Buena Vista International
Wilson Gonzalez Ochsenknecht
"Schauspielerei ist mein Beruf"
Interview: Wilson Gonzalez Ochsenknecht wird erwachsen
Wilson Gonzalez Ochsenknecht ist der Sohn von Uwe Ochsenknecht. Aus dem Schatten seines Vaters ist der Nachwuchsschauspieler inzwischen herausgetreten. Mit "Die wilden Kerle" schaffte er an der Seite seines jüngeren Bruders Jimi Blue den Durchbruch und entwickelte sich zu einem Teenie-Schwarm. Von diesem Image versucht er sich mit der Rolle des Nazi-Sympathisanten in "Habermann" etwas zu distanzieren. Wie er die Schauspielerei betrachtet und was ihm die Musik bedeutet, verriet er im Interview mit Filmreporter.de.
erschienen am 25. 11. 2010
farbfilm verleih
Habermann
Ricore: Wann war dir klar, dass du Schauspieler werden willst?

Wilson Gonzalez Ochsenknecht: Ich war oft bei den Dreharbeiten meines Vaters dabei. Wenn man klein ist, will man unbedingt vor die Kamera. Irgendwann hatte ich die Möglichkeit dazu. Ich war in einer kleinen Einstellung im Hintergrund zu sehen. Es war aber trotzdem sehr aufregend und irgendwann wollte ich mehr. Dann kamen die ersten Castings und so kam ich zum Film.

Ricore: War das eine Entscheidung gegen den Widerstand deines Vaters oder hat er dich unterstützt?

Ochsenknecht: Er sagte, wenn ich das unbedingt machen will, soll ich das machen. Später hätte ich immer noch die Möglichkeit, etwas anderes auszuprobieren. Aber an meinem Entschluss hat sich nichts geändert, ich bin dabei geblieben.

Ricore: Deinen ersten Film hast du mit deinem Vater gemacht. War das eine Hilfe oder hat es dich eher unter Druck gesetzt?

Ochsenknecht: Nein, unter Druck habe ich mich nicht gefühlt. Zu der Zusammenarbeit in "Erleuchtung garantiert" kam es eher zufällig. Mein Bruder Jimi und ich hatten sowieso Lust, in einem Film mit zuspielen und so sind wir da reingerutscht.
Walt Disney Studios Home Entertainment
Wilson Gonzalez und Bruder Jimi Blue Ochsenknecht in "Gangs"
Ricore: Mit "Die wilden Kerle" hast du dir den Ruf eines Teenie-Schwarms erspielt. In "Habermann" spielst du einen ganz anderen Rollentypus. Wie war die Erfahrung, in einem politischen Film mitzuspielen?

Ochsenknecht: Es war eine tolle Erfahrung. Es hat mir großen Spaß gemacht, diese schwierige Rolle auseinanderzunehmen und sie dann zu spielen. Ich hatte sehr gute Kollegen an meiner Seite. Sie haben mich alle gut behandelt und ich habe mich sehr gut mit ihnen verstanden. Wir waren oft zusammen weg. Es war schon sehr familiär.

Ricore: Hast du von erfahrenen Schauspielern wie Ben Becker etwas lernen können oder warst du eher befangen?

Ochsenknecht: Am Anfang war ich schon ein bisschen aufgeregt. Weil sie alle so nett zu mir waren, hat sich das schnell gelegt. Jeder hat seine Rolle so gut wie möglich gespielt und jeder stand dem anderen beratend zur Seite.

Ricore: Hattest du dir erhofft, mit dieser Rolle dem Image eines Teenie-Schwarms zu entkommen?

Ochsenknecht: Ja, definitiv. Es ist ein guter Einstieg, um dieses Image loszuwerden. Alle Projekte, die zurzeit in Planung sind, gehen in diese Richtung. Einen Schritt zurück wird es nicht geben. Ich sehe die Schauspielerei als Beruf an und nicht als Mittel, um angehimmelt zu werden. Es tut mir Leid, diejenigen zu enttäuschen, die mich wieder in einer Rolle wie "Die wilden Kerle" sehen wollen. Vielleicht wird nochmal so eine Rolle kommen, wenn das Drehbuch dazu passen sollte. Aber grundsätzlich möchte ich mich für den Beruf ins Zeug legen. Ich möchte hart arbeiten. Ich denke, das ist der richtige Weg, um auch weiterhin erfolgreich zu sein.
Constantin Film
Wilson Gonzalez Ochsenknecht in "Freche Mädchen"
Ricore: Hast du die ersten Filme als Schule und Ausbildung betrachtet?

