Kinowelt Filmverleih
Eli Roth
Eli Roth auf brachialer Mission
Interview: Der Horror lebt!
Eli Roth erlebte seinen Durchbruch als Regisseur mit "Cabin Fever". Es folgten mit "Hostel" und "Hostel 2" Horrorstreifen der härtesten Art. Zuletzte spielte er den Bärenjuden in Quentin Tarantinos "Inglourious Basterds", für den er auch den Film-im-Film "Stolz der Nation" mit Daniel Brühl realisierte. Zum Kinostart von "Der letzte Exorzismus" erzählt er uns von seiner Mission, die Tradition der Horrorfilme aus den 1970er Jahren weiterzuführen und warum Schocker für ihn die besten Date-Filme sind.
erschienen am 30. 09. 2010
Kinowelt Filmverleih
Der letzte Exorzismus
Ricore: Was unterscheidet "Der letzte Exorzismus" von anderen Horrorfilmen?

Eli Roth: In erster Linie ging es uns bei diesem Projekt um das Drehbuch und die schauspielerische Leistung. Den meisten anderen Horrorfilmern geht es um Effekte. Es werden Wiederauflagen oder Fortsetzungen gedreht. Keinem geht es um die Fortführung der Tradition, des Horrorfilms aus den 1970er Jahren, wie "Shining" oder "Der Exorzist". Produzenten Marc Abraham und Eric Newman haben jahrelang am unserem Skript getüftelt um die Geschichte und ihre Charaktere bis ins Detail zu entwickeln.

Ricore: Wie sind Sie auf Daniel Stamm als Regisseur gekommen?

Roth: Die ursprünglichen Regisseure, die auch das Drehbuch geschrieben haben, sind abgesprungen. Außerdem hat uns sein Film "A Necessary Death" gefallen. Während des Vorstellungsgesprächs hat er erklärt, dass er "Der letzte Exorzismus" in dem Stil Lars von Trier< machen wolle. Eine Charakterstudie, die als Drama beginnt, sich zu einem Psycho-Thriller weiterentwickelt und erst in den letzten fünf Minuten zum Horrorfilm wird.

Ricore: Warum haben Sie sich für den dokumentarischen Stil entschieden?

Roth: Ihm ging es vor allem um einen möglichst realen Anschein. Wir wollten dem Zuschauer Zeit lassen, um die Charaktere kennen zu lernen und eine emotionale Bindung aufzubauen. Es ist vielleicht eher ein Psycho-Thriller oder ein Drama, als ein Horrorfilm. William Friedkin der Macher von "Der Exorzist" inszenierte seinen Film ebenfalls als Drama.

Ricore: Inwieweit waren Sie im kreativen Prozess involviert?

Roth: Während der Vorbereitung hatte ich Ideen, die ich dann mit Daniel Stamm diskutierte. Bei den Dreharbeiten, ließ ich ihn allein. Ich wollte nie das Gefühl aufkommen lassen, dass es zwei Regisseure gebe, oder dass ich ihm über die Schulter schaue. Im Schnitt konnte ich mich wieder gut einbringen. Ich hatte ein paar neue Sachen geschrieben, die wir abdrehten und dann neu schnitten. Komponist Nathan Barr hab ich Daniel vorgeschlagen.
Kinowelt Filmverleih
Eli Roth
Ricore: Was macht das Horror-Genre für Sie als Künstler so interessant ?

Roth: Sie bereiten mir einfach das meiste Vergnügen, sie sind vielschichtiger. Es gibt in der Gesellschaft keinen sicheren Ort um zu schreien, es ist nicht erlaubt Angst zu haben. Wir haben aber immer Angst, vor Krankheit, alleine zu sterben, nie den richtigen Partner zu treffen, diese Ängste stauen sich auf. Während der 90 Minuten im Kino kann man einfach alle raus lassen. Auf einem praktischen Level, sind es die besten Filme für Dates. In romantischen Komödien wird man mit Brad Pitt oder George Clooney verglichen, in einem Horrorfilm gibt es nur Monster. Außerdem kann man sich ungestraft aneinander festhalten. Ich hatte letztens eine Begegnung mit einem Ehepaar, deren erstes Date "Hostel" gewesen ist. Das hat mich sehr gefreut.

