Constantin Film
Christian Ulmen in seiner Paraderolle: tollpatschiger Phil Decker
"Ich kaufe meine Kleidung selbst ein"
Interview: Christian Ulmen ist ein Mann!
Christian Ulmen liebt Witze, das dürfte jedem mittlerweile bekannt sein. Witzig ist er auch in seinem neuen Film "Jerry Cotton", in dem er an der Seite von Christian Tramitz Möchtegern-Agent Phil Decker mimt. Mit uns sprach der umtriebige Schauspieler über Opfer und Täter bei diversen Witzattacken, über seine Frau die definitiv keine Interviews mit ihm liest und über seinen Sohn, der spätnachts schon mal in die Notaufnahme eingeliefert wird.
erschienen am 8. 03. 2010
Constantin Film
Das Tanzen beherrscht er
Ricore: Haben Sie Laster?

Christian Ulmen: Mein einziges Laster ist: ich bin ein Mann!

Ricore: Und das Rauchen?

Ulmen: Rauchen ist kein Laster. Das ist eine gemütliche Freizeitbeschäftigung. Ich bin ja der Gelegenheitsraucher. Ich kann jederzeit wieder aufhören (lacht).

Ricore: Was war das Verblüffendste bei den Dreharbeiten zu "Jerry Cotton"?

Ulmen: Das verblüffende war ja, dass Hamburg und Berlin genauso aussehen können wie New York, wenn man die richtigen Straßen wählt. Filmt man untenrum die Berliner Friedrichsstraße und setzt Wolkenkratzer und eine Skyline obendrauf, schon ist die Illusion perfekt. Das ist für uns Berliner und Hamburger doch schön, dass wir auch so cool sein können wie New York.

Ricore: Haben Sie viele Stunts selber gemacht?

Ulmen: Ja, sonst bin ich dem Sport ja nicht so zugeneigt. Die Stunts waren daher eher schwierig für mich. Wir hingen oft an Seilen und flogen durch Räume. Natürlich kratzt es dich ein wenig, wenn man sich immer doublen lässt. Daher habe ich alle Stunts selbst gemacht.

Ricore: Was war der schwierigste Stunt?

Ulmen: Dass ich als Dick Diamond tanzen musste, und dafür den Tanzlehrer von Mónica Cruz an die Seite gestellt bekam. Ich kam zur Tür rein und ich sollte ihm was vortanzen, damit er meine Moves sehen kann. Leider musste ich ihm mitteilen, dass ich keine Moves hätte. Ich tanze einfach nicht. Dafür habe ich mich dann sehr geschämt. Leider musste ich ihm dennoch etwas vortanzen, was ziemlich peinlich war. Er hat aber wohl eingesehen, dass es sinnlos war und hat das Ganze recht schnell abgebrochen und mir richtige Moves beigebracht.
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Christian Ulmen: ein Möchtegern-Agent
Ricore: Das können Sie privat ab sofort auch einsetzen.

Ulmen: Nein, ich tanze nie. Ich kann ja nur diesen einzigen Move von Dick Diamond.

Ricore: Sie hampeln im Kostüm durch die Gegend. Schämt man sich da doppelt?

Ulmen: Nein, denn man nimmt die Figur ja ernst. Das alles ist mir aber auch egal. Peinlich war mir nur das mit dem Tanzlehrer von Mónica Cruz, der alle möglichen Tanzgrößen trainiert hat und dann auf mich gestoßen ist. Der hat sich sicherlich gedacht, die Schauspieler in Deutschland können ja gar nichts. Das war mir dann doch etwas unangenehm. Ansonsten ist mir aber generell wenig peinlich.

Ricore: Bei der Interpretation der Rolle ähneln sie Heinz Erhardt. War das Absicht?

Ulmen: Das hör' ich immer wieder. Das war überhaupt nicht beabsichtigt. Mit Heinz Erhardt habe ich gar nichts zu tun.

Ricore: Aber wenn Sie eine solche Rolle spielen, haben Sie da bestimmte Vorbilder im Kopf?

Ulmen: Nein, das macht man als junger Mensch, dass man sich da an bestimmte Vorbilder orientiert. Als ich beim offenen Kanal gearbeitet habe, war es vielleicht so. Aber als Schauspieler hat man ja das große Glück, dass man ein Drehbuch und seine Charaktere hat. Liest man das Buch, entstehen automatisch Bilder im Kopf. Das einzige, was du bedienen musst, ist das Drehbuch. Man braucht keine zusätzlichen Gesichter, die dich inspirieren.

Ricore: Wenn so viele Comedians zusammen spielen, versucht man sich irgendwann zu übertrumpfen?

