Walt Disney Studios Motion Pictures Germany
Porträt zu Darla K. Anderson
Pixars weibliche Perspektive
Interview: Darla K. Andersons toughe Barbie
Sie war bereits an den ersten beiden "Toy Story"-Filmen beteiligt. Darla K. Anderson hat ihre Karriere voll und ganz den Pixar-Studios verschrieben. Im Guinness-Buch der Rekorde wird sie mit durchschnittlich 221 Millionen US-Dollar Umsatz pro Film als erfolgreichste Produzentin Hollywoods aufgeführt. Im Gespräch besticht sie durch ihr offenes Wesen und verleiht uns Einblick in die faszinierende Welt der Computeranimation. Zudem verrät uns Anderson das Erfolgs-Geheimnis der Animationsschmiede und spricht über den Druck, den eigenen Anforderungen gerecht zu werden.
erschienen am 22. 07. 2010
Walt Disney Studios
Toy Story 3 in Disney Digital 3D
Ricore: Was unterscheidet den dritten Teil von "Toy Story" von den ersten beiden?

Darla K. Anderson: Das wichtigste Merkmal ist die Technik. In den ersten beiden Teilen war vieles noch nicht möglich. Mittlerweile können wir fast alles machen. Früher bereiteten uns die Menschen Probleme, Organisches wie Haare, Wasser, Bäume, die ganze Vegetation. Heute haben der Regisseur und sein Team all diese neuen Werkzeuge, die sie benutzen können. So kann man heute fast jede Geschichte erzählen, die man möchte. Darin liegt der Hauptunterschied.

Ricore: Hat sich inhaltlich auch etwas verändert?

Anderson: Eigentlich nicht. Der Prozess der Geschichtenentwicklung hat sich nicht verändert, man hat noch immer Stift und Papier, auf das man etwas schreiben muss. Geschichte bleibt Geschichte, man muss sie erzählen, egal wie hart es ist. Trotzdem glaube ich, dass wir alle gewachsen sind. Auch wenn wir im Herzen noch das Kindliche haben, sieht man auf der Leinwand doch die Reife.

Ricore: Worin liegt ihr Einfluss als Produzentin, speziell im kreativen Bereich?

Anderson: Ich habe da schon Einfluss. Mir ist wichtig, bei Pixar mehr starke Frauenfiguren zu zeigen. Es gibt so viele Männer, die alle ihre eigene Vision realisieren wollen. Es ist schließlich auch ein männlicher Protagonist, das verstehe ich auch.

Ricore: Gibt es überhaupt weibliche Hauptfiguren in Pixar-Filmen?

Anderson: Noch nicht. Eine steht in der Entwicklung.
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Barbie ist im dritten Teil von "Toy Story" mit dabei
Ricore: Worum geht es in dem Film?

Anderson: Die Geschichte spielt vor ein paar hundert Jahren in Schottland. Aber in "Toy Story" gibt es ja auch Jesse, die auf einem Pferd angeritten kommt, um Woody zu retten.

Ricore: Die weibliche Perspektive wird also wichtiger?

Anderson: Ja, da ist ja auch Barbie, die immer stärker und selbstbewusster wird. Damit hatte der Drehbuchautor Michael Arndt viel zu tun. Darüber war ich natürlich sehr glücklich und habe auch immer wieder Druck gemacht. Darin liegt sicher ein großer Teil meines Einflusses. Allgemein ist es aber ein schwieriger Prozess, wenn wir alle gemeinsam in einem Raum sitzen und die Geschichte besprechen. Alle haben Ideen, alles wird notiert, da hat es der Regisseur am Ende des Tages nicht leicht, die besten Ideen zu filtern.

Ricore: Wieso haben Sie Michael Arndt als Drehbuchautor gewählt?