Ricore: Wovor haben Sie Angst?

Roth: Im Prinzip habe ich genau dieselben Ängste wie jeder andere auch, Krankheit, gelähmt zu sein, dass mir alles im Leben genommen wird und vor bösartigen Clowns...

Ricore: Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Horror-Genres während der letzten zehn Jahre, seit Sie "Cabin Fever" produziert haben?

Roth: Vor "Cabin Fever" haben mir alle erzählen wollen, dass Horror tot sei. Im Moment lebt das Genre und floriert. Ich bin sehr stolz ein Teil dessen zu sein und Filmemacher zu unterstützen, die dabei helfen es wieder zu beleben.

Ricore: Woran lag das lange Darben des Genres?

Roth: Es ist mit der Zeit sehr sicher geworden, durch Regeln die aufgestellt wurden. Der Hauptdarsteller musste überleben, er sollte eine Fernsehgröße sein, es wurde zu einem langweiligen, unbeweglichen Genre. Wir haben den Staub abgeklopft, geholfen die Lebendigkeit zu zeigen und dass man Geld daran verdienen kann. Das ist das einzige, was Studios interessiert.

Ricore: Wie wichtig war Ihr Name für "Der letzte Exorzismus"?

Roth: Es war wichtig um ihn zu finanzieren. Ich habe mir das Vertrauen der Fans durch meine Filme hart erarbeitet und bin jetzt in einer Position, aus der ich Filme durch meinen Namen aufstellen kann. Das bedeutet, wir können den Regisseur und die Schauspieler engagieren, die uns gefallen. Außerdem müssen wir kein Ende finden, das jedem gefällt.
Kinowelt Filmverleih
Eli Roth
Ricore: Was sind für Sie die wichtigsten Elemente, die einen guten Horrorfilm ausmachen?

Roth: Ein gutes Drehbuch, das seine Charaktere Ernst nimmt und trotzdem offen bleibt für Assoziationen des Zuschauers. Der Regisseur muss den Schrecken ernst nehmen, er muss echt sein, wenn man anfängt Witze darüber zu reißen, ist es vorbei.

Ricore: Manche Kritiker haben "Hostel" und "Saw" als Folter-Pornos bezeichnet, was halten Sie von der Bezeichnung?

Roth: Das sagt viel mehr über den Kritiker als über den Film aus. Jemand der diese Filme als Folter-Pornos bezeichnet, weiß nichts über Horrorfilme und ist bestimmt kein Fan. Er will nur zeigen, was er für eine gute moralische Persönlichkeit hat, indem er sagt, dass sie schlecht für die Gesellschaft wären.

Ricore: Warum ist Gewalt ein so zentrales Thema in Ihren Filmen?

Roth: Gewalt spielt nur im Bezug auf die Geschichte eine wichtige Rolle. "Hostel" war eher ein physikalischer Durchhaltetest. "Der letzte Exorzismus" ist ein Psycho-Thriller. Außerdem gibt es keine Gewalt auf der Leinwand, es handelt sich lediglich um eine Repräsentation von Gewalt.

Ricore: Religion spielt eine wichtige Rolle in "Der letzte Exorzismus", was halten sie generell von Religion?

Roth: Wir wollten keine Aussage treffen, ob Religion schlecht oder gut ist, deswegen haben wir versucht beide Seiten, die religiöse und die wissenschaftliche, möglichst objektiv darzustellen. Persönlich glaube ich, dass Religion eine tolle Sache wäre, würde sie den Menschen nicht immer wieder die Gelegenheit geben schreckliche Dinge zu tun. Dasselbe Argument gilt auch für die Wissenschaft. Ricore: Welche Rolle spielt Religion in Ihrem Leben?

Roth: Ich bin nicht wirklich religiös, eher spirituell.
UPI
Eli Roth
Ricore: Wie hat "Cabin Fever" Ihr Leben verändert?

