20th Century Fox
Michael Thurmeier an seinem Arbeitsplatz
"3D ist eine völlig neue Ebene"
Interview: Michael Thurmeier animiert
Mike Thurmeier kannte sich mit "Ice Age" bereits bestens aus, bevor er die Koregie für den dritten Teil übernahm. Als langjähriger Animator bei Blue Sky Studios brachte er Scrat schon 2002 das Nüsse knacken bei und sorgte dafür, dass das Helden-Gespann gut durch die Eiszeit schlidderte. In "Ice Age 3 - Die Dinosaurier sind los" kommen zwei neue Komponenten zum Altbewährten hinzu: 3-D-Animation und Dinosaurier.
erschienen am 2. 12. 2009
20th Century Fox
Ice Age 3 - Die Dinosaurier sind los
Ricore: Ist es schwierig ins Animations-Business einzusteigen?

Michael Thurmeier: Wenn man Talent hat, daran arbeitet und es weiter entwickelt, ist es eigentlich recht leicht. Die Industrie sucht immer gute Leute. Aber in Europa scheint es schwieriger zu sein. Vor allem, um an großen Spielfilmen mitzuarbeiten. Dort gibt es weniger Möglichkeiten. Es ist auch nicht leicht, ein Visum zu bekommen, um in den USA zu arbeiten, weil die Studios Amerikaner bevorzugt einstellen müssen. Aber wir suchen auf der ganzen Welt nach Leuten und stellen sie ein, wenn wir können.

Ricore: Dann arbeiten Sie in einem internationalen Team?

Thurmeier: Ja. Man muss die besten Künstler engagieren, die man finden kann, egal, ob sie aus England, Deutschland, Russland, Korea oder Japan sind. Wir sind eine internationale Gruppe und ich mag das.

Ricore: Wie viele Menschen arbeiten an einem Film wie "Ice Age 3"?

Thurmeier: Ich glaube, das Studio hat um die 350 Leute eingestellt. Es gibt verschiedene Stationen in der Produktion, deshalb weiß ich nicht, ob alle 350 auch an diesem Film mitgearbeitet haben. Aber die meisten werden wohl damit in Berührung gekommen sein.
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Otto Waalkes liebt es, Komiker zu sein
Ricore: Welche Unterschiede gibt es zu den ersten "Ice Age"-Folgen?

Thurmeier: In erster Linie war es das epische Ausmaß. Wir wussten, dass wir einen Film machen, der im Sommer in die Kinos kommt. Deshalb war es unser Ziel, einen großen Familien- und Abenteuerfilm mit viel Humor zu machen, in den man auch die Kinder mitnehmen kann. Der genauso aufregend wie ein Actionfilm ist, aber auch familiengerecht. Deshalb wurde daraus eine große, üppig bewachsene Welt mit den Elementen der Dinosaurier. Wir haben den Spaßfaktor behalten und sogar verbessert. Im Prinzip ist es das, was die letzten "Ice Age"-Filme ausmacht, in einer neuen Umgebung.

Ricore: Warum haben Sie die Dinosaurier eingebaut?

Thurmeier: Für Kinder sind Dinosaurier faszinierend, vor allem für kleine Jungs. Ich glaube, jeder war schon mal von Dinosauriern fasziniert. Allein die Vorstellung, dass diese Monster existiert haben und herum gelaufen sind. Sie sind seit "Jurassic Park" definitiv ein Teil der Pop-Kultur. Wir haben aber aufgepasst, dass wir keine blutdurstigen Dämonen aus ihnen machen, die Angst einflößen. Wir haben versucht, ein Gleichgewicht zu schaffen, um ein gewisses Maß an Spannung aufzubauen, aber trotzdem Figuren zu schaffen, die auch für Kinder geeignet sind. Ich denke, das ist uns ganz gut gelungen. Das schöne an dem Konzept ist, dass es Überraschungen beinhaltet. Natürlich wissen wir, dass die Dinosaurier in der Eiszeit nicht existiert haben. Aber wir sehen es als eine Art Welt für ausgestorbene Kreaturen, die von der Zeit vergessen wurden.

Ricore: Sie haben zwei Kinder. Dürfen die den Film sehen und verstehen sie ihn auch?

Thurmeier: Meine vierjährige Tochter versteht ihn, glaube ich. Sie liebt auch die anderen "Ice Age"-Filme und schaut gerne Animationsfilme. Meine zweieinhalbjährige Tochter mag vor allem Scrat und die Baby-Dinos. Über sowas lacht sie. Aber ich glaube nicht, dass sie den Film versteht. Ich wollte jedenfalls nicht, dass meine Kinder Angst haben.
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Michael Thurmeier
Ricore: Was denken Ihre Kinder, was sie den ganzen Tag in der Arbeit machen?

