Andrea Niederfriniger/Ricore Text
Friedrich Ani
Autor durch und durch
Interview: Friedrich Anis Mutlosigkeit
Der Münchner Romanautor Friedrich Ani arbeitete bereits öfters für das Fernsehen. Für die ZDF-Reihe "Kommissar Süden" lieferte er nicht nur die Romanvorlage mit der Hauptfigur Tabor Süden, sondern schrieb auch das Drehbuch zum 2. Teil, "Kommissar Süden und der Luftgitarrist". Mit uns sprach der sympathische Autor darüber, wie er auf den außergewöhnlichen Namen Tabor Süden kam und über seine schlechten Erfahrungen als Drehbuchautor. Erst Produzent Oliver Berben machte ihm wieder neuen Mut.
erschienen am 21. 04. 2009
Andrea Niederfriniger/Ricore Text
Romanautor Friedrich Ani mit Produzent Oliver Berben
Ricore: Wie ist es für Sie als Schriftsteller, wenn Sie Ihr Buch plötzlich lebendig auf der Leinwand sehen?

Friedrich Ani: Das kann schon ein Schock sein. In diesem Fall war es eine große Freude. Ich war sehr beglückt, als ich von der Besetzung erfahren habe. Ich habe mir gedacht, das kann gar nicht schief gehen. Das Endprodukt hat meine Erwartungen dann sogar noch übertroffen.

Ricore: Sie standen anfangs der Verfilmung der "Kommissar Süden"-Reihe skeptisch gegenüber?

Ani: Nun ja, ich habe schlechte Erfahrungen gemacht. Das sind Erfahrungen, die jeder Autor in dem Gewerbe macht. Wenn man Bücher schreibt, die einigermaßen erfolgreich sind, kommt immer schnell ein Produzent des Weges, mit der Absicht, diese zu verfilmen. Man macht Verträge, schreibt hunderte von Zetteln voll, aber am Ende stellt sich heraus, dass nichts passiert. Die Sachen sind dann optioniert, man bekommt sie nicht zurück und sie liegen einfach so rum. Ein, zwei Jahre gehen vorbei, ohne dass etwas passiert und das ist ärgerlich. Ich bin jemand, der nach vorne arbeitet. Daher möchte ich auch mit Leuten arbeiten, die gleich denken wie ich. Diese Erfahrung war sehr ärgerlich. Ich habe mir dann gesagt, was solls, dann schreibe ich eben meine Romane weiter. Das Fernsehen ist voll von interessanten Kommissaren. Ich war sehr missgelaunt und gleichgültig. Irgendwann habe ich beschlossen, nicht mehr sauer zu sein. Dann tauchte dann Oliver Berben auf und hat mich überzeugt, weiterzumachen.
ZDF/Erika Hauri
Martin Feifel übt sich im Luftgitarrespielen
Ricore: Wie hat er Sie geködert?

Ani: Nun ja, er hat mir vermittelt, wie wichtig ihm die "Tabor Süden"-Reihe war. Er hat mir erklärt, wie sehr er die Figuren liebt und warum er sie so mag. Er sagte mir, ihm gefalle meine Art zu erzählen und bot mir sogar an, etwas für "Rosa Roth" zu schreiben. Er wollte mich als Autor gewinnen, das ist ihm gelungen. Ich war sehr von seinem Charme und seiner energetischen Art begeistert. Das sieht man auch am Projekt, denn es ist ungewöhnlich, dass gleich zwei Regisseure von Anfang an dabei sind. Es ist Oliver Berben nicht hoch genug anzurechnen, dass er so viele Kreative zusammengebracht hat. Das passiert selten, dass sich jemand im Vorfeld so viel Mühe macht.

Ricore: Sie haben das Drehbuch aber nur zum zweiten Teil geschrieben…

Ani: Beim Lesen der ersten Drehbuchfassung habe ich festgestellt, dass bestimmte Dinge sehr weit von den Figuren und den Geschichten abweichen. Ulrich Noethen fand das auch. Er setzte sich hin und schrieb auf einem Blatt Papier alle Dinge, die ihm aufgefallen sind. Er hat bestimmte Erzählstränge und Figuren miteinander verglichen. Ich dachte, es wäre vielleicht leichtsinnig, die Drehbücher nicht selber zu schreiben, da ich die Figuren am besten kenne. Als ich eingestiegen bin, habe ich erfahren, dass Dominik Graf den zweiten Teil dreht. Das war toll. Ich wollte schon immer mal mit ihm arbeiten.

Ricore: Was bedeutet der Name Tabor Süden?

Ani: Ich bin noch dabei, dies herauszufinden.

Ricore: Warum haben Sie ihn gewählt?

Ani: Den Namen?

Ricore: Ja.

