Constantin Film
Franziska Buch und Meira Durand am Set
Franziska Buch liebt Kinderfilme
Interview: Meira Durand singt sich in die Herzen
Franziska Buchs Kinderfilm "Hier kommt Lola!" wurde mit bekannten deutschen Schauspielern realisiert. So sind neben Nora Tschirner und Julia Jentsch auch Axel Prahl und Margarita Broich zu sehen. Für die Rolle der Lola suchte das Filmteam sieben Monate kreuz und quer durch die deutsche Republik nach dem richtigen Mädchen. Gefunden wurde Meira Durand, Mitglied des Kinderensembles der Komischen Oper Berlin. Wir trafen uns mit der heute Zehnjährigen sowie der Regisseurin zu einem entspannten Gespräch und stießen auf jede Menge Frauen- und Mädchenpower.
erschienen am 5. 03. 2010
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Franziska Buch
Ricore: Wie war es für dich, als du erfahren hast, dass du die Hauptrolle kriegst?

Meira Durand: Ich war total begeistert und hab mich riesig gefreut. Es stand nämlich nicht ganz fest. Am Tag der Zeugnisausgabe der dritten Klasse habe ich dann gehört, dass ich die Rolle kriege. Dann musste alles ganz schnell gehen. Über die Sommerferien waren wir dann aufgrund der Dreharbeiten weg.

Franziska Buch: Es musste deshalb schnell gehen, da eine Schulbefreiung nötig ist. Und da die Schule während der Sommerferien schließt, mussten wir alles zeitnah erledigen.

Durand: Ich war ganz aufgeregt und konnte mir das alles nicht richtig vorstellen. Ich habe zwar Theatererfahrung und hatte bestimmte Bilder im Kopf, dennoch konnte ich mir das nicht richtig vorstellen.

Buch: Meira hat die Rolle tatsächlich nicht gleich bekommen, sondern ist durch eine Reihe von Castings gegangen. Es wurden immer weniger Mädchen und schließlich hat sich Meira gegen alle anderen durchgesetzt.

Ricore: Wie lange hat sich das Casting hingezogen?

Buch: Das gesamte Casting hat sieben Monate gedauert. In der ersten Zeit war ich nicht dabei, das haben unsere Casting-Agenten übernommen. Die Rolle war nicht einfach zu besetzen. Wir brauchten jemand, der singen, spielen und tanzen konnte. Und das Mädchen musste natürlich zu den anderen passen.
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Meira Durand in: Hier kommt Lola!
Ricore: Eine anspruchsvolle Kinderrolle...

Buch: Auf jeden Fall. Aber mit Meira haben wir sehr großes Glück gehabt.

Ricore: Hast du den Film schon gesehen?

Durand: Ja, ich habe ihn gesehen, als er noch nicht ganz fertig war, aber da hat er mir schon sehr gut gefallen.

Ricore: Wie war es für dich, als du dich zum ersten Mal in einem Kinofilm auf der Leinwand gesehen hast?

Durand: Während der Dreharbeiten hat mir Franziska gezeigt, was ich verbessern könnte. Ich war am Anfang schon sehr aufgeregt, aber es war nicht schlimm, mich auf der Leinwand zu sehen.

Ricore: Was sagen deine Freunde dazu, dass du jetzt ein Filmstar bist?

Durand: Meine Freunde unterstützen mich sehr. Ich habe mir auch gewünscht, dass sie das nicht allen weitererzählen. Und das tun sie auch nicht. Niemand ist neidisch oder eifersüchtig. Das ist schon toll.
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Meira Durand in: Hier kommt Lola!
Ricore: Hast du deine beste Freundin schon gefunden, wie die Filmfigur Lola?

Durand: Ich habe mehrere Freundinnen. Manche wohnen weiter weg. Wenn wir uns treffen, reden wir sehr viel und haben uns immer etwas zu sagen. Es kam auch schon vor, dass ich vier Tage bei ihnen übernachten durfte. Wir haben dann reine Spieltage gemacht. Mit einer meiner Freundin habe ich mich erst einmal gestritten und im Nachhinein kam mir das sehr albern vor.

