Walt Disney Studios Motion Pictures
Roger Cicero liebt seine neue Rolle als Froschkönig
Von der Couch auf die Bühne
Interview: Roger Cicero küsst als Frosch
Er suchte sich mit deutschem Gesang zu Bigbandklängen einen ungewöhnlichen Musikstil aus. Spätestens seit seinem Auftritt beim Eurovision Song Contest 2007 erlangte er europaweit Popularität. Mittlerweile ist der gebürtige Berliner Roger Cicero auch in der Schauspielerei aktiv, so hatte er in "Hilde" eine erste Rolle. Jetzt leiht er in "Küss den Frosch" Hauptfigur Prinz Naveen seine Stimme. In unserem Interview erzählt der Vollblutmusiker, wie lange er morgens vorm Spiegel steht, wie Sohn Louis sein Leben veränderte, was er an einem freien Tag in Jogginghose tut und wann ihm wirklich übel wird.
erschienen am 17. 12. 2009
Walt Disney Studios
Küss den Frosch
Ricore: Wie hat es sich ergeben, dass Sie die deutsche Stimme von Prinz Naveen in "Küss den Frosch" bekommen haben?

Roger Cicero: Zunächst wurde mein Management kontaktiert und angefragt, ob von meiner Seite Interesse bestünde, an "Küss den Frosch" mitzuwirken. Anfangs war noch nicht klar, wofür Disney mich überhaupt haben wollte: Bekomme ich eine Sprechrolle und wenn ja, für welche Figur? Oder soll ich möglicherweise nur ein Lied singen? Wie alle anderen musste auch ich an einem Casting teilnehmen. Dort habe ich für zwei Rollen vorgesprochen: für den Frosch Prinz Naveen und den bösen Voodoomeister Dr. Facilier. Schließlich wurde ich für die Sprechrolle des Frosches ausgewählt.

Ricore: Möchte man nicht eigentlich viel lieber den finsteren Bösewicht sprechen, statt dem arroganten und überheblichen Frosch?

Cicero: Mit solchen Worten wurde mir die Rolle natürlich nicht vorgestellt (lacht). Mir wurde aber bei den Texten, die ich vorsprechen musste, schnell klar, dass mir die Rolle des Frosches viel mehr liegt als die des Voodoomeisters. Bei Prinz Naveen wird viel mehr gelacht, die Figur ist lebendig. Die Rolle des fiesen Schurken ist für einen Schauspieler natürlich eine größere Herausforderung. Aber ich bin sehr glücklich, die deutsche Stimme von Naveen zu sein.

Ricore: Anders als bei der Musik kann man bei der Synchronisation einer Filmfigur nicht viel improvisieren. Wie war das für Sie?

Cicero: Die Aufnahmen zur Synchronisation ähneln denen beim Filmdreh. Auch da gibt es ein Drehbuch, an das man sich zu halten hat. Die Aufgabe des Schauspielers besteht darin, seine Rolle so glaubwürdig wie möglich rüberzubringen. Es gibt sicherlich viele hochkarätige Schauspieler, die eine Szene improvisieren können, welche dann auch im Film landet. Bei der Musik halte ich mich auch an Texte und Melodien, habe aber immer Möglichkeiten zu improvisieren. Bei der Synchronisation ist das natürlich anders. Man muss das abliefern, was gefragt wird. Mir hat es Spaß gemacht und ich fand es interessant.

Ricore: Könnten Sie sich vorstellen, mehr im Bereich der Schauspielerei zu machen?

Cicero: Das kann ich mir sehr gut vorstellen, allerdings gibt es viele verschiedene Sachen, die ich gerne machen würde. Zuvorderst bin ich aber Musiker mit Leib und Seele. In der Musik liegt meine Leidenschaft und ich wünsche mir, dass sie mich bis an mein Lebensende begleitet.
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Roger Cicero und Marianne Rosenberg genießen den roten Teppich
Ricore: Freuen Sie sich, bei einem Disneyfilm mitgearbeitet zu haben, den Sie Ihrem Sohn Louis zeigen können?

Cicero: Mein Sohn ist jetzt eineinhalb Jahre alt. Es dauert also noch etwa zwei Jahre, bis ich ihm den Film überhaupt zeigen kann. Aber allein die Tatsache, dass Louis seinen Papa beim Film bewundern kann, hat mich schnell sehr, sehr stolz gemacht.

Ricore: Finden Sie einige Szenen des Films nicht ein bisschen gruselig für Kinder?