Ani: Ich habe den Namen erfunden, als ich 16 war. Ich wollte immer schon ein Pseudonym haben. Ich kann Ihnen nicht sagen, warum ich Tabor Süden gewählt habe, ich fand den Namen damals schon gut. Er fiel mir eines Tages ein. Allerdings habe ich festgestellt, dass mir sicher niemand glauben würde, wenn ich ihn verwenden würde. In unzähligen Geschichten, die ich in den folgenden Jahren geschrieben habe, taucht immer wieder eine Figur mit diesem Namen auf.
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Das Trio bestehend aus Dominik Graf, Friedrich Ani, Oliver Berben
Ricore: Wurde der Name von jemanden inspiriert?

Ani: Es gibt den Berg Tabor und eine Religionsgemeinschaft, die so einen ähnlichen Namen trägt. Aber das hat mich alles nicht interessiert. Wenn Namen zu Figuren kommen, ist das vielmehr ein magischer Moment. Das geht mir bei jedem Roman so. Es ist mir wichtig, dass der Name mit der Figur übereinstimmt. Warum auch immer. Als ich den ersten Tabor-Süden-Roman geschrieben habe, hatte ich die Figur, aber keinen Namen. Daher habe ich aus purer Not den Namen Tabor Süden eingesetzt, da ich das Manuskript abgeben musste. Ich wollte den Namen später noch ändern, aber er blieb und passte. Und jetzt passt er mehr denn je.

Ricore: Dann ist Ulrich Noethen auch der perfekte Tabor Süden für Sie?

Ani: Auf jeden Fall! Es gäbe keinen besseren.

Ricore: Warum?

Ani: Er spielt all das, was zwischen den Zeilen steht. Er gestaltet von innen heraus die Figur, auch ich war überrascht davon. Denn in meinen Romanen sieht Tabor Süden total anders aus. Das spielt aber keine Rolle, da Noethen den Charakter total erfasst hat. Das hat mich sehr beeindruckt. Schon in den Vorgesprächen habe ich gemerkt, wie sehr er sich damit befasst hat. Uli ist ein sehr präzise arbeitender, grübelnder und nachdenklicher Schauspieler. Er beschäftigt sich mit seinen Figuren, die er spielt. Er verwandelt sich unfassbar in die Innenwelt des Süden. Das fand ich toll. Auch die anderen Hauptdarsteller sind so sehr den Figuren nahe, dass ich mir das als Romanautor niemals hätte vorstellen können.
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Friedrich Ani
Ricore: Schriftsteller stellt man sich meist als Einzelgänger vor. Wie würden Sie sich beschreiben?

Ani: Klar bin ich auch so einer. So wie sich Tabor Süden in etwa beschreibe, als geselligen Einzelgänger. Ich schreibe allerdings nicht nachts, sondern nur am Tag. Aber es stimmt, als Schriftsteller ist man viel allein. Aber ich wollte das. Ich glaube, ich bin Schriftsteller geworden, weil ich gerne alleine bin. Ich mag die Stille, die Fiktion war mir immer schon wichtig.

Ricore: Sind Sie so wie Tabor Süden?

Ani: Ja, aber nicht immer.

Ricore: Drehbuchautor ist das Gegenteil eines Schriftstellers, oder?

Ani: Als Drehbuchautor ist man Funktionär des Projekts, man muss sich an bestimmte, objektive Regeln und Normen halten. Als Drehbuchautor bin ich Diener. Ich liefere eine Vorlage, andere Profis auf ihren Gebieten machen etwas daraus. Ich bin dann nicht mehr so wichtig. Und das gefällt mir. Wenn ich nicht so negative Erfahrungen gemacht hätte, hätte ich mehr Drehbücher geschrieben. Mir gefällt diese Arbeit.

Ricore: Es gibt insgesamt 14 Tabor-Süden-Romane…

Ani: Genau. Vier sind allerdings nicht aus der Sicht des Tabor Süden erzählt, sondern mit einem objektiven Erzähler, allerdings mit ihm als Hauptfigur. Ich habe vor, im kommenden Jahr 2010 neue Tabor-Süden-Romane zu schreiben.

Ricore: Gibt es einen Grund dafür?

Ani: Ich habe durch die Filme und das Drehbuch wieder neue Lust bekommen, mich mit der Figur zu beschäftigen.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 21. April 2009
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Im zweiten Fall der Münchner Kommissare Tabor Süden (Ulrich Noethen) und Martin Heuer (Martin Feifel) geht es um einen verschwundenen Luftgitarristen. Auch hier herrscht dieselbe Grundstimmung wie in "Das Geheimnis der Königin", trotz dem Regisseur- und Autorenwechsel. Das Skript schrieb Romanautor Friedrich Ani dieses Mal selbst. Das gemächliche Tempo aus dem ersten Teil wurde zwar beibehalten, wird allerdings - vielleicht aufgrund der menschlichen Gewohnheit - nicht mehr als so auffällig..
2024