Ricore: Wünschst du dir dasselbe wie Lola?

Durand: Mein Wunsch ist es, aufs Land zu ziehen, mich frei bewegen zu können, gute Freunde zu haben und glücklich zu sein. Ich fühle mich richtig wohl auf dem Land.

Buch: Ich glaube, dass Lolas Sehnsucht nach einer besten Freundin und ihre Traumprojektionen stark zusammenhängen. Lola ist in einem Alter, in dem es darum geht, sich erstmals ein Stück von der Familie zu lösen und neue soziale Gefüge zu entdecken. In der Schule muss man gucken, dass man seinen Platz findet, Freundschaften knüpft. Das ist für ein Kind existenziell. Und weil das für Lola nicht so einfach wie erhofft läuft, träumt sie sich in eine andere Existenz, in der sie von andern Kids gesehen und geliebt wird. Ein Star zu werden, das ist ein sehr heutiger Kindertraum. Früher wollte man Prinzessin werden, heute eben Popidol. Letzten Endes ist diese Traumrolle nur die Vergrößerung der Sehnsucht, auch außerhalb der Familie wahrgenommen und anerkannt zu werden.

Ricore: Kennen Sie das auch?

Buch: Klar, das habe ich als Kind auch gemacht. Das, was mir im Alltag gefehlt hat, habe ich mir in einer anderen Identität vor dem Einschlafen erträumt. Das tun unglaublich viele Kinder. Das heißt nicht, dass ihre Probleme überwältigend oder ihre Familien zerrüttet sind. Lolas Familie ist auch völlig intakt und sehr lebendig. Dennoch gibt es auch in Lolas Leben Mängel. Tagträume sind alltägliche, sehr kreative Fluchtstrategien. Davon erzählt der Film.

Ricore: Haben sich Ihre Träume, die Sie als Kind hatten, erfüllt?

Buch: Zum Teil waren meine Träume unerfüllbar. Ich habe mir als Einzelkind beispielsweise immer eine Großfamilie mit vielen Geschwistern erträumt. Vielleicht haben sich die Träume auf einer anderen Ebene erfüllt. Meine Lebenspartner stammten nämlich immer aus Großfamilien (lacht).
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Franziska Buch
Ricore: Welche Träume haben Sie jetzt noch?

Buch: Gut zu altern! Mich gut auf neue Aufgaben einstellen zu können, die in meiner zweiten Lebenshälfte auf mich zukommen. Neue, berufliche Herausforderungen zu finden. Ich möchte aber auch das, was ich in Laufe meines Lebens bekommen und gelernt habe, an jüngere Generationen weiter geben, ein erster Schritt dahin ist meine Lehrtätigkeit an der Filmhochschule.

Ricore: Hast du dich für den Film speziell im Tanz und Gesang geübt?

Durand: Die Tänze und Lieder waren eingeübt. Es war schon wichtig, dass alle Töne saßen.

Buch: Es gab eine klare Choreographie, die mit zwei Choreographen einstudiert wurde. Die Lieder wurden geprobt und eingesungen. Aber Meira hatte ja schon Gesangserfahrung. Sie ist im Kinderensemble der Komischen Oper Berlin.

Durand: Ja, wir haben sehr viel vorbereitet und einstudiert, damit jeder Schritt beim Tanzen saß. Ich wusste ja schon vorher, dass ich gut singen konnte. In der Komischen Oper wird man auf sein Können und seiner Stimme hin geprüft. Ich merke auch, dass ich mich stimmlich entwickelt habe.

Ricore: Kannst du dir vorstellen, Popstar zu werden?

Durand: Singen kann ich mir vorstellen, aber Popstar oder berühmt werden will ich nicht.

Ricore: Warum nicht?

