DEFA-Stiftung - Jörg Erkens
Herbert Köfer als Heuschnupf das Aas
DDR-Verbotsfilm im Kino
Interview: Herbert Köfer über die Kunst der Komik
Die in den Jahren 1965/1966 produzierte Krimikomödie "Hände hoch oder ich schieße" wurde bis heute nicht im Kino gezeigt. In seiner ursprünglichen Fassung verboten, durchlebte der Film zahlreiche Änderungen und Neufassungen. Aber es half alles nichts. Erst ab 2006 gelang es defa-spektrum, anhand des Drehbuchs die Originalfassung zu rekonstruieren. Ab dem 2. Juli 2009 ist der Film erstmals n den deutschen Kinos zu sehen. Mit uns sprach Schauspieler Herbert Köfer über die Drehbedingungen in der DDR, emotionale Höhen und Tiefen sowie über die Zeit nach dem Filmverbot.
erschienen am 29. 06. 2009
defa-spektrum
Herbert Köfer
Ricore: Im Januar 1966 beendete das Team von "Hände hoch oder ich schieße" die Dreharbeiten. Deutete es sich schon während des Drehs an, dass der Film an der Zensur des DDR-Staates scheitern könnte? Herbert

Köfer: Nein. Niemand konnte ahnen, dass eine Staatsführung so humorlos sein könnte. Es ist ein herrliches Lustspiel, eine typische Rudi-Strahl-Geschichte mit - zugegeben - für die damalige Zeit frechen Dialogen. Aber das Anliegen des Autors war es, die Menschen zum Lachen zu bringen. Warum also kann man nicht auch mal die Arbeit der Staats- und Sicherheitsorgane zum Gegenstand einer Komödie machen?

Ricore: Worum geht es im Film?

Köfer: Es geht um einen Kriminalpolizisten, der daran verzweifelt, dass es in seinem "Bezirk" keine Kriminalfälle gibt. Eine Gruppe ehemaliger Kleinkrimineller - inzwischen ehrbare Bürger - tut sich zusammen, um zu überlegen, wie man dem sich langweilenden Kommissar helfen kann. Sie haben eine irre Idee, aber was für eine das ist, werde ich nicht verraten, ich werden doch den Zuschauern nicht den Spaß verderben.

Ricore: Können Sie etwas zur Besetzung sagen?

Köfer: Allen voran natürlich Rolf Herricht als Kriminalist. Es gibt ein Wiedersehen mit Hans Joachim Preil, Gerd E. Schäfer und Eberhard Cohrs. Und mich kann man als Kleinkriminellen "Heuschnupf" erleben, der gesessen hat, weil er die Parteikasse geklaut hat.
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Herbert Köfer in "Hände hoch oder ich schieße"
Ricore: Erinnern Sie sich noch an die Dreharbeiten?

Köfer: Wir haben in Naumburg gedreht unter anderem auch auf dem Marktplatz, der für die Dreharbeiten weiträumig abgesperrt werden musste. Das hatte natürlich Konsequenzen für die anliegenden Geschäfte, denen dadurch die Kunden wegblieben. Zu Freunden haben wir sie uns dadurch nicht gemacht.

Ricore: Regie führte Hans-Joachim Kasprzik, mit dem Sie schon vor "Hände hoch oder ich schieße" gearbeitete haben.

Köfer: Ja, das stimmt, ich war in seiner Verfilmung des Hans Fallada-Romans "Wolf unter Wölfen" der Rittmeister von Studmann - eine der wichtigsten Rollen, die ich in meiner Laufbahn spielen konnte. Vor allem die Zusammenarbeit mit Inge Keller, Armin Mueller-Stahl und Wolfgang Langhoff bleibt für mich unvergesslich.

Ricore: Neben "Hände hoch..." haben Sie noch in einem anderen Defa-Film mitgewirkt, der verboten wurde. Welcher war das?

Köfer: "Denk bloß nicht, ich heule" unter der Regie von Frank Vogel. Ein Film, der sich kritisch mit dem Schulsystem in der DDR auseinandersetzt.

Ricore: Wie stehen Sie heute zum Thema Zensur?

Köfer: Man sollte mehr nach dem Artikel 5 des Grundgesetzes handeln: "Jeder hat das Recht seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten."
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Herbert Köfer
Ricore: Hatte es Konsequenzen für Sie, dass Sie in verbotenen Filmen mitwirkten?