Cicero: Es ist zwischendurch etwas gruselig, das stimmt. Aber das ist in Disneyfilmen fast immer so. In "Schneewittchen" war es beispielsweise die Hexe. Es gibt immer irgendwelche gruseligen Elemente, davon lebt der Film in gewisser Weise. Es ist für mich ein Aspekt, der Disneyfilme so interessant macht.

Ricore: Sie sind auf und hinter der Bühne groß geworden. Gab es für Sie irgendwann eine berufliche Alternative zur Musik?

Cicero: Für mich persönlich gab es nie eine Alternative. Meine Eltern hätten mir den Spaß an der Musik allerdings in jungen Jahren fast vergrault als sie mich mit vier Jahren in den Klavierunterricht gesteckt haben. Ich habe es gehasst! Glücklicherweise konnte ich mich mit fünf Jahren durchsetzen und meine Eltern meldeten mich vom Klavierunterricht wieder ab. Danach wollte ich mit Musik, zumindest in einer ausübenden Form, vorerst nichts mehr zu tun haben. Als ich zehn Jahre alt war, wollten meine Eltern dann doch, dass ich ein Instrument lerne. Ich ließ mich von ihnen zum Gitarrenspielen überreden.

Ricore: Das Gitarrenspielen hat Ihnen also mehr Spaß gemacht?

Cicero: Mein Glück war, dass ein ziemlich unkonventioneller Gitarrenlehrer den Job übernommen hat. Der Mann hat von Anfang an klargemacht, dass er den Unterricht selbst gestalten will und sich nicht reinreden lassen möchte. Ihm war eben bewusst, dass mein Vater ihm als berühmter Jazzpianist viele Vorgaben machen würde. Er hat also direkt klare Fronten geschaffen und gesagt, dass er mich nur unterrichtet, wenn er keine Vorgaben bekommt. Das war mein Glück, denn ich habe von ihm sofort Akkorde und ganze Stücke gelernt, bei denen ich mitsingen konnte. Durch meinen Gitarrenlehrer habe ich meinen Spaß an der Musik wieder entdeckt - oder erstmal entwickelt, könnte man fast sagen.
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Küss den Frosch
Ricore: Haben Sie sich denn nach Ihren negativen Erfahrungen mit dem Klavierspielen auch vor dem Gitarrenunterricht gestäubt?

Cicero: Ja, anfangs habe ich mich sehr gesträubt. Aber der Gitarrenlehrer konnte mich sehr schnell für seinen unkonventionellen Unterricht begeistern. Das Singen fiel mir schon immer leicht. Da ich beim Gitarrespielen mitsingen durfte, habe ich den Unterricht sehr schnell geliebt. Ich hatte schon damals immer den Gedanken im Hinterkopf, dass ich Musik für Leute mache. Jedes Lied, das ich im Gitarrenunterricht neu gelernt habe, habe ich auch schnell anderen Leuten vorgeführt, was mir noch mehr Spaß bereitete.

Ricore: Hat sich Ihre Leidenschaft für die Musik in irgendeiner Weise geändert als Sie Vater geworden sind?

Cicero: Obwohl seit der Geburt meines Sohnes Louis natürlich viele neue Dinge in mein Leben getreten sind, hat dieses Ereignis meine Leidenschaft für die Musik in keiner Weise geschmälert. Natürlich ist Louis jetzt der wichtigste Mensch in meinem Leben! Glücklicherweise muss ich aber auch nie eine Entscheidung zwischen meinem Sohn und der Musik fällen.

Ricore: Nach Ihren negativen musikalischen Erfahrungen in Ihrer Kindheit, lassen Sie Louis mit solchen Dingen wahrscheinlich erstmal in Ruhe.

Cicero: Definitv (lacht)! Ich lasse ihn zu gegebenem Zeitpunkt auf jeden Fall selbst entscheiden, ob er ein Instrument lernen oder auf eine andere Weise Musik machen möchte.

Ricore: Würde es Sie denn glücklich machen, wenn Ihr Sohn Louis auch eine musikalische Karriere anstreben würde, wie Sie und Ihr Vater?

Cicero: Mich würde es glücklich machen, wenn er seine wahre Leidenschaft in seinem Leben findet und den Mut aufbringt, sich davon leiten zu lassen. Ob das dann in der Musik, in einer akademischen Karriere oder wo ganz anders ist, bleibt ihm überlassen. Hauptsache ist, er hat Spaß daran und seine Arbeit erfüllt ihn.
Bunte deutsche Illustrierte
Louis Armstrong ist eins mit seiner Trompete
Ricore: Haben Sie Ihren Sohn nach Jazzlegende Louis Armstrong benannt?