Durand: Ich mag es nicht, im Mittelpunkt zu stehen. Ich finde es schöner, wenn wir eine Gruppe sind, wo keiner den Ton angibt, sondern alle gemeinsam etwas bestimmen.

Buch: Dann bist du ja beim Film genau richtig (lacht)!
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Felina Czycykowski und Meira Durand
Ricore: Wie war das denn bei den Dreharbeiten? Hat die Regisseurin immer den Ton angegeben?

Durand: Nein, wir haben unsere Ideen vermischt. Wenn mir Franziska Ratschläge gegeben hat, und ich sie umgesetzt habe, wurden die Szenen oft viel besser. Umgekehrt vielleicht auch. Zusammen ist es viel schöner geworden, als wenn jeder einzeln für sich gearbeitet hätte.

Ricore: Wie war es mit den anderen Kindern am Set? Seit ihr gute Freunde geworden?

Durand: Ja, wir wurden alle gute Freunde. Alle Mittagspausen haben wir zusammen im Wohnwagen gesessen und gekichert. Felina Czycykowski kannte ich ja schon davor. Wir hatten die erste Castingrunde zusammen gemacht. Später haben wir uns wieder getroffen. Schon damals habe ich mir gewünscht, dass sie Flo spielt. Ich fand, dass sie etwas Besonderes ist.

Ricore: Was lernen Sie von Kindern? Was nehmen Sie aus der Arbeit mit?

Buch: Diese Unmittelbarkeit, die nichts Gemachtes hat, eine Wahrhaftigkeit im Spiel, die ganz aus dem Gefühl, dem Innersten kommt, diese Qualitäten bringen Kinder mit sich. Das bringt manchmal auch Profi-Schauspieler unter großen Zugzwang. Natürlich ist eine kindliche Perspektive auf eine Szene anders. Gerade im Family-Entertainment ist das ein wichtiges Korrelativ. Das ist aber nicht nur beruflich immer wieder eine schöne Erfahrung, sondern auch menschlich. Kinder haben nun mal andere Qualitäten als Erwachsene. Sagen wir es mal so: das Ego spielt in der Regel noch nicht so eine große Rolle wie bei uns Erwachsenen. Das hat etwas sehr Erfrischendes. Ich drehe gerne mit Kindern, es ist immer wieder eine sehr berührende Erfahrung. Sonst würde ich es nicht so oft tun.

Ricore: Haben Sie im Gefühl, was Kindern gefällt?

Buch: Ich mache das instinktiv. Ich verbinde mich mit meiner kindlichen Vorstellungskraft. Meine Kindheit ist mir noch sehr gegenwärtig. Ich hole natürlich die Meinung meiner Mitarbeiter zu bestimmten Dingen ein. Daher ist ein Film ja auch Teamarbeit und kein autokratischer Prozess. Wenn ich mich vorher frage, ob der Film ein Erfolg wird, kann ich gleich zu Hause bleiben, das bringt nichts.
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Hier kommt Lola!
Ricore: Wo gab es bei "Hier kommt Lola!" die größten Schwierigkeiten?

Buch: Wir hatten kein gigantisches Budget wie bei "Bibi Blocksberg". Uns stand dieses Mal nur rund die Hälfte zur Verfügung. Dennoch ist "Hier kommt Lola!" sehr anspruchsvoll mit vielen unterschiedlichen Motiven, Settings und Musical-Einlagen. Aber jeder Film hat seine eigenen Herausforderungen. Für mich geht es immer darum, den richtigen Ton zu treffen, eine stimmige Welt zu kreieren oder das Buch gut umzusetzen. Das ist das Tolle am Filme machen.

Ricore: Meira, hast du dich unter deiner Perücke wohl gefühlt?