Thurmeier: Ich weiß nicht, ob sie verstehen, was ich mache. Aber sie haben immer gefragt, ob ich den "Ice Age"-Film schon fertig habe. Sie wissen nur, dass ihr Papa den Film gemacht hat. Aber was ich genau dabei zu tun habe, wissen sie nicht.

Ricore: Was genau haben Sie denn als Koregisseur bei "Ice Age" gemacht?

Thurmeier: Ich habe Carlos Saldanha geholfen, die Aufgaben und Meetings aufzuteilen. Habe ihm bei den Entscheidungen geholfen, die man bei so einem Film treffen muss. Man muss sich mit so vielen Leuten treffen und über so viele Dinge reden, dass es hilft, wenn man zu zweit daran arbeitet. Es erleichtert die Last zu tragen, die bei so einem Film doch sehr schwer ist. Eine Menge Mitarbeiter brauchen Feedback und Ideen. Anfangs war ich nur dazu da, ihn zu unterstützen. Aber mit der Zeit hat es sich so entwickelt, dass wir uns die Aufgaben geteilt haben.

Ricore: Dann waren Sie diesmal weniger an der technischen Entstehung beteiligt?

Thurmeier: Vor diesem Film war ich Animations-Leiter bei Blue Sky. Dort hatte ich mit dem Animationsteam zu tun und habe mich mit der technischen Umsetzung befasst. Jetzt habe ich weniger mit den Computerarbeiten zu tun.

Ricore: Was gefällt Ihnen besser?

Thurmeier: Die Animation. Dort zu sitzen und die Figuren zu bewegen, ist befriedigender. Danach kann man sagen, ich habe mitgeholfen, das zu machen. Wenn man die Aufsicht macht, hilft man den Leuten zwar. Man spricht darüber, wie man es machen muss. Aber man macht es eben nicht selbst. Koregie fühlt sich wieder mehr wie Animation an, weil es kreativer ist. Man hilft dabei, einen Film in Form zu bringen. Auch wenn man nicht selbst am Bildschirm sitzt und die Figuren bewegt, fühlt es sich kreativer an, als die Arbeit zu beaufsichtigen. Ich würde lieber animieren oder Regie führen.
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Das von Otto eigenhändig signierte Filmplakat
Ricore: Was ist der Unterschied in der Produktion, wenn man in 3D dreht?

Thurmeier: Die 3D-Produktion ist eine völlig neue Ebene, die man hinzufügen muss. Man muss an viele neue Sachen denken. Man muss überlegen, wie man einen Effekt kreieren kann. Wir haben viel beim Machen dazugelernt und ausprobiert. Die Leinwand wird weiter und offener. Man hat das Gefühl, Teil der Umgebung zu sein, wenn Dinge plötzlich auf einen zukommen. Oder dass man Scrats Fell streicheln kann. Es ist, wie wenn man durch ein Fenster in diese Welt hineinblickt.

Ricore: Ist es deshalb für Erwachsene interessanter, den Film zu sehen?

Thurmeier: Ich denke schon. Es ist eine neue Art, Filme zu zeigen. Vielleicht werden große Filmemacher Wege entdecken, ihre Geschichten mit der neuen Technik auf neue Art zu erzählen. Aber wir sind erst am Anfang. Die Erwachsenen kriegen trotzdem schon jetzt was für ihr Geld.

Ricore: Woran arbeiten Sie als nächstes?

Thurmeier: Der nächste Film heißt "Rio" und spielt in Rio de Janeiro in Brasilien. Es geht um ein paar Vögel, mehr kann ich dazu noch nicht sagen.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 2. Dezember 2009
Zum Thema
Michael Thurmeier startet seine Animationskarriere 1998 bei den Blue Sky Studios in New York mit kleinen Passagen in Filmen wie "Fight Club". Schon bald ist er für größere Projekte verantwortlich und übernimmt die Leitung einer Animationsabteilung. Für den animierten Kurzfilm "Keine Zeit für Nüsse" erhält er 2007 eine Oscar-Nominierung. In "Ice Age 3 - Die Dinosaurier sind los" ist er neben Carlos Saldanha erstmals für die Regie zuständig.
Der dritte Teil der Animationsreihe birgt für Sid, Manni und Diego viele Überraschungen. Die Freunde finden neue Weggefährten. Scrat ist von seinem weiblichen Pendant Scrattie hin und weg und vergisst darüber zeitweise sogar seine Nuss. Dank seiner Tollpatschigkeit und seinen verrückten Ideen landet Faultier Sid (Otto Waalkes) wie gewohnt im tiefsten Schlamassel. Dinosaurier geben der Handlung in "Ice Age 3 Die Dinosaurier sind los" neue Impulse.
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