Walt Disney Studios
Barbara Schöneberger spricht gerne synchron...
Vorlesen aus dem Telefonbuch
Interview: Emanzipation à la Barbara Schöneberger
Um einige Kilos schlanker als im Vorjahr, aber mit der gewohnten Schlagfertigkeit steht Barbara Schöneberger als Gastgeberin des Deutschen Filmpreises am 8. April 2011 auf der Bühne. Im Vorjahr wölbt noch ein imposanter Babybauch das Glitzerkleid. Kurz danach kommt ihr erstes Kind zur Welt. Jetzt hat die glückliche Mutter für den Kinderfilm "Winnie Puuh" zwei Lieder beigesteuert. Kind und Karriere, das kriegt sie unter einen Hut. Im Gespräch mit Filmreporter.de erklärt die Entertainerin, dass Emanzipation für sie vor allem Entscheidungsfreiheit bedeutet.
erschienen am 16. 04. 2011
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Barbara Schöneberger spricht gerne synchron...
Ricore: Filmpreisgalas zu moderieren ist eine heikle Aufgabe, bei denen oft über die Moderation gelästert wird. Welche Fehler sollte man vermeiden?

Barbara Schöneberger: Was man bei Filmpreismoderationen grundsätzlich richtig machen kann, ist, dass der Zuschauer entweder im Saal ist, oder es sich nicht anguckt. Denn im Fernsehen überträgt sich überhaupt nie, dass die Stimmung im Saal super ist. Hinterher heißt es dann immer: "Schade, dass die Leute nicht mitgehen". Die gehen aber mit - das merkt man nur nicht im Fernsehen. Deswegen finde ich die Filmpreismoderationen überhaupt nicht tragisch.

Ricore: Was ist denn ein richtiger Einstieg in so einen Abend.

Schöneberger: Man muss sich die Leute erobern, idealerweise mit drei sicheren Gags. Die müssen ziemlich früh kommen. Und dann ist es auch immer gut, den Zuschauern zu signalisieren: "Hey, ich bin auch nur ein Mensch". Man muss mit Selbstironie und Humor an die ganze Sache herangehen. Dann finden sie das auch sympathisch. Manchmal muss man auch ein paar böse Sprüche machen, und sagen was die Leute denken, sich aber nicht zu sagen trauen.

Ricore: Colin Firth bekam für seine Stotterer-Rolle in "The King's Speech" dieses Jahr den Darsteller-Oscar, Florian David Fitz wird für eine Tourette-Syndrom-Rolle mit der Lola ausgezeichnet. Warum ernten Außenseiterrollen derzeit so viel Sympathien?

Schöneberger: Das liegt daran, dass diese Rollen wahnsinnig schwer zu spielen sind. Ich glaube, einen Stotterer, einen Betrunkenen oder einen Tourettekranken zu spielen kann sehr leicht ins Peinliche abrutschen. Wenn es aber so perfekt gelingt, dass man es glaubt und begeistert ist, dann ist das eine doppelt große Darsteller-Leistung.

Ricore: Was macht einen guten Kinder- und Familienfilm aus?

Schöneberger: Ich glaube, dass wir heute in einer krassen Welt leben, mit viel Krach und viel schrecklichen Nachrichten, mit der harten Realität, die auf uns einstürzt. Da finde ich es wunderbar, wenn man sich in einem Kinderfilm ganz verlieren kann, weil er sich in einer Traumwelt bewegt. An "Winnie Puuh" finde ich so toll dass man in eine Welt entführt wird, die gar nichts mit der Realität zu tun hat und die so herrlich intakt ist.
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Barbara Schöneberger
Ricore: Ist "Winnie Puuh" deshalb auch für kleine Zuschauer geeignet?

Schöneberger: Na klar. Da passiert überhaupt nichts aufregendes. Es ist einfach nur wahnsinnig süß. Auch als Erwachsener kann man sich den Film ansehen, weil die Dialoge und die Charaktere nicht nur kindlich sind. Man kann schon auch schmunzeln und lachen. Aber es ist alles heile Welt, weder 3D noch laut. An dem sogenannten Kinderfernsehen stört mich, dass die Synchronisation oft so hysterisch und laut ist. Das finde ich schrecklich. Und das ist bei diesem Film eben gar nicht der Fall.