Anderson: Lee, der Regisseur hatte ein Jahr vor der Aufführung auf dem Sundance Festival das Drehbuch zu "Little Miss Sunshine" gelesen und war total begeistert. Er hielt es für eines der interessantesten Drehbücher, die er je gelesen hatte. Daraufhin arbeitete er mit Michael an einem Pixar-Projekt, bevor die Firma von Disney aufgekauft wurde. Dadurch bestand die Möglichkeit, "Toy Story 3" zu machen. Da ist Michael Arndt mit an Bord gekommen.

Ricore: Was ist aus dem anderen Pixar-Projekt geworden?

Anderson: Das weiß ich nicht genau. Es ist wohl noch in Entwicklung.
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Darla K. Anderson
Ricore: Sie können wohl nicht darüber sprechen.

Anderson: Nein. Wir sprechen nicht darüber, weil Ideen auch nach vielen Jahren noch nützlich sind und Teil von etwas Neuem werden können. So war das auch mit einem Einfall, den John, Andrew und Pete vor rund 20 Jahren hatten. Es ging da um Latso, einen Bär, der ein Spielzeuggeschäft führen sollte. Das war lange bevor "Toy Story" entwickelt wurde. Als wir dann unsere Ideen gesammelt haben, kam Latso wieder zur Sprache. Wir haben ihn dann im dritten Teil untergebracht.

Ricore: Was glauben Sie, unterscheidet Pixar-Projekte von anderen Animationsfilmen?

Anderson: Ich glaube, wir haben den Standard mit den ersten beiden Teilen von "Toy Story" sehr hoch gesetzt, auch für uns selbst. Das wurde unsere Marke. Wir denken gar nicht daran, nicht unser Bestes zu geben, wenn wir eine Geschichte erzählen. Es ist Teil unserer Kultur, in gewisser Weise eine Attitüde von Exzellenz. Man ist ziemlich verwundbar, wenn man so etwas macht. Wir machen kein Geheimnis darum, deshalb will jeder einen zeitlosen Klassiker realisieren, von dem sich die Zuschauer tragen lassen können. Mit "Toy Story" fassten wir den Entschluss, perfekt zu arbeiten und definierten uns darüber. So musste dann jeder Film werden, den wir danach machten.

Ricore: "Toy Story 3" hat auch dunkle Seiten, vor allem das Baby ist ziemlich unheimlich. Wollen Sie diese Richtung weiter ausbaue, oder sogar mal einen Film nur für Erwachsene machen?

Anderson: Nein, ich glaube nicht, weiß es aber natürlich nicht. Wir haben die Filme immer auch für uns selbst gemacht. Wir machen Familienfilme, die für jeden etwas haben. "Toy Story" hat auch keine Altersbeschränkung, darauf sind wir sehr stolz. Es ist nämlich nicht einfach, einen so umfassenden Film zu machen, ein so komplexes, künstlerisches Projekt.

Ricore: Dennoch gibt es eine Szene, in der die Charaktere mit dem Tod konfrontiert werden. Stand es nie zur Debatte, ob jemand stirbt?

Anderson: Nein, nie. Wir würden nie jemanden sterben lassen, allein in Anbetracht der traumatisierten Kinder, die das zur Folge hätte. Trotzdem finde ich es großartig, dass Leute glauben, wir würden in diese Richtung gehen.
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Darla K. Anderson im Gespräch mit Pixar-Mitarbeiter
Ricore: Hätten Sie sich beim ersten Teil von "Toy Story" vorstellen können, dass der Film ein solcher Erfolg werden würde?

Anderson: Nein, das nicht. Zwar dachte ich mir, dass der Film erfolgreich werden könnte, aber dass er so erfolgreich werden würde, konnte ich mir nicht vorstellen. Ich glaube, John wusste schon, dass der Film einen solchen Einfluss hätte, wenn der Erfolg entsprechend groß ist. Computeranimation war damals umstritten, die Leute mochten das nicht so gerne. Viele dachten, es sei sehr kalt oder verstanden es nicht. Es war also sehr wichtig, das Feld zu öffnen. Das haben wir auch für alle anderen gemacht, die großartige Computeranimierte Sachen gemacht haben.