Ulmen: Dadurch, dass dies nicht wirklich ein Comedian-Ensemble, sondern ein Schauspiel-Ensemble war, das einen komödiantischen Film drehte, ging es uns nicht um ein Pointen-Battle. Die Pointen und Rollen standen ja fest. Man ist auch darauf angewiesen, dass die anderen auch ihre Rollen gut spielen, damit alles harmoniert.
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Christian Ulmen und Kollegin Mónica Cruz auf der Premiere von "Jerry Cotton" in München
Ricore: Vor kurzem konnten "Stern"-Leser den lustigsten Mann Deutschlands wählen. Sie landeten auf Platz 17, vor ihnen Loriot, Bully, Hape Kerkeling. Mario Barth und Oliver Pocher liegen hinter Ihnen. Sind Sie damit zufrieden?

Ulmen: Ich bin sehr zufrieden. Zuerst war ich ja auf Platz 98. Dann habe ich eine Nacht lang meinen Namen angeklickt. Bei Platz 17 habe ich mir dann gedacht, es reicht, ich gehe ins Bett (lacht).

Ricore: Wenn finden Sie persönlich am Lustigsten?

Ulmen: Wer war denn noch auf der Liste? Das lässt sich meiner Meinung nach nicht vergleichen.

Ricore: Aber hätten Sie in "Jerry Cotton" nicht lieber den coolen Agenten gespielt?

Ulmen: Ich finde, ich habe den coolen Agenten gespielt (lacht). Wenn ein anderer Eindruck entstanden sein sollte, finde ich das auch ok. Solange das unterhält und amüsiert.

Ricore: Sie haben mal gesagt, sie waren früher Hypochonder. Nun haben Sie das auf Ihren Sohn übertragen. Inwiefern?

Ulmen: Nun ja, früher hatte ich Angst, krank zu sein. Nun habe ich Angst, dass mein Sohn krank ist. Nach der Geburt habe ich diese Angst sozusagen übertragen. Immer wenn er hustet denke ich, er stirbt. Dann fahre ich nachts in die Notaufnahme. Der Arzt sagt aber nur: Lassen Sie ihn doch mal ausschlafen! Das lenkt mich aber von meinen eigenen Ängsten über meine Krankheiten ab.

Ricore: Man muss sich seinen Ängsten ja auch mal stellen!

Ulmen: Klar, aber ich bin nicht so gehemmt dadurch, dass ich nicht lebensfähig wäre. Mit diesen Ängsten kann ich ja umgehen. Aber ich muss jetzt nicht Sport treiben, Fallschirm springen oder gar Tennis spielen. Diese ganzen Herausforderungen annehmen muss ich.
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Christian Ulmen: Ausweg aussichtslos
Ricore: Wann hatten Sie Ihren letzten Adrenalin-Kick?

Ulmen: Das ist eine gute Frage...

Ricore: Vielleicht am Set, bei den Dreharbeiten?

Ulmen: Sie meinen, wenn man was klaut am Set?

Ricore: Unter Umständen.

Ulmen: Natürlich gibt es Szenen, an die man einen gewissen Anspruch stellt. Dann hat man vorher vielleicht einen erhöhten Adrenalin-Spiegel, weil man sich so konzentriert.

Ricore: Gibt es eine Grenze, bei der Sie sagen, hier hört der Spaß auf?

Ulmen: Nein, ich finde, dass Spaß generell alles darf. Es gibt da eigentlich keine Grenzen. Witze gehen immer auf Kosten von jemand, außer es handelt sich um Schüttelreime. Aber wenn ein Witz eine Pointe hat, ist immer irgendetwas oder irgendwer der Leidtragende. Es gibt da immer ein Opfer. Es gibt kein Witz, der nicht auf Schadenfreude basiert. Wenn man sich einmal damit abgefunden hat, muss man in Kauf nehmen, dass man manchmal das Opfer ist und manchmal eben der Täter.

Ricore: Hatten Sie im Zuge der Dreharbeiten Platz für Improvisationen?

Ulmen: Wenn man so lange und so intensiv an einer Figur arbeitet, purzeln manchmal Sätze raus, die nicht im Drehbuch stehen. Insofern gibt es sogar sehr oft improvisierte Momente in diesem Film.

Ricore: Wenn Sie eins werden mit der Figur, schalten Sie nach den Dreharbeiten gleich ab?

Ulmen: Ja, das gelingt mir sehr gut. Wenn man natürlich in ein Kostüm schlüpft, wie ich bei Phil Decker, fühlt man sich auch ganz anders. Zieht man am Abend den Anzug aus, und trägt die Haare anders, spürt man, dass man wieder sich selbst ist.
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Jerry Cotton
Ricore: Phil Decker wünscht sich einen guten Freund. Haben Sie einen solchen besten Freund?

Ulmen: Ja, den habe ich. Noch aus der Kindheit.

