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Mel Gibson als schottischer Freiheitskämpfer William Wallace
William Wallace als schottisches Nationalgut
Interview: Mel Gibsons "Braveheart"-Jubiläum
15 Jahre ist es her, seit Mel Gibson als schottischer Freiheitskämpfer William Wallace in "Braveheart" ein Weltpublikum begeisterte. Doch seitdem wurde es stiller um den heute 53-jährigen Hollywoodstar, der nach persönlichen Kapriolen und gewagten Filmstoffen wie "Die Passion Christi" heute zurückgezogen in Los Angeles lebt. Anlässlich der Jubiläums-Blu-ray-DVD-Veröffentlichung seines einstigen Welterfolges sprachen wir mit Gibson über die Auswirkungen seines Welthits, emotionale Momente am Set und wieso ihn die Schauspielerei plötzlich langweilte.
erschienen am 20. 11. 2009
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Mel Gibson als schottischer Freiheitskämpfer William Wallace
Ricore: Mr. Gibson, pünktlich zum 15-jährigen Jubiläum von "Braveheart (Limitierte 2-Disc Edition)" erscheint eine neue Jubiläums-DVD auf Blu-ray. Blicken Sie gerne zurück?

Mel Gibson: Es kommt ganz darauf an, worauf! (lacht) Aber in diesem Fall fällt mir das leicht, da der Film zu einem Teil von mir geworden ist. Ich bin sehr stolz darauf, auch wenn in den vergangenen 15 Jahren einiges passiert ist. 15 Jahre - das ist eine lange Zeit.

Ricore: Mit der Veröffentlichung auf Blu-ray wird "Braveheart" nun in bester Qualität für die Ewigkeit konserviert…

Gibson: Eigentlich muss man den Film in einem dunklen Kinosaal auf einer massiven Leinwand sehen, aber da die Bildschirme bei dem Publikum zuhause ja auch zunehmend größer werden, kommt man mit der Qualität von Blu-ray einem Kinoerlebnis schon ziemlich nahe.

Ricore: Was ist das besondere an diesem Format?

Gibson: Das Bild wird so klar, dass wirklich jede kleinste Bewegung erfasst werden kann. Das ermöglicht ein lebhafteres Filmerlebnis. Man muss nur aufpassen, dass es nicht zu real aussieht, aber in unserem Fall haben wir einen guten Mittelweg gefunden.

Ricore: Der Film hat damals rund 50 Millionen Dollar gekostet und weltweit mehr als 200 Millionen eingespielt. Entdecken Sie rückblickend Fehler am Film oder gibt es Dinge, die Sie stören?

Gibson: Ach, da gibt es so einiges. Aber der Schnitt war damals auch nicht einfach. Die erste Version war über vier Stunden lang, das finale Produkt musste unter drei Stunden sein. Also durchlief ich den grausamen Prozess, viele schöne Szenen zu kürzen. Wie heißt es im englischen so schön: Kill your Darlings!
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Mel Gibson als schottischer Freiheitskämpfer William Wallace
Ricore: Der Film gehört in Schottland inzwischen zum Nationalgut. Waren Sie sich bewusst, welchen Einfluss der Film auf dieses Land ausüben würde?

Gibson: Mir wurde das in dem Moment klar, als kurz nach der Premiere die Autonomiebestrebungen des Landes einen Sprung nach vorne machten. Ich glaube, dass der Film mitverantwortlich war, dass dieser Ball ins Rollen kam.

Ricore: Viele werfen Ihnen vor, die Geschichte des Freiheitskämpfers William Wallace nicht historisch korrekt erzählt zu haben…

Gibson: Das mag durchaus stimmen, aber es gab nur wenige Infos über diesen Typen. All das ist solange her, dass viele Infos schlichtweg verloren gingen. Klar ist nur, dass er wirklich gelebt hat. Der Geist von William Wallace lebt trotzdem im Kollektivbewusstsein der Schotten weiter. Und wie leidenschaftlich das Volk hinter ihrem Nationalheld steht, war damals schon bei den Dreharbeiten ersichtlich. Das ganze Land stand Kopf.

Ricore: Ist es in Ihren Augen also fair, für einen Film historische Fakten abzuändern?