Köfer: Ich habe jahrelang im Fernsehen das Filmjournal "Hauptfilm läuft" moderiert, und positiv über Filme berichtet, die später verboten wurden. Darauf hat man die Sendung vom Sender genommen.

Ricore: Sie gelten als Legende des DDR-Fernsehens ...

Köfer: Es ist eine Ehre, Legende genannt zu werden, aber irgendwie klingt dieses Wort immer etwas nach Denkmal und dafür ist es für mich - glaube ich - noch zu früh.

Ricore: Sie feiern im Jahr 2010 Ihr 70-jähriges Bühnenjubiläum. Sie haben 1952 in der ersten Sendung den Deutschen Fernsehfunks die Nachrichten gelesen und in unzähligen Film- und Fernsehspielen die Zuschauer begeistert. Wie waren die Arbeitsbedingungen beim Deutschen Fernsehfunk?

Köfer: Diese Frage mit einem Satz zu beantworten, scheint mir nicht möglich. Darum versuche ich es gar nicht erst. Ich habe gerade meine Biografie "Nie war es so verrückt wie immer" veröffentlicht. Darin habe ich viel über mein Leben - auch in der DDR - gesagt.

Ricore: Wo kann Sie Ihr Publikum heute noch sehen?

Köfer: Im Augenblick bin ich mit Lesungen aus der zweiten erweiterten Auflage meiner Biografie unterwegs. Ab September 2009 beginnen die Proben für die Jedermann-Festspiele im Berliner Dom, an der ich zum zweiten Mal mitwirke. Danach spiele ich bis Anfang Januar 2010 am Kurfürstendamm Theater im Schwank "Pension Schöller".
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Rolf Herricht als Holms
Ricore: 2003 gründeten Sie ein Tourneetheater.

Köfer: Ja, Köfers Komödiantenbühne, mit der wir jedes Jahr einige Monate in den neuen Bundesländern auf Tour sind. Ein Volkstheater, mit dem wir die Menschen gut unterhalten wollen. Ab Ende Januar 2010 geht es mit der Komödie "Zimmer frei" weiter.

Ricore: Und Fernsehen?

Köfer: Schauen wir mal. Ich habe mich noch nicht vom den Fernsehzuschauern verabschiedet.

Ricore: "Hände hoch oder ich schieße" erlebt eine verspätete Premiere. Macht es Sie froh, dass dieses Stück Filmgeschichte trotz der verlorenen Jahre endlich zu sehen ist?

Köfer: Rudi Strahl, Hans-Joachim Kasprzik, Rolf Herricht und die meisten der anderen Darsteller können die Premiere nicht mehr persönlich miterleben. Sicher werden sie da oben traurig darüber sein, dass sie die Früchte ihrer Arbeit nicht mehr ernten können, aber es ist schön, dass unsere gemeinsame Arbeit nicht umsonst war.

Ricore: Was können die Zuschauer erwarten?

Köfer: Eine lustige Geschichte, die komödiantisch von einer Komikergilde umgesetzt wurde, an die sich die Zuschauer sich noch gerne erinnern werden. Durch die verspätete Premiere wird der Film zugleich eine Zeitreise sein. Also, wenn Sie so wollen ist es eine historische Komödie, an der man seinen Spaß haben wird.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 29. Juni 2009
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Die Gaunerkomödie "Hände hoch oder ich schieße" schaffte es erst 20 Jahre nach dem Mauerfall ins Kino. Polizist Holms (Rolf Herricht) ist hochmotiviert, alle Verbrecher einzukerkern. Aber leider geschieht in seinem kleinen, idyllischen Dorf Wolkenheim nie etwas. Im Gegensatz dazu arbeitet seine Phantasie auf Hochtouren. Zu Entstehungszeit der Komödie wurde der Film verboten. Erst seit 2006 werden die Filme von der defa-spektrum GmbH kommerziell ausgewertet.
Im Jahr 1940 steht Herbert Köfer zum ersten Mal auf der Bühne. Der Zweite Weltkrieg fordert seinen Tribut, Köfer wird zum Militär einberufen. 1945 kehrt er auf Berlins Theaterbühnen zurück. In den folgenden Jahren etabliert er sich als Kabarettist und Komödiant. Als der Deutsche Fernsehfunk (DFF) 1952 seine Arbeit aufnimmt, ist Köfer von der ersten Minute an dabei. Er moderiert und produziert verschiedene Unterhaltungsprogramme. Er läuft Gefahr, auf das Komödienfach festgelegt zu werden. Indem..
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