Paramount Pictures
Bastian Pastewka
Superschurke mit Herz
Interview: Bastian Pastewka rettet die Welt
Bastian Pastewka ist im deutschen Fernsehen seit Jahren präsent. Seine Serie "Pastewka" ist preisgekrönt und als Sitcom hierzulande eine Ausnahme. Erfolge feiert er auch als Drehbuchautor und Schauspieler, etwa mit der anarchischen Krimi-Parodie "Der Wixxer - er kommt!". Als Synchronsprecher ist der Komiker mit der unverkennbaren Stimme auch des Öfteren zu hören. In "Megamind 3D" spricht Pastewka den titelgebenden Schurken, der eigentlich keiner ist. Was ihn an dieser Rolle gereizt hat und was er tun würde, wenn er Superkräfte hätte, verriet der 38-Jährige Filmreporter.de im Interview.
erschienen am 2. 12. 2010
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Megamind 3D
Ricore: Herr Pastewka, wie war es, Kollege Oliver Kalkofe eins auszuwischen, jetzt wo sie in "Megamind" der Star sind und er der Sidekick?

Bastian Pastewka: Das war nicht von vorneherein so geplant. Am Anfang wussten wir nicht, wer wen sprechen wird. Jeder hat jede Figur ausprobiert. Ich wurde zum Beispiel auch auf den Kameramann Hal und den Fisch gecastet. Schließlich hat man entschieden, dass ich Megamind bin, Oliver Welke Metro Man und Oliver Kalkofe der Fisch. Hal bzw. Tighten wurde am Ende von einem Berliner Synchronsprecher gesprochen, der das im Gegensatz zu mir richtig gut kann. Nicht jeder passte also zu jeder Rolle. Darum gab es auch keinen Masterplan, bei dem wir unsere Rollen tauschen. Es hätte genauso gut anders kommen können. Ich dachte zunächst, dass ich den Fisch sprechen werde. Aber offenbar war Oliver Kalkofe für diese Rolle um Klassen besser geeignet. Er spricht sie sensationell. Das sage ich nicht gerne, aber so ist das nun mal (lacht). Am Ende blieb für mich Megamind übrig, worüber ich mich sehr gefreut habe.

Ricore: Also die Rolle des Bösewichts.

Pastewka: Ja, ein Schurke, der kein Schurke ist. Man merkt schnell, dass Megamind gute Seiten hat. Ich konnte mich mit der Rolle identifizieren. Beim Sport wird Megamind als letzter ausgewählt, selbst ein Mädchen mit einem Gipsbein wird ihm vorgezogen. Das ist bei mir genauso gewesen. Auch ich spielte in der Schule mit einem großen Kosmos-Baukasten, während die anderen Kinder in "Rocky IV" gingen. Am Anfang des Films, wo die Kindheit Megaminds gezeigt wird, dachte ich, dass ich das auch sein könnte.

Ricore: War es schön, mal ein bisschen böse zu sein?

Pastewka: Superschurken haben immer einen großen Reiz. Sowohl in ernsten Filmen als auch in Komödien. Megamind glaubt, er sei der Größte und Fieseste. Trotzdem sieht man ihm schnell an, dass er gar nicht böse ist. Er ist ein ewig gestriger Schurke. Er gehört zu jenen Bösewichten, die sich noch arglistig die Hände reiben und böswillig lachen, wenn sie Böses anrichten. Oder er zieht die Augenbrauen in Falten, so dass jeder merkt, wer der Fiese ist. Gleichzeitig ist er ein fairer Schurke. Es wird niemand verletzt oder getötet.
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Bastian Pastewka gibt die Richtung an
Ricore: Das ist das Schöne an dieser Rolle. Zuerst ist man der Böse dann der Gute.

Pastewka: Ja, das macht die Rolle so interessant. Es ist schön zu sehen, wie sich der Held im Laufe der 90 Minuten wandelt. Er merkt, dass er in zu vielen Masken herumgelaufen ist und keine eigene Identität mehr hat. Irgendwann muss er das tun, was uns allen bevorsteht, nämlich sich zu sich selbst bekennen.

Ricore: Sie sprechen die Themen von "Megamind" an. Glauben Sie nicht, dass der Film für Kinder etwas zu anspruchsvoll ist?

Pastewka: Ich glaube, dass Kinder nicht immer nur auf das anspringen, was für sie explizit entworfen wurde. Ich habe mal eine Zeit lang im Jugendfernsehen gearbeitet. Hier haben wir "Hey, Crazy" was für Kids gemacht. Es waren Boygroups wie New Kids on the Block oder Backstreet Boys bei uns zu Gast. Viele Senioren schrieben uns, dass wir eine tolle Sendung machen würden, während die Kids lieber Viva und MTV schauten. Ich glaube, dass es vielleicht schwieriger ist, einen so speziellen Film wie "Megamind" in Deutschland zu starten. Denn die Comicwelt hat in Deutschland einen anderen Stellenwert als in Amerika. Ich denke aber nicht, dass Kinder deswegen nicht auf den Film anspringen werden. Für ganz junge Kinder wird "Megamind" zu laut und zu wild sein. Das gilt auch für "Madagascar", wo die ganz Kleinen von der Anzahl der Tiere völlig überwältigt waren.