Gibson: Klar. Ich habe ja auch nie behauptet, exakt das nachzuerzählen, was damals wirklich passiert ist. Ich wollte vielmehr einen unterhaltsamen Film drehen, dessen Geschichte auf die cineastischen Anforderungen eines derartigen Epos abgestimmt war. Wallace war in Wirklichkeit ein Monster, das nach Rauch stank und seine pure Freude daran fand, Dörfer abzubrennen. Er war im wahrsten Sinne des Wortes ein Berserker - aber seine Ideale interessierten mich. Also polierten wir seine Person etwas blank, um eine klassische Geschichte erzählen zu können, in der es die Guten und die Bösen gab.
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Mel Gibson als schottischer Freiheitskämpfer William Wallace
Ricore: Und eine Menge Blut…

Gibson: Es gab einige Szenen, die wir herausschneiden mussten, weil sie zu blutig waren. Der finale Film ist immer noch brutal, das stimmt. Mein Assistent machte sich einmal den Spaß und schenkte mir einen Zusammenschnitt mit den grausamsten Momenten, über die er Julie Andrewss Lied "My Favourite Things" legte. Es war absolut widerlich. (lacht)

Ricore: Wieso fand der Film in Ihren Augen damals so viel Zuspruch?

Gibson: Weil die Geschichte essenzielle Themen anspricht: Ehre und Heldentum, aber auch die unbedingte Aufopferung für die Freiheit. William Wallace verkörperte Ideale, die wir auch gerne hätten. Und er steht exemplarisch für Helden, die es noch heute in jeder Kultur gibt. Diese metaphorische Gewalt seiner Person hat mich beeindruckt und auch den Rest der Welt.

Ricore: Schottland scheint Sie dafür zu vergöttern. Nutzen Sie dies für gelegentliche Luxustrips ins Grüne?

Gibson: Nein, davor habe ich Angst.

Ricore: Wieso?

Gibson: Weil es da so guten Whiskey gibt, dass ich sonst nie trocken werden würde. (lacht)
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Ricore: Seit "Braveheart" haben Sie sich als Schauspieler etwas zurückgezogen. Was ist passiert?

Gibson: Die Schauspielerei hat angefangen, mich zu langweilen, dafür entdeckte ich mein Interesse für die Regie. Das wiederum kann ich nicht so oft machen, weil mir das so viel abverlangt, dass ich zwischendurch lange Pausen brauche.

Ricore: Wie haben Sie die emotionalen Szenen damals gemeistert? Immerhin waren Sie neben der Hauptrolle auch Regisseur und Produzent.

Gibson: Wichtig war nur, den Überblick zu behalten. Die Emotionalität kam von alleine. Wenn dich jemand nach über 100 Drehtagen falsch ansieht, brichst du automatisch in Tränen aus. (lacht)

Ricore: Stimmt es, dass Sie die Rolle gar nicht spielen wollten?

Gibson: Ja. Wallace starb mit rund 28 Jahren - und ich war damals schon gute zehn Jahre älter. Aber das Studio wollte mich unbedingt haben - und weil mir kein besserer Ersatz einfiel, habe ich schließlich zugesagt.

Ricore: Remakes sind in heutiger Zeit sehr angesagt. Wer wäre bei einer Neuauflage ein guter Ersatz für Ihre Person?

Gibson: Da gäbe es so einige Kandidaten. Aber ehrlich gesagt kann ich mir bei besten Willen nicht vorstellen, dass dieser Film jemals noch einmal gedreht wird. Es war ein sehr spezielles Epos, bei dem einige Dinge zusammenkommen mussten, um es überhaupt in die Tat umsetzen zu können. Es war ein Kraftakt, den vermutlich nicht viele mitmachen würden.

Ricore: Würden Sie sich noch einmal auf ein vergleichbares Unterfangen einlassen?

Gibson: Ich weiß es nicht. Obwohl ich täglich Berge von Essen in mich reinschaufelte, verlor ich während der Dreharbeiten trotzdem 15 Pfund. Und als es zu Ende war, war ich für Monate wie gelähmt. Aber rückblickend war es die Mühe wert.
erschienen am 20. November 2009
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