Universal Pictures International
Wolfgang Stumph
Kein Fremdgänger
Interview: Utopist Wolfgang Stumph
Normalerweise zieht es Wolfgang Stumph vor, seine Projekte selbst zu initiieren. 'Fremdgehen' kommt für den Schauspieler und Kabarettisten nur selten in Frage. Für "Hop - Osterhase oder Superstar?" macht er eine Ausnahme. Im Animationsfilm leiht er dem Osterhasen seine Stimme. Dieser steht kurz vor der Pension und wünscht sich, dass sein Sohn den Job übernimmt. Mit Filmreporter.de spricht Stumph über die Schwierigkeiten der Synchronarbeit und das Osterfest mit der Familie. Zudem erzählt er, was ihn zum Utopisten macht.
erschienen am 31. 03. 2011
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Osterhase sucht Nachfolger
Ricore: Wie ist es, an einem Hollywoodfilm zu arbeiten?

Wolfgang Stumph: Das war mir bisher gar nicht bewusst, aber nachdem Sie es jetzt erwähnen... Aber es ist ja so, dass ich ein bisschen auf Hasen abonniert bin. Nach "Keinohrhasen" bin ich nun hier dabei. Eigentlich gehe ich aber nur selten fremd. Sonst stoße ich mit Autoren immer meine eigenen Projekte an. Von bisher 100 Produktionen habe ich nur bei vier mit fremden Leuten gearbeitet. Das waren "Salami Aleikum", "Keinohrhasen", ein oder zwei Fernsehfilme und eben dieser hier. Bei einem bereue ich es zwar, aber ansonsten habe ich diese 'fremden' Filme immer sehr gern gemacht.

Ricore: Was hat Ihnen an "Hop" gefallen?

Stumph: Ich freue mich ganz besonders über den Film, weil er vor allem auch meine Kinder anspricht. Außerdem tut so ein Film in diesen Zeiten ganz gut, in denen immer alles schneller und besser werden muss. Darüber vergessen wir oft die wichtigen Dinge im Leben, wie Familie und Zwischenmenschlichkeit. Dieser Film ist Gott sei Dank mal nicht wie ein Computerspiel gemacht, also mit Action, Brutalität und großen Effekten vollgestopft, die das ganze Kino erschüttern lassen. Es ist ein Familienfilm, der mir viel Freude gemacht hat. Den Kindern wird endlich mal wieder die Basis des Lebens und der Gefühle erklärt. Außerdem bietet sich die Möglichkeit, dass sich Eltern und Kinder über den Film austauschen können. Zudem ist es schön, dass er zu Ostern herauskommt. Mit dem Fest verbindet man automatisch schöne Erinnerungen.

Ricore: Wie haben Sie als Kind Ostern gefeiert?

Stumph: Ich bin ein Einzelkind und meine Mutter hatte immer wenig Zeit für mich. Umso mehr habe ich diese Sachen dann bei meinen Kindern nachgeholt. Das war eine große Freude. Meinem Enkelkind werde ich auch einen Plüschhasen schenken. In solchen Momenten merke ich richtig, dass sich die Kleinen hundertprozentig über Kleinigkeiten wie diese freuen und dass es mir auch etwas gibt. Es muss eben nur von Herzen kommen.
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Hop - Osterhase oder Superstar?
Ricore: Schenken Sie Ihren Enkeln auch Ostereier?

Stumph: Ja, hundertprozentig. Ich muss mich sogar bremsen, dass ich nicht so übereifrig wie bei meinem Sohn bin. Das war pädagogisch falsch. Wir haben sieben Eier zwanzigmal versteckt. [lacht] Wir haben uns daran erfreut, wenn er sich gefreut hat, wenn er die Eier findet. Er konnte aber noch nicht zählen und hat nicht gemerkt, dass es nur sieben Eier waren. Oder doch? Ich muss ihn mal fragen, ob er es gemerkt hat. Die Kinder kriegen schon einiges mit, aber sie sagen es nur nicht. Sie wissen, wenn die Luft zwischen den Eltern dick ist oder wenn sie ihnen gegenüber ungerecht sind.

Ricore: Können Sie sich als Vater auch an solche Momente erinnern?

Stumph: Ja, natürlich. Wenn man sensibel und mit sich selbst im Reinen ist, dann vergisst man das nicht. Manchmal weiß man schon direkt, dass man etwas nicht hätte sagen sollen. Das bleibt dann an einem hängen. Ich weiß auch noch, welcher Journalist ungerecht war oder was ich in der Schule falsch gemacht habe. Ich habe immer auf mich aufmerksam gemacht und bin meinem Klassenlehrer bestimmt im Gedächtnis geblieben. [lacht]

Ricore: Kam Ihnen die Geschichte aus "Hop" bekannt vor?

Stumph: Man hat sich manchmal schon wiedererkannt. Wenn man etwas geschaffen hat, also zum Beispiel ein Haus gebaut hat, dann wünscht man sich, dass es eins der Kinder irgendwann übernehmen wird. Aber das klappt nicht immer. Es ist sehr lebensecht, dass die Kinder meistens etwas anderes wollen als die Eltern. Die Amerikaner verstehen es sowieso, Filme mit Emotionen und Happy-End zu machen. Für uns rationale und technologische Deutsche, die politisch und emotional korrekt sein wollen, ist das manchmal kitschig. Aber seien wir mal ehrlich: Lieber Kitsch als all die Brutalität dieser Welt.

Ricore: Wie viele Tage Arbeit steckten denn für Sie in diesem Film?

