Universal Pictures International
Winona Ryder strahlt auf der "Dickste Freunde"-PK in Berlin
Los Angeles hinter sich gelassen!
Interview: Winona Ryders Rückzug
Um Winona Ryder ist es in den letzten Jahren ruhiger geworden. Während sie in den 1990ern durch Filme wie "Voll das Leben - Reality Bites" zu einem Idol der Generation X avancierte, hinterließen ihre Rollen im darauffolgenden Jahrzehnt wenig Eindruck. Anlässlich dem Start der Komödie "Dickste Freunde" kam die Schauspielerin zum ersten Mal nach Deutschland. Im Gespräch berichtet Ryder Filmreporter.de von den Schwierigkeiten, an gute Rollen zu kommen und wie sich die Branche im Laufe ihrer Karriere verändert hat. Zudem verrät sie uns, warum sie Los Angeles den Rücken gekehrt hat.
erschienen am 26. 01. 2011
Universal Pictures International
Dickste Freunde
Ricore: Sind Sie enttäuscht, dass Sie für Ihre Rolle in "Black Swan" nicht bei den Golden Globes dabei waren?

Winona Ryder: Nein, um ehrlich zu sein gibt es so viele Preisverleihungen, dass es fast schon zuviel wird. Ich freue mich einfach für Natalie [Portman]. Sie ist ein wirklich wundervolles Mädchen, das bodenständig und intelligent ist und sehr hart für ihre Rolle gearbeitet hat.

Ricore: Auf der Pressekonferenz haben Sie gesagt, dass Sie Ihren neuen Film "Dickste Freunde" mit einem normalen Publikum gesehen haben. Wie war das, hat Sie jemand wiedererkannt?

Ryder: Nein, niemand. Es war verrückt. Ich war in New York und es stellte sich heraus, dass die Vorführung in einem anderen Kino stattfand, als zunächst angenommen. Also musste ich durch die Stadt laufen und keiner hat mich erkannt. Im Kino habe ich mittendrin Platz genommen, ich liebe es, mitten im Kinosaal zu sitzen. [lacht] Die Vorstellung kam gut an, den Leuten hat der Film gefallen.

Ricore: Wie reagieren die Leute normalerweise, wenn Sie erkannt werden?

Ryder: Ich habe ein Haus in San Francisco und versuche dort die meiste Zeit zu verbringen. Dort ist es toll, weil es eine sehr freundliche Stadt mit einer wirklich netten Schauspielgemeinschaft ist. Viele Schauspieler und Regisseure leben dort und auch das ACT, das American Conservatory Theater, an dem ich studiert habe, befindet sich dort. Annette Bening hat ebenfalls dort studiert. In Los Angeles laufe ich manchmal mit gesenktem Kopf herum. Nicht, weil ich von Paparazzi attackiert werde, aber du weißt nie, ob sie dich gerade aus der Distanz aufnehmen. Daher passt man auf sich auf, nachdem man schon so viele Bilder von sich gesehen hat. Doch wenn ich in San Francisco herumlaufe und von Leuten erkannt werde, wollen sie nichts von mir. Ich bin dort einfach nur eine Einheimische.
20th Century Fox
Winona Ryder auf der "Black Swan"-Premiere
Ricore: Sie hatten auch gesagt, dass das Internet die Filmbranche verändert hat. Wie meinen Sie das?

Ryder: Ich weiß nicht, wahrscheinlich habe ich nicht die nötige Qualifikation, um das zu beurteilen. Ich erinnere mich noch, wie ich damals das Drehbuch zum Film "Das Netz" mit Sandra Bullock erhalten habe und man im Internet auf einmal Pizza bestellen konnte. Das war eine große Sache. [lacht] Ich hatte mal einen Laptop, der gestohlen wurde und das hat mich fertig gemacht, weil ich da lauter Zeug gespeichert hatte. Was die Promi-Kultur angeht, haben die Paparazzi heutzutage immer eine Video-Kamera dabei. Es ist eine Sache, fotografiert zu werden, doch mit einem Video ist es noch mal etwas ganz anderes. Ich kann es kaum in Worte fassen.

Ricore: Hat das Ganze auch positive Aspekte?