Ricore: Oder das Beispiel "Toy Story 3". Im Kino saß ein kleines Mädchen neben mir, das aus Angst weinen musste. Ihr Vater konnte es kaum beruhigen.

Pastewka: Ich beobachte zwei Sorten von Kindern. Es gibt die staunenden Kinder, so wie ich es gewesen bin. In "Das Dschungelbuch" habe ich nur mit offenem Mund dagesessen und habe mich nicht geregt. Dann gab es die Sorte von Kindern, die sich freuten, wenn der Bär und die Schlange auftraten. Aber grundsätzlich finde ich es super, dass der amerikanische Animationsfilm-Sektor inzwischen nicht mehr ausschließlich auf vermenschlichte Tiere setzt, sondern sich auch kleine und spezielle Geschichten ausdenkt. Je spezieller der Animationsfilm, umso mehr gefällt er mir.

Ricore: Wenn Sie Superkräfte hätten, was würden Sie damit anstellen?

Pastewka: Wenn ich Superkräfte hätte, würde ich mich erst mal hübscher machen. Man wünscht sich ja immer, etwas attraktiver zu sein. Man kann zwar ins Fitness-Studio gehen oder Steroide nehmen, aber dafür bin ich zu faul. Wenn ich mit dem Finger schnippen könnte, um etwas zu ändern, würde ich das wohl als erstes ändern. Ich glaube, die Welt zu retten, ist hoffnungslos. Selbst wenn man einen tollen Umhang hätte und durch Häuserschluchten fliegen könnte, wäre es zwecklos. Die Menschen können nur sich selbst helfen. Deshalb befinden sich Superhelden ein bisschen auf dem absteigenden Ast. Das beweist "Megamind" recht deutlich.
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Bastian Pastewka
Ricore: Nun ist "Megamind" trotz des blauen Kopfs nicht die hässlichste Figur, die Sie gesprochen haben. Die fette Elefantenkuh in "Konferenz der Tiere" zu sprechen tat weh, oder?

Pastewka: Ja, das war in der Tat das dickste Tier, das ich bis jetzt gesprochen habe. Aber es tut überhaupt nicht weh. Je mehr Macken eine Figur hat, desto eher kann ich mich in sie hineinversetzen. Die Superhelden sehen immer nur toll aus und haben nur knackige Sprüche. Das will nach fünf Minuten keiner mehr sehen. Was die Elefantenkuh in "Konferenz der Tiere" angeht, so ist irgendjemand auf die Idee gekommen, dass nur ich diese Figur sprechen kann. Ich dachte nur, warum man nicht eine andere "Elefantenkuh" aus dem deutschen Fernsehen für diese Rolle nimmt. Beim Sprechen haben wir dann aber verstanden, warum ich es sein musste. Diese Elefantendame ist mitunter sehr plump und duselig und das hat einfach gepasst.

Ricore: Sehen Sie sich auch privat gerne Animationsfilme an?

Pastewka: Ja. Ich sah mir zum Beispiel "Horton hört ein Hu!" wahnsinnig gerne an. Auch "Toy Story 3" war großartig. Ich finde, der Animationsfilm ist eine besondere Kunst. Es ist bewundernswert, wie das alles seit "Toy Story" in der Mitte der 1990er Jahre gewachsen ist. Es ist sehr einfallsreich, welche Figuren sich die Amerikaner einfallen lassen. Sie schöpfen da aus einer Tradition, die wir Deutschen nicht haben.

Ricore: Finden Sie es nicht schade, dass der klassische Zeichentrickfilm so langsam ausstirbt, oder begrüßen Sie die Entwicklung in Richtung Animationsfilm?

Pastewka: Es ist eine recht gesunde Entwicklung. Trotzdem hat Disney vor kurzem mit "Küss den Frosch" noch einen klassischen Zeichentrickfilm gemacht. Der Animationsfilm und der Zeichentrickfilm scheinen also doch noch parallel existieren. Ich bin keiner, der sagt: Mensch, die guten alten Filme müssen wieder zurück. Als Kind habe ich "Das Dschungelbuch" geliebt und auch heute sehe ich mir den Film gerne an. Es gab noch einen anderen Film von Disney aus der gleichen Zeit, nämlich "Aristocats". Den habe ich mir vor ein paar Monaten zum ersten Mal seit langer Zeit wieder angesehen. Da merkte ich, wie sich der Animationsfilm entwickelt hat. In meiner Vorstellung war "Aristocats" lustig, pointiert, schnell und bekloppt. Beim Wiedersehen fand ich ihn dann aber sehr zweidimensional und langsam. Das Gute am modernen Animationsfilm ist, dass er sich trotz des Tempos viel Zeit für die Figuren nimmt. Anders als in "Madagascar", wo es eine Riesenansammlung von Tieren gibt, konzentriert sich "Megamind" auf wenige Figuren.
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Bastian Pastewka im Synchronstudio
Ricore: Man hört Sie zwar, aber man sieht Sie nicht mehr so oft im Kino, obwohl Sie mit der "Wixxer"-Reihe sehr erfolgreich waren.