Ricore: Wie oft treffen Sie sich?

Ulmen: Wir treffen uns gar nicht. Ich finde, das muss eine Freundschaft aushalten. Wir schreiben uns zwei Mal im Jahr eine Mail. Das ist in meinem Augen auch ein Indiz für eine funktionierende Freundschaft: Man rückt sich nicht ständig auf die Pelle. Wenn man sich aber doch mal sieht, ist es so, als habe man sich nie aus den Augen verloren.

Ricore: Entwickeln sich unter Schauspielern auch Freundschaften?

Ulmen: Ja, das ist faszinierend. Überhaupt herrscht am Set eine ganz außergewöhnliche Stimmung - außer natürlich, man versteht sich nicht. Aber meistens wachsen alle eng zusammen. Man wird quasi eine Familie. Jedes Mal nimmt man sich vor, dass man mit den anderen Schauspielern engen Kontakt hält. Aber das erweist sich immer wieder als einzige Illusion. Man sieht sich vielleicht ab und zu wieder mal, aber telefonieren ist nicht drin. Es ist ganz selten, dass daraus Freundschaften wachsen.

Ricore: Gab es auch mal einen ganz furchtbare Dreh?

Ulmen: Disharmonien? Ja, das habe ich auch schon erlebt?

Ricore: Mit Christian Tramitz?

Ulmen: Mit ihm zu arbeiten war ein großer Spaß. Wir hatten einen sehr guten Draht zueinander. Sehr nett, ein sehr professioneller, guter Schauspieler. Ich finde ja, dass er hier einen Imagewandel vollzieht. In so einer Rolle hat man ihn noch nie gesehen.

Ricore: Haben Sie auch einen Faible für Luxusartikel wie schicke Autos?

Ulmen: Nö.
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Christian Ulmen möchte am liebsten schreien!
Ricore: Elegante Anzüge vielleicht?

Ulmen: Was soll das denn heißen? Eine Zeitlang habe ich meine Kleidung im Internet bestellt. Die kamen dann in großen Kartons. Hat mir was nicht gefallen, konnte ich es wieder zurückschicken. Inzwischen gehe ich ab und zu einkaufen.

Ricore: Kauft Ihre Frau für Sie ein?

Ulmen: Nein.

Ricore: Was ist jetzt mit den Luxusartikeln?

Ulmen: Ich muss immer den neusten Mac-Computer haben. Man könnte also sagen, ich habe ein Faible für Computer. Und für Schmuck. Ich habe da so eine kleine Schatulle und da sind meine ganzen Schätze drinnen

Ricore: Sie hatten Mal eine verrückte Fanpost bekommen. Ist seitdem etwas Ähnliches vorgefallen?

Ulmen: Nein. Damals habe ich einen Brief von einer Frau bekommen mit einem Bild von ihr und mir im Paradies - an die Adresse meiner Eltern geschickt. Es kam gegen Weihnachten herum an und alle wollten, dass ich das Paket aufmache. Dann musste ich vor den Augen meiner Großmutter den BH rausziehen. Das fand ich schräg. Aber etwas Schlimmeres habe ich nie bekommen. Ich habe das ignoriert und es ist zum Glück nichts mehr nachgekommen.

Ricore: Wie schaut es mit der Fortsetzung zu "Maria, ihm schmeckt's nicht!" aus?

Ulmen: Da ist man sich wohl noch nicht so einig. Aber das wäre schön. Ich weiß es nicht.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 8. März 2010
Zum Thema
Er ist ein talentierter Querkopf, ein begabter Komiker und ein facettenreicher Schauspieler: Christian Ulmen wird am 22. September 1975 in Neuwied geboren und wächst in Hamburg auf. Von 1988 bis Juni 1994 verfasst er Radiobeiträge für verschiedene Radiostationen. Für den Verschwende deine Jugend". Seitdem dreht er jedes Jahr mehrere Filme, überwiegend leichte Komödien. Auch im Fernsehen ist Ulmen mit Sendungen wie "Mein neuer Freund" zu sehen, in der er seine Paraderolle des unbeholfenen..
Jerry Cotton (Kinofilm)
Es ist wieder Zeit für ein Remake, dachten sich die Produzenten und brachten den wohl listigsten FBI-Agenten aller Zeiten wieder auf die Leinwand. Und wer wäre wohl besser geeignet, Jerry Cotton zu spielen, als Christian Tramitz? Im Duett mit Christian Ulmen gelingt Tramitz ein Feuerwerk aus Gags, gemischt mit der nötigen Portion Spannung. Zum besonderen Kinoerlebnis wird es allerdings erst durch das Stelldichein des Who's Who des deutschen Films. Mit dabei: Christiane Paul, Moritz Bleibtreu,..
2024