Ryder: Einmal hat es mich gerettet. Ich musste durch eine Menschenmenge hindurch und dabei wurde jemand von meiner Tasche getroffen. Auf einmal hieß es, ich hätte die Person angegriffen. Doch ein Video, das jemand gemacht hatte, bewies, dass es nicht so war. [lacht] Davon abgesehen denke ich, dass es heutzutage schwerer ist, seine Privatsphäre aufrecht zu erhalten.

Ricore: Was hat sich durch das Internet in Bezug auf die Wahrnehmung von Filmen geändert?

Ryder: Ich fand es früher toll, wenn man hörte, dass ein neuer Film gemacht wurde und kaum etwas darüber wusste, weder das Budget, noch wie hoch die Gage der Schauspieler war. Man bekam nur ein paar Infos mit und war ganz aufgeregt. Man sah sich den Film an, weil Meryl Streep oder Al Pacino mitspielte. Doch heute wissen die Leute bereits vorher alles über den Film. Es ist eine seltsame Zeit.
Universal Pictures International
Winona Ryder auf der "Dickste Freunde"-PK in Berlin
Ricore: Wonach haben Sie gesucht, als sie nach San Francisco gezogen sind?

Ryder: Ich habe damals eine Rolle nach der anderen gespielt und es wurde einfach zu viel. Ich will nicht den Eindruck erwecken, als ob ich so ein großes Ziel der Paparazzi wäre, aber in Los Angeles sind sie ständig hinter einem her. Zudem fühlt man sich dort sehr isoliert. Ich weiß nicht, wonach ich in San Francisco gesucht habe. Ich wollte wohl das Gefühl haben, einfach herumlaufen zu können, ohne mich verstecken oder unsicher fühlen zu müssen.

Ricore: Haben Sie jemals darüber nachgedacht, das Filmgeschäft zu verlassen?

Ryder: Nein, trotz der negativen Aspekte. Am Anfang war ich noch so jung und spielte in Filmen wie "Heathers" diese Art von ikonischen Rollen. Ich habe in der Zeit viele tolle Filme gemacht. Das gilt auch für meine 20er Jahre, als ich beispielsweise in "Betty und ihre Schwestern" mitgespielt habe. Ich liebe es nach wie vor zu spielen, am Set zu sein, Filme zu machen und mit tollen Regisseuren zu arbeiten. Ich liebe den Zusammenhalt und die familiäre Atmosphäre. Es gibt aber auch Filme, deren Realisierung sehr schwer ist und die nicht gut werden.

Ricore: Müssen Sie heute härter für Rollen kämpfen?

Ryder: Bei "Dickste Freunde" war mir durchaus bewusst, dass viele Schauspielerinnen die Rolle spielen wollten. Ich hatte große Angst davor, weil ich schon lange nicht mehr eine so gewichtige Rolle übernommen hatte. Als Ron Howard mich dann endlich anrief und mir die Zusage erteilte, bin ich vor Glück durch die Lüfte gesprungen. Ich denke, es ist generell schwieriger geworden, an gute Rollen zu kommen. Das Hollywood-System funktioniert heutzutage ganz anders als früher. Die Studios haben Listen mit Schauspielern, mit denen sie am liebsten arbeiten würden. Man muss Glück haben, dass man überhaupt berücksichtigt wird.

Ricore: Haben Sie das Gefühl, dass Sie sich inzwischen außerhalb dieses Systems befinden?

Ryder: Ich bin weder verheiratet noch habe ich Kinder. Insofern habe ich die Freiheit zu spielen, was ich will und zu arbeiten, mit wem ich will. Es gibt keine Einschränkungen von außerhalb. Wenn ich irgendwann eine Familie habe, werde ich mir eine wirkliche Auszeit von der Branche gönnen und mich auf meine Rolle als Mutter konzentrieren. Ich habe viele Neffen und Nichten, darum weiß ich, wie schwierig es ist, Familie und Beruf unter einen Hut zu kriegen.
Kinowelt
Winona Ryder
Ricore: Sie haben vorhin die ikonischen Rollen Ihrer Jugendzeit erwähnt. Durch Filme wie "Heathers" und "Voll das Leben - Reality Bites" wurden Sie zum Idol von Jugendlichen der sogenannten Generation X. Wie bewerten Sie heute diese Zeit?