Cicero: Es denken viele zuerst an Louis Armstrong wenn sie den Namen unseres Sohnes hören. Der Verdacht liegt nah, das ist ganz klar. Aber uns hat der Name einfach sehr gut gefallen. Zuerst sollte unser Kind anders heißen, meine Freundin und ich haben uns aber zwei Wochen vor der Geburt noch mal umentschieden.

Ricore: Sind Sie mit sich selbst zufrieden oder gibt es Dinge, die Sie gerne an sich ändern würden?

Cicero: Nein, ich bin zufrieden. Im Moment kann ich mir auf keinen Fall vorstellen, mich irgendwann mal freiwillig unters Messer zu legen.

Ricore: Wie lange stehen Sie morgens vor dem Spiegel?

Cicero: Ich stehe so lange vorm Spiegel, wie es dauert, mich anzuziehen und die Krawatte in der richtigen Länge zu binden. Das ist die größte Schwierigkeit für mich. Ich trage immer Schlipse, die nicht ineinander gesteckt, sondern offen gelassen werden, so dass man zwei Teile der Krawatte sieht. Da ist das mit der richtigen Länge der beiden Teile umso wichtiger. Dafür brauche ich manchmal schon drei oder vier Anläufe. Es soll eben ganz cool aussehen (lacht).

Ricore: Stil spielt in Ihrer Musik eine große Rolle. Wer macht Ihre Anzüge?

Cicero: Ich habe eine ganz wunderbare Stylistin an meiner Seite, die immer eine Vorauswahl für mich trifft. Sie kennt meine Vorlieben ganz genau, bringt aber auch eigene Vorschläge an. Ein- bis zweimal im Jahr kommt sie mit unglaublich vielen Anzügen zu mir nach Hause. Mein Wohnzimmer wird dafür in einen Kleiderladen verwandelt. Überall stehen Stangen herum an denen unzählige Anzüge hängen. Die Anprobe dauert mehrere Stunden. Ich suche mir die Anzüge aus, die mir am besten gefallen. Letztendlich entscheide ich, was ich anziehe, denn ich muss mich ja wohl fühlen. Es würde nichts bringen, mich in einem Anzug auf die Bühne zu stellen, der mir nicht gefällt, denn dann könnte ich mich nicht locker und unbeschwert bewegen.
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Roger Cicero hat gut lachen
Ricore: Tragen Sie auch mal einen Kapuzenpulli und eine Jogginghose? Erkennt man Sie in so einem Outfit überhaupt?

Cicero: Das trage ich, wenn ich um die Hamburger Alster jogge. Trotzdem werde ich auf der Straße erkannt, auch wenn ich mal keinen Anzug trage. Oftmals bringt sogar eine Sonnenbrille nichts.

Ricore: Wann wurde Ihnen bewusst, dass Sie bald in Deutschland groß rauskommen?

Cicero: Mit dem Sieg des Vorentscheids für den Eurovision Song Contests 2007, begann sich mein Leben zu ändern. Kurze Zeit nach dem Vorentscheid bekam ich den Echo, anschließend begannen die Vorbereitungen für meinen Auftritt auf dem Eurovision Song Contest 2007 in Helsinki. Dort war der Presserummel immens! So viel Presse hatte ich die eineinhalb Jahre zuvor vielleicht gerade mal zusammen bekommen. Es hat sich zu dieser Zeit alles unglaublich potenziert!

Ricore: Sie erscheinen sehr diszipliniert. Gibt es auch Momente, in denen Sie mal undiszipliniert sind?

Cicero: Das passiert phasenweise. Mit der Geburt meines Sohnes hat sich natürlich auch ein Teil meines Lebens geändert. Früher habe ich gerne einfach mal ein paar bequeme Tage eingeschoben, währenddessen ich nur auf der Couch lag, wenig vor die Tür gegangen bin und viele DVDs geschaut habe. Ich kann sehr viel und sehr lange Fernsehgucken, das finde ich super! So etwas ist mit Louis jetzt natürlich schwierig geworden, denn diese Zeit ist einfach nicht mehr da.

Ricore: Wer steht auf, wenn das Kind schreit?

Cicero: Meine Freundin steht auf. Sie lässt mich netterweise morgens noch eineinhalb Stunden länger schlafen - aber ich gehe ja auch später ins Bett.
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Roger Cicero bei der Arbeit im Synchronstudio
Ricore: Haben Sie sich am Anfang Ihrer Karriere mal überlegt, ob Sie den Jazz vielleicht doch beiseite lassen und, um einfacher und schneller erfolgreich zu werden, auf den Pop-Zug aufspringen oder die Musik machen, die in Deutschland gerade populär ist?