Ricore: Gibt es noch andere Beispiele für gelungene Kinderfilme?

Schöneberger: Ich finde alles gut, was man so aus der guten alten Zeit kennt. "Der Räuber Hotzenplotz" war ein toller Film. Und alles was mit "Michel aus Lönneberga" zu tun hat, bis hin zu "Pippi Langstrumpf". Alles, wo Kirschbäume blühen und Hunde, Pferde und Katzen mit im Haus wohnen und die Kinder immer dreckverschmiert sind. So, wie man sich vorstellt, dass eine Kindheit eigentlich sein müsste.

Ricore: Haben Sie als Kind "Pu der Bär" gelesen?

Schöneberger: Ich bin damit in Berührung gekommen, ohne genau zu wissen, wann genau das war. Winnie Puuh kennt man einfach, auch wenn man sich nicht mehr an den ersten Tag mit ihm erinnern kann.

Ricore: Werden Sie Ihrem Sohn die Geschichten vorlesen?

Schöneberger: Natürlich. Ich finde Vorlesen das Allerallerwichtigste. Denn es geht ja auch immer damit einher, sich zusammen hinzusetzen, das Kind auf den Schoß zu nehmen, mit Zuneigung und vor allem auch mit Ruhe. Da kann man dann auch aus dem Telefonbuch vorlesen, solange man es lustig macht.
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Winnie Puuh
Ricore: Wie hat sich Leben und Arbeit mit dem Kind verändert.

Schöneberger: Ich bin jetzt Mutter, mit allem was da an körperlichen und zeitlichen Veränderungen dazu gehört. Das ist schon eine andere Sache. Da fühlt man sich - finde ich zumindest - endlich so, wie es von der Natur vorgesehen ist. Ich habe nicht total dagegen angekämpft, ein Kind zu bekommen, nach dem Motto: "Oh Gott, jetzt verliere ich meine Figur" oder "Ich verliere meine Selbstbestimmung". Ich war dermaßen bereit, endlich Mutter zu werden, dass ich alles super fand, was damit zusammenhängt, und es immer noch super finde.

Ricore: Wer passt auf Ihren Sohn auf, wenn sie arbeiten?

Schöneberger: Wenn ich nicht zu Hause bin, gibt es eine Kinderfrau. Und dann hat das Kind ja glücklicherweise auch noch einen Vater. Da ist alles total machbar, man muss es nur lang genug planen. Ich arbeite nicht so viel wie früher, und nehme alles mögliche auf mich, um so spät anzureisen wie möglich und so früh wie möglich wieder zurück zu fahren.

Ricore: Eva Herman würde jetzt sagen: Kind und Karriere sind für echte Frauen nicht vereinbar.

Schöneberger: Ich würde mit Eva Herman über das Thema Muttersein nicht diskutieren. Davon abgesehen bedeutet Emanzipation für mich, dass sich jeder selbst entscheiden kann - und zwar so, wie er gerne möchte. Wenn heute eine Frau zu mir sagt: "Ich möchte drei Kinder kriegen und ich möchte nicht arbeiten", dann finde ich das genauso emanzipiert. Im Übrigen hat die auch mehr Stress als alle anderen, die wir noch arbeiten gehen. Weil mehr als zwei Kinder zu haben die anstrengendste Sache ist, die man sich nur vorstellen kann. Jedem soll die Möglichkeit gegeben werden, seinen Weg zu gehen. Das kann der eine Weg sein, nach der zweiten Woche nach der Geburt wieder arbeiten gehen zu wollen. Es kann aber auch der sein, bei dem eine Frau sagt: "Ich bleibe jetzt zehn Jahre zu Hause und warte, bis die Kinder im Gymnasium sind". Es kann aber auch eine Mutter sein, die wie ich sagt: "Ich arbeite und mache das mit dem Kind auch noch. Und alles irgendwie gleichzeitig". Das muss jede Frau für sich selber entscheiden.
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Ricore: Ist ein zweites Kind in Planung?

