Tzveta Bozadjieva/Ricore Text
Helmut Zierl
Leben aus dem Koffer
Interview: Helmut Zierls Familienbande
In Teisnach im Bayerischen Wald trafen wir den Helmut Zierl zu den Dreharbeiten des TV-Zweiteilers "Meine liebe Familie". Der Schauspieler nahm sich für uns an einem sonnigen Oktobertag Zeit für ein Gespräch. Vor der Kulisse einer Papierfabrik sprach er über die Dreharbeiten mit Uschi Glas, wie er die stressigen Drehalltage mit seinem Familienleben unter einem Hut bringt und wie ihm das bayerische Land gefällt.
erschienen am 3. 06. 2010
ARD Degeto/Walter Wehner
Helmut Zierl in "Familie Sonnenfeld"
Ricore: Was hat Sie an dem Buch gereizt?

Helmut Zierl: Eigentlich das gesamte Buch und natürlich meine Rolle. Ich spiele einen Mann, der von seinem Onkel 20 Prozent einer Papierfabrik vererbt bekommt. Also tauche ich bei der Fabrikantin auf, welche von Uschi Glas gespielt wird und fordere meinen Anteil der Firma ein. Meine Figur ist ein Luftikus, ein Sunnyboy, der einfach nur gemütlich leben will. Er will jeden Moment nutzen, im Augeblick leben und sich nicht mit Zukunftssorgen plagen. Außerdem bin ich der Gegenspieler von Uschi Glas, mit der ich auch noch nie zusammen gedreht habe. Das war sehr reizvoll.

Ricore: Wie sind die Dreharbeiten mit Frau Glas?

Zierl: Sehr angenehm. Sie ist eine unglaublich bodenständige Schauspielerin, ohne jegliche Allüren. Mit ihr kann man Pferde stehlen.

Ricore: Könnten Sie sich vorstellen, eine Papierfabrik zu führen?

Zierl: Nein. Das wäre mir sehr fremd. Das Metier ist eigentlich sehr interessant und ich habe mich auch mir dem Besitzer der echten Fabrik lange unterhalten und gelernt, dass es tausende Varianten von Papier gibt. Hier gibt es sogar eine Papierkünstlerin, die aus so etwas wie Krepppapier, unglaubliche Figuren gestaltet. Die Möglichkeiten von Papier sind beeindruckend. Es ist interessant hier mal rein zu schauen, aber meins ist das nicht.

Ricore: Reizt Sie das an ihrem Beruf besonders?

Zierl: Das ist wie mit so vielen Berufen in meinem Job. Man schaut überall mal rein, egal ob Arzt oder Schwerverbrecher. Dann ist man auch schon mal im Gefängnis. Mir ist das wirklich passiert, dass ich dort gedreht habe und hinter mir haben echte Sträflinge den Boden gewischt. Ich habe dann einen der Wärter gefragt, was der, der dort zwei Meter von mir entfernt den Boden säubert, eigentlich verbrochen hat - Doppelmord. (lacht) Okay. Dann hat man so jemanden im Rücken und spinnt natürlich sofort alle möglichen Szenarien durch. Aber so bekommt man sehr viele Eindrücke.
Tzveta Bozadjieva/Ricore TExt
Helmut Zierl und Uschi Glas
Ricore: Müssen Sie als Norddeutscher für ihre Figur einen bayerischen Dialekt annehmen?

Zierl: Nein, ich darf Hochdeutsch reden. Es wird auch gar nicht erwähnt, aus welcher Region meine Figur stammt. Er besitzt einfach nur einen kleinen Weinhandel in München.

Ricore: Sie haben auch als Synchronsprecher gearbeitet, wäre es für Sie ein Problem, in Dialekt zu spielen?

Zierl: Ja. Jeder Bayer hört das sofort. Ich kann schon ein wenig bayerisch, doch ich bin überzeugt, dass man hört, dass ich nicht von hier bin.

Ricore: Verstehen Sie bayerisch?

Zierl: A bissl scho. Ich war ja zwölf Jahre mit einer Bayerin verheiratet, da bekommt man so einiges mit. (lacht)

Ricore: Mit einer Niederbayerin?