Durand: Das war kein Problem. Am Anfang war das noch toll und neu, aber dann wurde es langweilig. Ich musste morgens zur Maske, das war lästig. Und die Locken mussten auch aufgefrischt werden. Ich finde meine glatten Haare viel schöner als Lolas Lockenkopf. Oft ist es ja so, dass Menschen mit glatten Haaren lieber Locken haben und umgekehrt. Aber ich bin so ganz zufrieden.

Ricore: Waren deine Eltern beim Drehen immer dabei?

Durand: Sie waren mit in Hamburg. Wenn ich gespielt habe, sind sie kurz weggegangen.

Buch: Bei Meira und den meisten anderen Kindern war es so, dass sie gar nicht wollten, dass die Eltern beim Drehen zuschauen. Das war ihr intimer Raum, den sie für sich haben wollten. Tatsächlich ist es aber so, dass man beim Casting die ganze Familie betrachten muss. Man castet nicht nur das Kind, man schaut auf sein Umfeld. Das ist wichtig, denn nach dem Drehen müssen die Kinder nach Hause kommen und sollen Kind sein dürfen. Sie benötigen ein Umfeld, in dem sie aus der Rolle aussteigen können.

Durand: Ja, das war ganz wichtig für mich. Wenn ich nach Hause gekommen bin, habe ich oft länger als eine Stunde gebraucht, bis ich wieder Meira bin und mich vom Tag abgeschüttelt habe.
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Hauptdarstellerinnen Meira Durand und Felina Czycykowski auf der Premiere von "Hier kommt Lola!"
Ricore: Was hast du abends nach den Dreharbeiten gemacht?

Durand: Meistens habe ich den Text für den nächsten Tag angeschaut. Und am Morgen dann durchgesprochen. So ging es immer weiter. Erst musste ich mich daran gewöhnen, abends aus der Rolle raus zu schlüpfen und jemand anderes zu sein. Irgendwann fand ich es auch nervig, dass mich ein paar Leute mit Lola angesprochen haben. Ich finde es wichtig, dass man weiß, dass es zwei verschiedene Personen sind: Ich bin ich und Lola, beziehungsweise Jacky Jones, ist nur eine Fantasiefigur.

Ricore: Dafür ist eine Perücke gut, oder?

Durand: Ja, man hat das Gefühl, man schlüpft aus der Rolle raus, wenn man die Perücke abstreift.

Buch: Wie ein Ritual.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 5. März 2010
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Die studierte Philosophin und Literaturwissenschaftlerin Franziska Buch dreht mit Vorliebe Kinderfilme. Sie liebt die Arbeit mit den Kleinen, da die meist noch keine Neurosen haben. Das ist aber nicht der einzige Vorteil. Es ist vor allem ihre Spontanität, die sie schätzt. Ihre größten Erfolge feierte sie daher auch mit Produktionen wie "Bibi Blocksberg und das Geheimnis der blauen Eulen" sowie "Emil und die Detektive". Auch für "Hier kommt Lola!" schrieb sie kein Original-Drehbuch, sondern..
Im zarten Alter von neun Jahren erhält Meira Durand ihre erste Kinohauptrolle in Franziska Buchs "Hier kommt Lola!". Der Film basiert auf der gleichnamigen Kinderbuchreihe von Isabel Abedi. Für die Rolle brachte die Kinderdarstellerin bereits Erfahrung in Gesang und Tanz mit, sie ist nämlich Mitglied des Kinderensembles der Komischen Oper Berlin.
Die neunjährige Lola (Meira Durand) hat nicht nur eine große Phantasie, sondern auch eine stark ausgeprägte Frosch-Phobie und zudem eine Abneigung gegen Fische. Nur blöd, dass ihre neue Sitznachbarin Flo (Felina Czycykowski) in der Fischbude ihrer Mutter (Nora Tschirner) die Hausaufgaben macht, und daher immer nach Fisch stinkt. Dabei wünscht sich Lola nichts sehnlicher als eine beste Freundin. Franziska Buch drehte den unterhaltsamen und mit viel Musik hinterlegten Kinderfilm basierend auf..
2024