Schöneberger: Das ist auf jeden Fall vorstellbar. Ich bin jetzt aber erstmal so wahnsinnig dankbar, eines zu haben. Über alles weitere denke ich noch nicht nach.

Ricore: Ihre Privatsphäre mit Mann und Kind wollen sie geschützt halten.

Schöneberger: Mein Mann schirmt sich ab und gemeinsam schirmen wir unser Kind ab. Das ist ein völlig normaler und natürlicher Vorgang. Ich finde, dass ein Kind nicht in die Öffentlichkeit gehört und nicht instrumentalisiert werden darf. Das macht man einmal der Presse, notfalls auch gerichtlich klar - und dann ist die Sache auch durch. Das machen alle vernünftigen Leute so. Und jeder, der das nicht macht, hat meiner Meinung nach den falschen Weg eingeschlagen. Aber auch das müssen die Leute selber wissen. Ich finde das halt deswegen schwierig, weil du über das Kind bestimmst und über es entscheidest, weil es sich ja noch nicht äußern kann. Dann sollte man sich mit Homestorys erstmal zurückhalten.

Ricore: Und diese Privatsphäre respektiert man bei Ihnen? Da werden keine Paparazzi-Babybilder über den Balkon geschossen?

Schöneberger: Nee, das würde aber auch sehr teuer werden. Bei anderen vernünftigen Leuten im deutschen Fernsehen ist es ja außerdem genauso. Niemand weiß, wie die Kinder von Kerner, Beckmann oder Maischberger aussehen. Das ist dann eher die Gruppe, zu denen man sich zählen möchte und nicht mehr die, die ihre Kinder bei jeder Gelegenheit nach vorne stellen. Die sagen: "Wir führen jetzt mal Abendmode vor und du bist im Hintergrund und hast auch einen kleinen Smoking an, in Größe 124".
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Barbara Schöneberger als Fee
Ricore: Sie synchronisieren, moderieren, schauspielern, singen. Was davon machen Sie am liebsten?

Schöneberger: Ich achte nicht darauf, dass diese Sachen in einem bestimmten Verhältnis stehen. Wenn ich eine interessante Anfrage kriege, dann mache ich das. Ich bin auch schon als Dozentin für Schlagfertigkeitsseminare aufgetreten. Ich wäge immer ab. Vor allem bin ich jetzt als Mutter keine Minute länger auswärts, als nötig. Ich mache nur noch Sachen, die mir wirklich am Herzen liegen. Die entweder ideell unglaublich toll oder finanziell unglaublich attraktiv sind. Sonst nichts.

Ricore: Apropos schlagfertig. Sie haben das Image einer wortgewandten, energetischen Entertainerin. Steht man damit unter einem gewissen Leistungsdruck, immer schlagfertig reagieren zu müssen?

Schöneberger: Man kann sich auf Schlagfertigkeit nicht vorbereiten. Das heißt, man geht in so einen Abend rein und hat sich zu der Moderation etwas überlegt. Aber letztendlich musst man darauf setzen, dass einem in dem Moment, wo man dran ist, das richtige einfällt. Das ist immer so ein bisschen der Angstpunkt, den man hat. Man kann Spontaneität nicht proben. Wenn ich etwas Lustiges bei den Proben gesagt habe - und sei es noch so lustig - sage ich es in der Regel in der Vorstellung nicht mehr. Ich denke sonst: "das ist ja gar nicht mehr spontan". Dann kommt das auch nicht mehr.

Ricore: Was raten Sie dann als Schlagfertigkeitsdozentin Ihren Schülern?

Schöneberger: Das kann man nicht so einfach zusammen fassen. Es geht darum, die Voraussetzungen für Schlagfertigkeiten zu schaffen: wie stehe ich auf einer Bühne, worauf achte ich, was erwartet man von mir, wie erobere ich die Herzen des Publikums.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 16. April 2011
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