Ricore: Viele Leute äußerten damals den Vorwurf, es sei keine klassische Animation und würde ihnen deshalb nicht gefallen...

Anderson: Ja, ich will Ihnen eine kleine Geschichte erzählen. Als John damals seinen ersten Film "Die kleine Lampe" vorführte, sagte man ihm, er hätte es geschafft, eine echte Geschichte zu erzählen. Als er ihn einigen Computeranimationsexperten zeigte, fragte jeder von ihnen als allererstes: "Ist die größere Lampe ein Vater oder eine Mutter?" Für John war das eine Bestätigung, dass er sein Ziel erreicht hatte. Denn keiner von ihnen fragte nach technologischen Aspekten, sondern wollte bloß etwas über die Figuren wissen. Das ist das beste Zeichen. Man ist in der Geschichte drin und identifiziert sich mit den Charakteren. Bei den Spielzeugfiguren aus "Toy Story" ist es genauso. Wir wollen vermitteln, dass die Charaktere eine Seele haben.

Ricore: Haben Sie nach dem Erfolg des ersten "Toy Story" Druck für die folgenden Filme verspürt?

Anderson: Ja, wir standen sehr unter Druck. Schließlich hing das Fortbestehen des Studios davon ab.

Ricore: Inwiefern haben Pixar-Filme die Akzeptanz gegenüber Animationsfilmen in Hollywood geändert?

Anderson: Ich denke, die Leute betrachten die Pixar-Filme von zwei Seiten, kritisch und als kommerzieller Film. Ich selbst würde mir wünschen, dass es sich noch weiter verbessern würde. Bei "Toy Story 2" schrieben manche, dass er der beste Film des Jahres sei. Dennoch heißt es noch zu oft, wir würden Kinderfilme machen. Ich finde, es hat sich schon viel geändert, aber eben noch nicht genug.

Ricore: Auch im Film geht es um Veränderung. Welcher Moment veränderte Ihr Leben auf nachhaltige Weise?

Anderson: Eine einschneidende Veränderung war der Tod meiner Mutter, als ich dreizehn Jahre alt war. Danach war alles anders. Aber mein Leben würde jetzt auch nicht das sein, was es ist, wenn das nicht passiert wäre. Das Leben ist wie es ist. Als ich "Toy Story 3" gesehen habe, dachte ich daran, denn der Tod ist immer eine einschneidende Veränderung. Ich musste auch oft an Joe Ranft denken. [Ranft arbeitete unter anderem als Autor für Pixar und verstarb 2005, Anm. d. Red.]. Für mich ist eine der Botschaften des Films, dass die Liebe immer aufrecht erhalten wird. Sie geht nicht verloren, wie man beim Abschied von Andy und seiner Mutter sehen kann.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 22. Juli 2010
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Nachdem Darla K. Anderson Umweltdesigns an der San Diego State University absolviert, arbeitet sie zunächst als ausführende Produzentin bei den Toy Story"-Reihe beteiligt. Sie gilt als erfolgreichste Produzentin der Welt. Ihre Filme setzen im Durchschnitt sage und schreibe 221 Millionen US-Dollar um.
Cowboy Woody (dt. Stimme Michael Herbig) und seine Spielzeugkollegen sind verzweifelt. Andy steht kurz davor, aufs College zu gehen und sein gesamtes Spielzeug in die Abstellkammer abzuschieben. Durch einige Zufälle finden sich Woody und seine Freunde im Kindergarten Sunnyside wieder. Alle freuen sich auf die vielen Kleinkinder, mit denen sie spielen können. Alle, bis auf Woody. Der Cowboy verlässt die Truppe, um sich auf die Suche nach Andy zu machen. "Toy Story 3" erzählt vom Ende der..
2024