Ochsenknecht: Ja, es war sicher ein guter und lehrreicher Anfang. Es war eine Zeit, die sehr viel Spaß gemacht hat und die ich nicht bereue. Jetzt aber, wo ich erwachsen bin, finde ich den Weg interessanter, den ich mit "Habemann" eingeschlagen habe.

Ricore: Gibt es bestimmte Rollentypen, die du gerne spielen möchtest?

Ochsenknecht: Ich bin da sehr offen. Am liebsten möchte ich alles ausprobieren. Je unterschiedlicher die Rollen sind, umso mehr Spaß macht einem die Schauspielerei.

Ricore: Wer sind deine Vorbilder?

Ochsenknecht: Ich finde Gary Oldman und Philip Seymour Hoffman sehr gut. Die älteren Sachen von Robert De Niro und Al Pacino sind auch toll. Es gibt viele tolle Schauspieler, die ich bewundere. Johnny Depp gehört sicher auch dazu.

Ricore: Machst du eigentlich noch Musik?

Ochsenknecht: Ja, ich mache weiterhin Musik. Mittlerweile habe ich eine neue Band. Wir sind im Moment nur am Rumexperimentieren. Die Musikrichtung, die wir mit der Band eingeschlagen haben, soll nicht an das anknüpfen, was ich vorher gemacht habe. Damals war ich noch jünger und auch die Musik war jünger. Da ich jetzt erwachsener werde, soll auch die Musik in diese Richtung gehen. Aber ich setze mich mit der Musik nicht unter Druck. Ich lass mir einfach Zeit, bis ich sicher bin, dass der richtige Moment gekommen ist.
Walt Disney Studios Motion Pictures Germany
Wilson Gonzalez Ochsenknecht in "Gangs"
Ricore: Welchen Part hast du in der Band inne?

Ochsenknecht: Ich singe und schreibe. Außerdem spiele ich Synthesizer und Schlagzeug. Im Grunde deckt jeder in der Band alle Bereiche ab. Wir tauschen uns gegenseitig aus.

Ricore: Glaubst du, dass deine Popularität als Schauspieler Einfluss auf den Erfolg deiner Musik haben wird?

Ochsenknecht: Ich glaube, früher war es einfacher, als Schauspieler auch erfolgreich Musik zu machen. Heute ist das schwieriger geworden. Ich mache Musik vor allem als Ausgleich zur Schauspielerei. Ich versuche einen oder zwei gute Filme im Jahr zu machen und nicht fünf oder sechs schlechte. Die freie Zeit, die ich dadurch gewinne, investiere ich in die Musik.

Ricore: Was gibt dir die Musik, was dir der Film nicht geben kann?

Ochsenknecht: Ich kann in der Musik Persönliches ausdrücken. Hier kann ich Erlebtes verarbeiten. Ich erzähle Geschichten, die mich inspiriert haben, oder erfinde welche. Ich kann in der Musik über Menschen erzählen, die mich geprägt haben. In der Musik kann ich selbst sein, in der Schauspielerei lerne ich mich selber kennen. Durch die verschiedenen Rollen, die ich spiele, lerne ich meine Grenzen kennen, indem ich über Grenzen gehe.

Ricore: Spielt der engere Kontakt zum Publikum eine Rolle?

Ochsenknecht: Ja, natürlich. Mit der Musik kommt man dem Publikum sehr nahe. Beim Film ist man unnahbarer. Ich mag den Kontakt zum Publikum, es macht mir großen Spaß. Ich liebe es, sie zu unterhalten, ihnen etwas zu bieten, was ihnen vorher vielleicht niemand geboten hat. Ich mag es, sie für 90 Minuten in eine neue Welt zu versetzen, damit sie das Alltägliche vergessen können. Genauso ist es auch beim Film. Hier gehen die Leute ins Kino und vergessen alles um sich herum, während sie sich den Film anschauen.

Ricore: Siehst du den Film als Flucht vor der Realität?

Ochsenknecht: Nicht nur das. Der Film hilft auch, sich mit der Wirklichkeit zu beschäftigen. Er regt zum Nachdenken an. Bei "Habermann" zum Beispiel ist mir aufgefallen, dass viele Leute erst mal schlucken mussten, als sie ihn gesehen haben. Ich finde es wichtig, wenn ein Film so etwas leisten kann.

Ricore: Welches Projekt steht bei dir als nächstes an?

Ochsenknecht: Für nächstes Jahr steht der Film "Stille Wasser" an. Die Dreharbeiten dazu fangen im Frühjahr 2011 an.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 25. November 2010
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