Pastewka: Das liegt daran, dass ich so wahnsinnig gerne Fernsehen mache. So darf ich lustigerweise meine "Pastewka"-Serie weitermachen. Gerade haben wir die fünfte Staffel abgedreht. Mit Anke Engelke mache ich die verrückten Wolfgang-und-Anneliese-Shows weiter. Das alles macht mir viel Spaß. Ich habe eine Gruppe von acht Leuten gefunden, mit denen ich mir lustige Sachen ausdenke. Drei Wochen dauert es, bis unsere Ideen gedreht werden und dann nochmal ein halbes Jahr, bis Sat.1 sie sendet. Das ist eine angenehme Arbeitsweise. Beim Kino sind die Wege viel länger. Mit Oliver Welke und Oliver Kalkofe habe ich Anfang der 2000er Jahre die Drehbücher zu den "Wixxer"-Filmen begonnen. Keiner wollte sie zunächst machen. Wir mussten viel Überzeugungsarbeit leisten und vorab präsentieren, was wir eigentlich wollen. Dann wurde der Film endlich gedreht, anschließend ein paar Mal umgeschnitten. Das sind sehr lange Strecken, die man im Kino zurücklegen muss. Mich verlässt da schnell die Geduld. Beim Fernsehen geht das alles viel schneller.

Ricore: Wird es vielleicht trotzdem einen dritten Teil von "Der Wixxer" geben? Vielleicht sogar in 3D?

Pastewka: "TrippleWixx" ist unser aller Wunschfilm. Natürlich soll er in 3D ins Kino kommen und viel lustiger sein als die ersten beiden Teile zusammen. Aber das braucht eine gewisse Zeit. Wir müssen in uns kehren und überlegen, was im dritten Teil anders sein soll als bei den ersten zwei Filmen.

Ricore: Wie reagieren Sie, wenn die Menschen von Ihnen erwarten, lustig zu sein.

Pastewka: Ich schweige meistens. Wenn man von mir erwartet, lustig zu sein, nur weil ich Komiker bin, dann kann ich nur verlieren. Ich schütze irgendeine Kriegsverletzung vor oder sage, dass ich Kastanien sammeln muss und gehe. Alles andere wäre Wahnsinn.
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Bastian Pastewka im Synchronstudio
Ricore: In Ihrer Serie "Pastewka" spielen Sie einen Film- und Fernsehnarr. Wie realistisch ist das?

Pastewka: Das ist das einzige, das mich mit der Figur verbindet. Ich liebe Fernsehen und Filme. Ich sammle DVDs, nehme mir Sendungen auf, die ich mir dann trotzdem nicht anschaue. Das ist ein ewiges Sammlerhobby. Wenn ich mal irgendwann Kinder habe, dann möchte ich ihnen stolz meine große Filmsammlung präsentieren. Ich erinnere mich, wie mein Großvater mich fragte, ob ich seine Briefmarkensammlung weiterführen möchte. Ich wusste bis dahin nicht, dass man die auch sammeln kann. Ich befürchte, auch mir wird diesbezüglich eine große Enttäuschung bevorstehen (lacht).

Ricore: Wer weiß, wie viel die Sammlung heute wert wäre?

Pastewka: Sie war nicht viel wert. Mein Vater hat sie irgendwann für ca. 150 Mark an einen Fachhändler verkauft. Dabei hat mein Opa sein Leben lang dran gearbeitet.

Ricore: Bei welchen Gelegenheiten konnten Sie so richtig böse werden?

Pastewka: Wo soll ich anfangen (lacht). So richtig böse wurde ich immer, wenn mir irgendwas gegen den Strich ging. Ich konnte wahnsinnig gut schmollen. Ich setzte mich immer in die Ecke, saß da ewig lang mit heruntergezogenen Mundwinkeln und sagte nichts mehr. Das war sehr albern.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 2. Dezember 2010
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Bastian Pastewka wird am 4. April 1972 in Bochum geboren. Nach den Abitur 1991 studiert er Pädagogik, Germanistik und Soziologie. Das Studium bricht er jedoch ohne Abschluss ab. Gemeinsam mit Bernhard Hoëcker und Keirut Wenzel gründet er 1992 die Peter Greenaways "Das Wunder von Macon" zu sehen. Der Einstieg in die Fernsehbranche gelingt ihm 1994 mit der Ingolf Lück und Anke Engelke mit der Comedy-Sendung "Die Wochenshow". Im Kino ist er in "Der Wixxer" und "Neues vom Wixxer" zu sehen. Oliver..
Megamind 3D (Kinofilm)
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2024