Stumph: Das waren, glaube ich, viereinhalb Tage Synchronarbeit von früh bis spät. Es ist auch nur eine kleine Rolle. Es hat Spaß gemacht, aber ich nehme mich da gar nicht so wichtig.
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Wolfgang Stumph
Ricore: Wie hat Ihnen das Synchronsprechen gefallen?

Stumph: Ich habe festgestellt, dass sich der Beruf von dem des Schauspielers unterscheidet. Nehmen wir zum Beispiel meinen Kollegen Lutz Mackensy, der ein erfolgreicher Synchronsprecher ist und zum Beispiel in der amerikanischen "CSI"-Reihe zu hören ist. Er hat eine sehr markante Stimme, zieht die Takes schnell durch und ist sprachlich einfach toll. Da besteht schon ein Unterschied. Es ist kein Problem, sich selbst nachzusynchronisieren, wenn das zum Beispiel bei "Stubbe" gemacht werden muss. Aber bei fremden Figuren ist es schweinisch schwer.

Ricore: Weshalb?

Stumph: Das ist Kopfkino. Alles, was man normalerweise durch die Körpersprache rüberbringt, muss im Kopf stattfinden. Man kann sich ja nicht bewegen, sondern muss immer beim Mikrofon bleiben. Das ist ein knallharter Beruf. Man drückt sich nur durch die Sprache aus. Wir hatten aber einen tollen Regisseur, der auch Schauspieler ist. Ich habe sehr viel gelernt, so dass ich auch mal den nächsten Schritt machen und selbst ein solches Projekt in Angriff nehmen würde. Natürlich nur, wenn es sich inhaltlich anbietet. Ich mache ja nichts, was nicht mit meiner Moral und meinen Anliegen vereinbar ist.

Ricore: Nach welchen Kriterien wählen Sie in der Regel Ihre Projekte aus?

Stumph: Wenn ich eine Idee habe, dann überlege ich, mit wem ich daraus etwas machen könnte. Dann erarbeiten wir zusammen ein Exposé und legen es Studio Hamburg vor. Wenn die es nicht wollen, gehen wir woanders hin. Wir suchen einen Regisseur, mit dem wir das Projekt machen wollen. Meistens produziere ich selber. Alle Figuren, die mir 'St' anfangen, also Stubbe, Stankowski, Stolze und wie sie nicht alle heißen, mache ich nur, weil ich sie auch wirklich machen will. Wenn ich mal einen normalen Namen habe, dann sind das Sachen, bei denen ich gesagt habe: "Ach ja, das mach ich mal". Aber natürlich bringe ich mich überall ein, gerade als Sachse. Aber wie gesagt: Alles Selbstgemachte fängt mit 'St' an. Stephanie [Anm. d. Red.: Name der Tochter] fängt ja auch mit 'St' an. [lacht]
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Wolfgang Stumph bei Synchronarbeiten zu "Hop"
Ricore: Sie engagieren sich für mehrere Hilfsorganisationen. Gibt es bestimmte ethische Themen, die Ihnen besonders wichtig sind?

Stumph: Ich bin in diesen Dingen schon ein Utopist und sehe Gleichheit und Brüderlichkeit als Ziele, die man zwar nie erreicht, die man aber anstreben sollte. Mein Sohn Thomas hat zum Beispiel nie ein Spielzeug gehabt, das in irgendeiner Form schießt. Einmal habe ich ihm mal ein Holzschwert gebaut. Das war aber auch das einzige Waffenähnliche. Er wollte sich als Indianer verkleiden und brauchte etwas Passendes. Wenn mal als Einzelkind aufwächst, spürt man viele Defizite und wird sensibel in Bezug auf das, was andere haben und man selbst nicht hat. Das will man dann ausgleichen, indem man mehr gibt als nimmt.

Ricore: Inwieweit haben Sie die Berufsfindung Ihrer Kinder beeinflusst?

Stumph: Bei "Go Trabi Go" war meine Tochter sechs Jahre alt und ist in die Schule gekommen. Wir haben im August 1990 am Gardasee gedreht. Da hat sie Claudia Schmutzler gesehen, die im Film meine Tochter Jacqueline gespielt hat. Das hat sie erschreckt und sie hat gesagt: "Aber ich bin doch deine Tochter". Sie hat zu dieser Zeit schon Klavier gespielt und war in einer Tanz- und Gesangsgruppe. Ich glaube, dass ihr das damals Gefallen hat. Als dann das Casting für "Stubbe" war - da war sie dann neun - gab es auch eine Tochterrolle zu besetzen. Sie hat mitgemacht und ist es Gott sei Dank auch geworden.

Ricore: Wie war das für Sie?

Stumph: Es war schön zu sehen, dass sie Freude an dem Beruf hat, den ich auch ausübe. Auf diese Weise teilen wir etwas. Im Moment dreht sie gerade ihren 42. "Stubbe". Sie hat ihr Abitur gemacht und ist vier Jahre in Leipzig auf die Schauspielschule gegangen. Ich habe es ja damals ähnlich gemacht. Ich war Amateur-Kabarettist und meine Truppe hat mir geraten, auf die Schauspielschule zu gehen und in das Berufsfach zu wechseln.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 31. März 2011
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Der Durchbruch für den studierten Schauspieler und Kabarettisten Wolfgang Stumph kam 1991 mit der Komödie "Go Trabi Go". Das sächsische Schlitzohr spielte er daraufhin in den TV-Serien "Salto postale" und der Fortsetzung "Salto Kommunale". Seit 1995 tritt er gemeinsam mit seiner Tochter Stephanie in der Krimiserie "Stubbe - Von Fall zu Fall" auf. Sein Kabarettensemble mit den Kollegen Gunter Antrak und Detlef Rothe hatte 2006 seinen letzten Auftritt. Wolfgang Stumph engagiert sich nach wie vor..
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2024