Zierl: Nein, mit einer Münchnerin. Sie hat ein ordentliches Bayerisch gesprochen, dass man wirklich aufpassen musste, damit man alles versteht.
Tzveta Bozadjieva/Ricore Text
Helmut Zierl: leger und locker, aber auch schon etwas müde von den ganzen Fotografen
Ricore: Sie haben auch viel Theater gespielt, reizt Sie das heute noch?

Zierl: Am Anfang habe ich sieben Jahre ausschließlich Theater gespielt. Dann habe ich 20 Jahre nur gedreht, dann vor zwei Jahren mal wieder Theater gespielt und ich denke ich werde irgendwann mal wieder auf der Theaterbühne stehen. Vielleicht sogar in absehbarer Zeit. Aber insgesamt habe ich bei der Theaterarbeit gespürt, dass ich die Arbeit mit der Kamera und dem Mikro, mit dem man so schön leise und privat sein kann, sehr liebe. Theater ist aber trotzdem sehr wichtig. Es ist Handwerk, bei dem man sich selber überprüfen kann.

Ricore: Privat pendeln Sie zwischen Berlin und Hamburg und beruflich sind Sie auch viel unterwegs.

Zierl: Ja, meine Freundin lebt in Berlin, ich lebe in Hamburg. Die Drehorte sind in München oder wie im vergangenen Juli, in Kanada. Man ist sehr viel unterwegs und lebt eigentlich aus dem Koffer. Da ich ja auch noch Kinder habe, versuche ich natürlich so oft es geht nach Hause zu kommen.

Ricore: Fällt es Ihnen schwer, so weit weg von der Familie zu sein?

Zierl: Natürlich. Das ist auch die Schattenseite des Berufs, der mir aber auch nach 30 Jahren noch sehr viel Spaß macht. Die schöne Seite ist, dass man um die Welt reisen kann. Ich habe schon die ganze Welt gesehen. Phasenweise muss man dafür aber die Familie unglaublich vernachlässigen. Dann gibt es aber auch Monate, in denen ich ausschließlich zu Hause bin. Meine Kinder sind damit aber auch groß geworden. Ich behaupte immer, dass jeder normale Familienvater, der Morgens zur Arbeit geht und Abends wiederkommt, die Kinder nicht öfters sieht als ich. Wenn ich zu Hause bin, dann bin ich wirklich den ganzen Tag für sie da.

Ricore: Schauen sich Ihre Kinder auch Ihre Filme an?

Zierl: Zum Teil schon. Wenn es Krimis sind oder "Alarm für Cobra 11 - Die Autobahnpolizei" ist, sehen sie sich das schon an. Diesen werden sie sich wahrscheinlich nicht anschauen. (lacht)
Tzveta Bozadjieva/Ricore Text
Helmut Zierl gewohnt freundlich
Ricore: Hamburg und Berlin sind eher flach, wie gefällt Ihnen die Landschaft hier?

Zierl: Die Landschaft ist einfach unglaublich schön. Einer meiner besten Freunde wohnt in der Nähe von Regen und dadurch bin ich schon ein paar Mal hier in der Nähe gewesen. Wenn man hier durch die Dörfer fährt, ist das sehr reizvoll.

Ricore: Sind sie ein Genießer, der gerne Wein trinkt?

Zierl: Ehrlich gesagt habe ich es nicht wirklich mit dem Alkohol. Ich trinke gerne mal einen Schluck Wein, aber ich bin keiner, der an einem Abend mal schnell drei Flaschen vernichtet. Ich habe schon zu viele Kollegen aus meinem Beruf durch solche Geschichten abstürzen sehen. Ich treibe da lieber Sport.

Ricore: Was?

Zierl: Neben Joggen spiele ich auch gerne Badminton und Tennis.

Ricore: Zusammen mit ihren Kindern?

Zierl: Wenn ich durch die Wälder jogge, dann begleiten sie mich manchmal mit dem Fahrrad (lacht)...
erschienen am 3. Juni 2010
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