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Die Phantome: Komponist Andrew Lloyd Webber mit Regisseur Joel Schumacher
Eine tragische Romanze
Interview: Das Phantom: Andrew Lloyd Webber
Im Jahr 1986 feierte das Musical "Phantom der Oper" unter Leitung von Erfolgskomponist Sir Sir Andrew Lloyd Webber in London Premiere. Auf Anhieb erhält es die höchste Auszeichnung der Branche, den Tony-Award. Fast zwei Jahrzehnte und unzählige Aufführungen später kommt das Meisterwerk in die deutschen Kinos. Regie führte Kassengarant Joel Schumacher ( "Batman Forever", "Nicht auflegen!"). Doch die pompös inszenierte Verfilmung hält nicht immer, was sie im Vorfeld verspricht. Andrew Lloyd Webber (56) und Joel Schumacher (65) bezogen in München Stellung.
erschienen am 18. 12. 2004
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Komponist und Musicallegende Andrew Lloyd Webber
Ricore: Mr. Schumacher, warum ist "Das Phantom der Oper" seit Jahrzehnten so erfolgreich?

Joel Schumacher: Alles begann mit Gaston Lerouxs Roman aus dem Jahre 1911. Seitdem gab es viele Verfilmungen, aber erst Andrew Lloyd Webbers Musik schuf den Kult, den wir heute kennen. Tatsache ist, dass die Figur des Phantoms seit über hundert Jahren funktioniert. Vielleicht liegt es an unserer Faszination für zurückgewiesene Außenseiter, die nicht zur Gesellschaft gehören. Vielleicht entdecken wir im Phantom aber auch eine Art physische Manifestation unserer eigenen unliebsamen Eigenschaften und Hässlichkeit.

Ricore: Wollten Sie das Musical nicht bereits Ende der Achtziger Jahre verfilmen, Mr. Webber? Was kam dazwischen?

Sir Andrew Lloyd Webber: 1988 gab es erste Gespräche, das ist richtig. Doch es gab Bedenken, welchen Einfluss ein Kinostart auf das noch junge Musical haben würde. Also entschieden wir uns, lieber noch damit zu warten. Vor ein paar Jahren schien mir der Zeitpunkt gekommen.

Ricore: Film-Musicals wie "Chicago" und "Moulin Rouge" haben den Weg für die große Leinwand geebnet. Wie beliebt sind derzeit Bühneninszenierungen?

Webber: Es läuft gut. In London hatten wir die beste Saison seit langem, jede Menge Musicals sind in Vorbereitung. Problematisch ist eher, dass wir bei der Fülle an Stücken eigentlich mehr Theaterhäuser benötigen, als wir haben. Ich plane derzeit eine Wideraufführung von "Evita" in London - und sogar für mich gestaltet sich die Suche schwer.

Ricore: Obwohl Ihre Musicals bereits öfter verfilmt wurden, produzieren Sie erst jetzt zum ersten Mal selbst. Warum?

Webber: Es kam immer etwas dazwischen. Als zum Beispiel "Jesus Christ Superstar" verfilmt wurde, war ich erst 25 Jahre alt. Damals haben wir die Rechte sehr frühzeitig verkauft und demnach einfach keinen Einfluss mehr auf die Verfilmung. Dieses Mal war ich sehr stark beteiligt. Entgegen der üblichen Vorgehensweise wurde die Songs erst nach dem eigentlichen Dreh aufgenommen und anschließend über die Szenen gelegt. Alles konnte wesentlich besser mit der Schauspielerei abgestimmt werden.

Ricore: Haben Sie zum Casting in erster Linie Sänger oder Schauspieler bestellt?

Schumacher: Die Darstellungskraft war in diesem Fall sehr wichtig. Wir haben also nicht nach Sängern, sondern nach Schauspielern gesucht, die gut singen konnten.
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Regisseur Joel Schumacher
Ricore: Wie etwa der 31-jährige Patrick Wilson, der im Film Raoul, den Gegenspieler des Phantoms mimt.

Schumacher: Ich weiß nicht, ob man ihn hier in Deutschland aus der TV-Serie "Angels in America" kennt, aber er ist ein großartiger Schauspieler. Er hat nicht nur selbst gesungen, sondern auch noch alle Stunts selbst gemacht. Was will man mehr als einen Schauspieler, der auch noch Sänger und Stuntman in einer Person ist. (lacht) Als ich ihn das erste Mal sah, wollte ich niemanden anderen mehr für die Rolle haben. Bei Emmy Rossum war es ähnlich.

Ricore: Wer hatte beim Casting die letzte Entscheidung?

Schumacher: Wir beide. Damit die Lovestory funktioniert, benötigte ich gute und vor allem charismatische Schauspieler. Ich traf also nach meinem Belieben die Vorauswahl und Andrew segnete ab. Dabei war es uns egal, wie prominent die Schauspieler waren. Es musste einfach zusammenpassen.

Ricore: Was ist das besondere an Ihrer Version von " Das Phantom der Oper", Mr. Webber?

Webber: Meistens wird "Das Phantom der Oper" als Horrorstory ausgelegt. Bei mir ist genau das Gegenteil der Fall. Es geht um eine starke Romanze.

Schumacher: Warum soll man auch auf den Klischees reiten und Christine als reine Schönheit, das Phantom aber als gruseliges Monster darstellen? Warum sollte die junge Sängerin zu diesem musikalischen Genie keine Anziehung verspüren? Es ist und bleibt eine romantisch-tragische Liebesgeschichte.

Ricore: Bleibt die Frage, warum sich Christine am Ende gegen das Phantom und für Raoul entscheidet...

Schumacher: Ganz einfach: Weil Sie sonst jeden Tag Hunderte von Kerzen, die in seiner Gruft stehen, an- und wieder ausmachen müsste. (lacht) Raoul dagegen ist einfach Prinz Charming. Na, wie würden Sie entscheiden?
erschienen am 18. Dezember 2004
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2024