Roth: Vorher war ich kein Regisseur, danach war ich einer. Bis zu dem Zeitpunkt wusste niemand, wer ich war und auf einmal wollte jeder mit mir arbeiten.

Ricore: Stimmt es, dass Sie sich bereits als Kind entschieden haben, Regisseur zu werden, nachdem sie sich bei "Alien" übergeben mussten?

Roth: Ja und ich bin sehr stolz, dass Leute sich bei "Der letzte Exorzismus" übergeben müssen, das gibt mir das Gefühl, ich halte die Tradition aufrecht. Als ich "Alien" gesehen habe war ich acht Jahre alt. Während des Abspanns hab ich meinem Vater eröffnet, dass ich Produzent werden möchte. Er meinte nur, ob ich wüsste, dass der das ganze Geld auftreiben müsse. Daraufhin fragte ich ihn, was der Regisseur mache. Der darf das ganze Geld ausgeben und Leuten erzählen, was sie zu tun haben. Heute mache ich beides, weil ich damit die ganze Kontrolle habe.

Ricore: Welche Regisseure haben Sie am meisten beeinflusst?

Roth: Da gibt es viele und die ändern sich auch ständig. Ich bin durch Phasen gegangen. "Cabin Fever" wurde von den Horrorfilmen der 1970er und früher 80er beeinflusst. "Hostel" ähnelte asiatischem Horror, "The Vanishing" spielte damals eine große Rolle. "Hostel 2" war dann eher ein früher 70er Jahre italienischer Giallo-Thriller, mit Einflüssen von "Strafpark".

Ricore: Wie war es für Sie, eine so große Rolle bei "Inglourious Basterds" zu spielen?

Roth: Es war eine große Ehre und ich hatte wirklich Spaß daran. Was gibt es besseres für einen Juden aus Boston, als nach Deutschland zu fliegen und Hitler zu erschießen. Es war ein sehr emotionales Erlebnis für mich und deswegen wollte ich auch von Anfang bis Ende dabei sein.

Ricore: Wie war es mit Quentin Tarantino?

Roth: Wir haben zuvor schon bei "Grindhouse" zusammen gearbeitet, das war eine einzige Party. "Inglourious Basterds" war eine Militäroperation, da gab es keine Blödeleien. Aber wir sind Freunde, deswegen weiß er, dass ich hart arbeite und mein Herzblut in die Projekte stecke. Er erkennt sich in mir wieder, wir haben dieselbe Arbeitseinstellung.

Ricore: Was sind Ihre Pläne als Filmemacher und Schauspieler für die Zukunft?

Roth: Als Filmemacher werde ich meine Drehbücher fertig schreiben, für die ich bisher keine Zeit hatte. Ich produziere gerade "The Man with the Iron Fist", den ich mit RZA, dem Wu-Tang Clan-Mitbegründer, geschrieben habe. Am Set werden wir das Team von "Der letzte Exorzismus" haben.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 30. September 2010
Zum Thema
Prediger Cotton Marcus (Patrick Fabian) wird vom schlechten Gewissen geplagt. Seine Teufelsaustreibungen waren nichts als Illusion. Für seinen letzten Exorzismus engagiert er darum ein Fernsehteam, das seine Praxis als Schwindel bloßstellen soll. Doch dann muss er feststellen, dass die Patientin tatsächlich vom Dämon besessen ist. "The Last Exorcism" ist ein Horrorfilm, der klassische Genre-Elemente mit Medienschelte vermischt.
Eli Raphael Roth mag es blutig. Zumindest in seinen Filmen. Der am 18. April 1972 in Boston, Massachusetts, geborene Drehbuchautor und Regisseur ist vor allem für Horror-Schocker wie "Cabin Fever" und "Hostel" bekannt. Bereits im Alter von acht Jahren entdeckt Roth seine Vorliebe für das Genre, als er zum ersten Mal den Klassiker "Alien" sieht. Gleich darauf gibt es kein Halten mehr für seine cineastischen Ambitionen. Noch in seiner Schulzeit realisiert er zusammen mit seinen Brüdern Adam J...
2024