Ryder: Ich liebe diese Rollen. "Reality Bites" war damals Ben Stillers erster Film. Ich kannte seine Show und wollte unbedingt mitspielen. Der Film hat nicht Unmengen an Geld eingespielt, doch er wurde mit der Generation X in Verbindung gebracht, was schräg war, weil wir selber nicht genau wussten, was damit gemeint sein soll. Doch es ging um diese jungen Leute, die eigentlich keiner bestimmten Generation angehörten, die sich zwischen Hippies und Yuppies befanden. Es gibt diesen tollen Song von Victoria Williams namens "Summer of Drugs" der das in der Zeile "Wir waren zu jung, um Hippies zu sein, haben die Liebe verpasst" zum Ausdruck bringt. Zudem kam zu der Zeit das Buch "Generation X" von Douglas Coupland heraus. Es ist ein wirklich feiner Film, mit zahlreichen Anspielungen. Man musste schon viel Fern geschaut haben, um alle Bezüge und Verweise im Film zu erkennen.

Ricore: Womit beschäftigen Sie sich gerne in Ihrer Freizeit?

Ryder: Wenn ich mal einen freien Tag habe, bin ich gerne mit den Menschen zusammen, die ich liebe. Ich koche auch gerne und schaue mir oft alte Filme im Fernsehen an. Außerdem lese ich sehr gerne.

Ricore: Apropos Lesen! Ihr Lieblingsbuch war immer "Der Fänger im Roggen". Ist das immer noch so?

Ryder: Ja, das ist es nach wie vor. Inzwischen kommt es mir etwas komisch vor, darüber zu reden, weil ich schon so oft darüber gesprochen habe, als ich jünger war. In gewisser Weise fühle ich mich deswegen etwas schlecht, weil der Autor immer so viel Wert auf seine Privatsphäre gelegt hat. Das Buch wird immer einen großen Platz in meinem Leben einnehmen, wie übrigens alle Werke von J.D. Salinger. Ich erinnere mich, wie ich in der High School war und dieses furchtbare Buch namens "In Search of J. D. Salinger" von Ian Hamilton herauskam. Der Autor interviewte unter anderem das erste Mädchen, das Salinger geküsst hatte. Also verfasste ich ein kleines Buch namens "In Search of Ian Hamilton" und erfand lauter Sachen. [lacht] Denn was er über Salinger geschrieben hatte, war bloß Klatsch. Wenn es um Salinger geht, habe ich in gewisser Weise das Bedürfnis, ihn zu beschützen. Ich liebe viele Schriftsteller, doch Salinger ist sicherlich mein Lieblingsautor.

Ricore: Sie werden dieses Jahr 40 Jahre alt, was angesichts Ihres jugendlichen Aussehens kaum zu glauben ist. Freuen Sie sich darauf oder wären Sie doch lieber wieder 20?

Ryder: Oh Gott, 40! [lacht]. Ich würde es hassen, wieder 20 zu sein. Es war zwar schön, doch mit dem Alter wird man weiser und lernt aus den Fehlern, die man gemacht hat. Es wäre interessant, mit den bereits gemachten Erfahrungen noch mal jung zu sein. Doch ich genieße es wirklich, älter zu werden. Allerdings konnte ich früher essen, was ich wollte, während ich jetzt merke, wie sich mein Körper verändert. [lacht]

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 26. Januar 2011
Zum Thema
Aufgewachsen in einer kalifornischen Hippie-Kommune, zieht es Winona Ryder schon früh zum Schauspiel. In den frühen 1990er Jahren gehört sie zu den gefragtesten Schauspielerinnen Hollywoods. Privat macht sie durch ihre Beziehung mit Johnny Depp von sich reden. Mit diesem steht sie gemeinsam in "Edward mit den Scherenhänden" vor der Kamera. 2002 sorgt sie für Negativ-Schlagzeilen, als sie beim Ladendiebstahl von Kleidern im Wert von 5.000 Dollar erwischt wird. Nach einer dreijährigen..
Dickste Freunde (Kinofilm)
Ronny (Vince Vaughn) und Nick (Kevin James) sind Arbeitskollegen und zudem beste Freunde. Als Ronny die Frau seines Kumpels mit einem anderen Mann erwischt, steckt er in einem schwierigen Dilemma: Soll er die Sache für sich behalten oder Nick die Wahrheit sagen? "Beste Freunde" ist seit "Der Grinch" die erste Komödie von Ron Howard seit zehn Jahren. Die Idee zur Geschichte kam Brian Grazer bei einer Dinnerparty im Rahmen der Dreharbeiten zu "Illuminati".
2024