Cicero: Den Jazz links liegen zu lassen war eigentlich schon früh viel zu spät. Denn als ich mein Jazz-Studium abschloss, war ich bereits 26 Jahre alt. Als ich mir damals die Musikvideos auf Viva oder MTV anschaute, kam ich mir fast wie ein Rentner vor verglichen mit den Künstlern, die auf den Musiksendern hoch und runter liefen. Ende der 1990er Jahre war zudem die Glanzzeit der Boygroups, die weltweit Erfolge feierten. In dieser Schiene, mit Tanz und Choreographien, habe ich mich nie gesehen. Ich dachte damals, dass ich für den großen Durchbruch ohnehin schon zu alt sei.

Ricore: Ab wann konnten Sie von Ihrer Musik leben?

Cicero: Gott sei Dank war ich schon früh in der privilegierten Lage, von meiner Musik leben zu können. Ich bin durch meine Musik und meine Auftritte zwar nie reich geworden, bin aber immer über die Runden gekommen. Es gab Auftritte, die ich ausschließlich für die Deckung meiner Festkosten absolvierte. Dann gab es natürlich auch Sachen, die ich gerne machte, womit ich allerdings nur wenig oder gar kein Geld verdiente. Auf der anderen Seite konnte ich es mir nicht oft leisten, aufs Geld zu gucken, wenn es sich um Jazz-Engagements oder künstlerisch anspruchsvollere Projekte handelte. Denn das mache ich mit Leib und Seele leidenschaftlich gerne!

Ricore: Was gab den Anstoß, deutschen Gesang mit einer Jazz-Bigband zu kombinieren?

Cicero: Als ich mein jetziges Management kennenlernte, stand schnell die Idee im Raum, Swingmusik mit einer Bigband und deutschen Texten zu machen. Mir war von Anfang an klar, dass das eine große Herausforderung bedeuten würde. Ich war mir auch nicht sicher, ob so ein Projekt in Deutschland funktionieren könnte, dachte aber gleichzeitig: Wenn das jemand probieren sollte, dann auf jeden Fall ich! (lacht)

Ricore: Ist es für das Singen von Liebesliedern eigentlich besser, glücklich verliebt zu sein, oder Liebeskummer zu haben?

Cicero: Das sollte keinen Unterschied machen, wenn man ein guter Interpret ist. Denn genau darin liegt die Kunst eines Sängers. Ein guter Sänger sollte sich in jedes Thema, das er gerade in Form eines Liedes zum Besten gibt, hineinversetzen und die passenden Gefühle aus sich herausholen können. Das ist die schauspielerische Arbeit, die man als Sänger leisten muss. Doch dafür gibt es verschiedene Tricks. Es muss nicht unbedingt das eine Gefühl wieder herausgekramt werden, um das sich gerade der Song dreht. Es reicht, eine Emotion zu finden, die sich dem Song entsprechend anfühlt, aber vielleicht ganz andere Hintergründe hat.

Ricore: Eine letzte Frage: Dean Martin oder Frank Sinatra?

Cicero: Sinatra. Obwohl ich Dean Martin auch großartig finde, Frank Sinatra ist für mich einfach der beste Sänger. Er hat eine so erschreckend gute Technik, dass einem als Sänger fast übel werden könnte

Ricore: Herr Cicero, danke für das Interview!

Ab dem 15. Januar 2010 tourt Roger Cicero wieder durch Deutschland. Mehr Infos unter www.rogercicero.de.
erschienen am 17. Dezember 2009
Zum Thema
Roger Cicero liegt die Musik im Blut. Als Sohn des 1997 verstorbenen Jazzpianisten Eugen Cicero und der Tänzerin Lili Cziczeo, beginnt seine Musikerkarriere schon in jungen Jahren. Als elfjähriger tritt der am 6. Juli 1970 in Berlin geborene Jazzmusiker im Vorprogramm von Chansonsängerin Helen Vita auf. Nachdem er einige Jahre als Gastsänger bei Jazzkantine und Soulounge mit von der Partie ist, gründet er 2003 das Roger-Cicero-Quartett. Drei Jahre später erscheint sein erstes Soloalbum..
Mit dem romantischen Märchen "Küss den Frosch" kehrt Disney nach vielen Jahren der Computeranimation wieder zum klassischen Zeichentrickfilm zurück. Das Regisseurs-Duo Ron Clements und John Musker lehnen sich nur oberflächlich an das Märchen "Der Froschkönig" der Gebrüder Grimm an. Sichtlich bemühen sie sich um Neuerungen und vermischen diese gekonnt mit den klassischen Märchenelementen wie Tanz und Musik.
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