sie vor Drehstart in China verbracht?

Gallenberger: Ich war ungefähr ein Jahr in China, allerdings nicht am Stück. Später verbrachte ich noch ein knappes halbes Jahr für den Dreh in China.

Ricore: Wie würden Sie Ihre Erfahrungen zusammenfassen?

Gallenberger: Nun ja, als Ausländer trifft man niemals mit jenen Leuten zusammen, die Entscheidungen treffen. In China ist es sehr wichtig, dass sich Personen auf derselben Hierarchie-Ebene treffen. Als Regisseur ist man aber auf keiner offiziellen Ebene eingeteilt. China ist ein Land, in dem man viele Dinge nie so ganz herausfindet. In Deutschland ist alles sehr auf Präzision und Eindeutigkeit festgelegt. In China herrscht eine Art von Unschärfe und meist ist eine Interpretationsleistung nötig, um zu verstehen, was gesagt wird. Das ist keine Wertung, damit will ich nicht sagen, was besser und was schlechter ist, das sind nur Beobachtungen.

Ricore: Wo wird Ihr nächster Film stattfinden?

Gallenberger: Ich plane meinen nächsten Film in Deutschland zu drehen, wahrscheinlich wird dieser dann sehr exotisch.

Ricore: "John Rabe" hat immerhin schon den Bogen nach Deutschland geschlagen!

Gallenberger: Genau. Es sind auch schon deutsche Schauspieler dabei (lacht). Das ist kein Witz. Bei "John Rabe" habe ich zum ersten Mal mit deutschen Schauspielern gearbeitet.

Ricore: Vielen Dank für das Interview.
erschienen am 30. September 2012
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John Rabe (Kinofilm)
Nationalsozialist John Rabe (Ulrich Tukur) versucht im von den Japanern besetzten chinesischen Nanking 1937 unter widrigsten Umständen, hunderttausenden Chinesen das Leben zu retten. In dem international besetzten Weltkriegsdrama des deutschen Regisseurs Florian Gallenberger ist ein Nazi der Held. Die auf wahren Begebenheiten basierende Geschichte besticht durch ihre glaubhafte Inszenierung und die exzellenten Darsteller.
2024